> > > > > > > > > > > > > > > > > > Einleitung Welche soziale Bewegung war wirklich konstitutiv f<0x00FC>r die Klassenk<0x00E4>mpfe der letzten 40 Jahre in Frankreich? Diese Frage wollen wir weder unkritisch noch mit <0x00FC>bersch<0x00E4>umender Begeisterung beantworten. Schon gar nicht wollen wir die Bewegung grundlos niedermachen. Wir wollen vielmehr die Ereignisse der Kritik unterziehen und so mit Mythen und schlechter Affirmation aufr<0x00E4>umen. Es geht im folgenden um die Bewegung vom Mai/Juni 1968, den gr<0x00F6><0x00DF>ten Generalstreik in der Geschichte des Landes. Wie hat sich dieser Generalstreik entwickelt, wer waren seine Akteure, wie wurde der Streik konkret organisiert, wie viele haben sich am Streik selbst und an den Aktionen beteiligt? Und was uns besonders wichtig ist: Welche Spuren von Arbeiterautonomie hat es gegeben, welche Ans<0x00E4>tze von Selbstorganisation der Streikenden, wie war das Kr<0x00E4>fteverh<0x00E4>ltnis mit den Gewerkschaften, insbesondere mit der CGT? Eine genaue Analyse der Kr<0x00E4>fteverh<0x00E4>ltnisse ist schwierig und w<0x00E4>re eine gigantische Flei<0x00DF>arbeit, die wir nicht leisten k<0x00F6>nnen. Wir beschr<0x00E4>nken uns darauf, die wesentlichen Linien herauszusch<0x00E4>len. Es gibt nur wenige Zeugnisse von direkt Beteiligten, aber jede Menge Lobeshymnen1, die unmittelbar nach dem Mai/Juni, aber auch noch zehn Jahre sp<0x00E4>ter ver<0x00F6>ffentlicht wurden. Angesichts dessen rechtfertigen bereits die beiden Erfahrungsberichte die Ver<0x00F6>ffentlichung der Brosch<0x00FC>re. Um das Thema diskutierbar zu machen, besteht der Text aus folgenden Teilen: <0x2013> Kurze <0x00DC>bersicht <0x00FC>ber die Situation vor dem Mai 68, <0x2013> Kommentierte Chronologie der Ereignisse im Mai und Juni aus dem Blickwinkel der Arbeiterk<0x00E4>mpfe, <0x2013> Erfahrungsberichte von zwei Genossen, <0x2013> Versuch eines Fazits. Wir haben uns dabei auf die folgenden Punkte konzentriert: <0x2013> die erste Streikwoche (14. bis 21. Mai), <0x2013> die Wiederaufnahme der Arbeit (ab dem 4. Juni) und die Widerst<0x00E4>nde dagegen, <0x2013> Elemente von Arbeiterautonomie. Dieser Text ist keine Arbeit von Historikern; er kann nicht Zeitzeugenberichte oder Analysen zu allen Ereignissen einbeziehen. Unsere Auswahl bedeutet nicht, dass die im Text nicht erw<0x00E4>hnten K<0x00E4>mpfe keine oder weniger Bedeutung hatten. Als Quellen haben wir u.a. folgende Ver<0x00F6>ffentlichungen benutzt: A. Delale et G. Ragache: La France de 68, Seuil, Paris, 1978. J. Baynac, Robert Laffont: Mai retrouv<0x00E9>, Paris, 1978. M. Seidman: The imaginary revolution. Parisian students and workers in 1968, Berghahn Books, New York 2004. R. Gregoire & F. Perlman: Worker-Student Action Committees, France May 68, Black & Red book, Kalamazoo, 1969. und den Text Les gr<0x00E8>ves en Mai 68 auf der Seite www.mondialisme.org/article Mouvement Communiste, Dezember 2006 Der Mai / Juni 1968 der ArbeiterInnen 1.-13. Mai: Die Vorl<0x00E4>ufer Diese erste Phase des Mai ist durch die Studentenbewegung bestimmt. Auf der recht erfolgreichen 1. Mai-Demo <0x2013> der ersten genehmigten seit 1954, mit 100<0x2009>000 TeilnehmerInnen <0x2013> kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen den Ordnern der CGT und den Linksradikalen2. Die am 22. M<0x00E4>rz in Nanterre ausgebrochenen Unruhen erreichen Paris. Am Donnerstag, 2. Mai beschlie<0x00DF>t Dekan Roche zum zweiten Mal in diesem Jahr die Schlie<0x00DF>ung der Literaturfakult<0x00E4>t in Nanterre. Am n<0x00E4>chsten Tag besetzen 500 Mann CRS und mobile Einsatztruppen den Campus, filzen Autos und verhaften Leute wegen <0x00BB>Waffenbesitz<0x00AB> (Schleudern, Bolzen). Sechs Personen werden zu Haftstrafen mit Bew<0x00E4>hrung verurteilt. Am Freitag, 3. Mai, r<0x00E4>umt die von Dekan Roche angeforderte Polizei den Lichthof der Sorbonne, der von Studierenden insbesondere aus Nanterre besetzt ist, die an einem Treffen teilnehmen wollen. Sie werden von der Polizei eingekesselt. Das ruft den Protest anderer Studierender hervor. Es kommt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, die mehr als sechs Stunden dauern. 600 Personen werden festgenommen. In der Humanit<0x00E9> hetzt Georges Marchais3 gegen <0x00BB>den deutschen Anarchisten Cohn-Bendit<0x00AB> und <0x00BB>die revolution<0x00E4>ren [...] S<0x00F6>hne der Gro<0x00DF>bourgeoisie, [...] deren revolution<0x00E4>re Glut rasch erl<0x00F6>schen wird, wenn sie erst einmal die v<0x00E4>terlichen Betriebe <0x00FC>bernommen haben, um selber die Arbeiter auszubeuten.<0x00AB> Am Sonntag, 5. Mai ordnet die Regierung die Schlie<0x00DF>ung der Sorbonne an. Zum Tagesanbruch des 6. Mai riegelt die Polizei das Quartier Latin ab. Im Verlauf des Morgens formieren sich DemonstrantInnen und Polizei auf dem Boulevard Saint Michel, es kommt zu Schl<0x00E4>gereien. Zur selben Zeit stehen acht Studenten aus Nanterre, darunter Cohn-Bendit, vor einem Disziplinargericht. Vor der Halle-aux-vins formiert sich eine Demo mit 6000 TeilnehmerInnen. Die Studentenvereinigung UNEF ruft f<0x00FC>r 18.30 Uhr zu einer Versammlung auf dem Platz Denfert-Rochereau auf. Die (erste) Demo zieht los, kehrt <0x00FC>ber das rechte Seine-Ufer ins Quartier Latin zur<0x00FC>ck. In der Rue des <0x00E9>coles greift die Polizei <0x00FC>berraschend und brutal an, die Studenten wehren sich, bauen Barrikaden. Auf dem Platz Denfert-Rochereau sich formiert zur selben Zeit die UNEF-Demo. Auf der H<0x00F6>he der Rue de Four st<0x00F6><0x00DF>t sie auf die Polizei, gewaltsame Auseinandersetzungen, entschlossen werden die Barrikaden verteidigt. Im weiteren Verlauf des Abends kommt es zu sehr gewaltt<0x00E4>tigen Zusammenst<0x00F6><0x00DF>en im Quartier Latin <0x2013> 500 Verletzte, 400 Festnahmen. Auch in der Provinz finden Demos statt, auch einige gewaltt<0x00E4>tige, wie z.B. in Grenoble. Dienstag, 7. Mai: um 18.30 Uhr Versammlung auf dem Platz Denfert-Rochereau. Die Demo zieht im Polizeispalier f<0x00FC>r vier Stunden durch Paris, Invalidendom, Quai d<0x2019>Orsay, Concorde, Triumphbogen (21.30 Uhr), dann zur<0x00FC>ck <0x00FC>ber das linke Seine-Ufer. An der Kreuzung Rue de Rennes <0x2013> Rue d<0x2019>Assas erneute Polizeisperre. 50<0x2009>000 DemonstrantInnen. <0x00DC>berall mehr Pr<0x00FC>geleien als am Vorabend. Die Polizei geht <0x00E4>u<0x00DF>erst brutal vor. Mittwoch, 8. Mai: wieder Versammlung an der Halle-aux-vins. Demo <0x00FC>ber den Boulevard Saint-Germain, den Senat und Place Edmond Rostant. Abgeordnete der PCF versuchen, sich an die Spitze der Demo zu setzen, werden aber zur<0x00FC>ckgetrieben. Die Sorbonne ist abgesperrt. Die UNEF hat die Kontrolle und l<0x00F6>st die Demo auf, ohne dass es zu weiteren Auseinandersetzungen kommt. Donnerstag, 9. Mai: keine weiteren Demonstrationen, stattdessen diverse politische Versammlungen. Der Freitag, 10. Mai, der als <0x00BB>Barrikadennacht<0x00AB> ber<0x00FC>hmt wird, beginnt nach der Demo am Platz Denfert Rochereau. Ein Teil der Demons<0x00AD>trantInnen beginnt gegen den Widerstand der UNEF mit dem Barrikadenbau. Im Laufe der n<0x00E4>chsten Stunden werden mehr als 60 weitere errichtet. Gegen 22 Uhr erkl<0x00E4>rt sich der Rektor der Sorbonne bereit, eine Delegation von Studierenden zu empfangen. Mittels zweier Radiostationen wird eine Art <0x00BB>doppelter Dialog<0x00AB> gef<0x00FC>hrt: Geismar antwortet dem Vize-Rektor auf Radio Luxemburg, Sauvageot dem Rektor auf Radio Europe No. 1. Die Verhandlungen scheitern an der Frage der verurteilten StudentInnen: Der Rektor erkl<0x00E4>rt sich als daf<0x00FC>r nicht zust<0x00E4>ndig. Um 0.15 Uhr wird es drei Professoren und drei Studenten gestattet, die Sorbonne zu betreten. Cohn-Bendit, trotz Verbot des Rektors Teil dieser Delegation, gibt die Parole aus: <0x00BB>Besetzung des Quartier Latin ohne Angriffe auf die Polizei.<0x00AB> Nach anderthalb Stunden enden die Geheimverhandlungen in einer Sackgasse. Nach einer letzten Aufforderung greift die Polizei gegen 2.15 Uhr an <0x2013> es kommt zu einem <0x00E4>u<0x00DF>erst gewaltt<0x00E4>tigen und bis 4.30 Uhr anhaltenden Kampf mit Hunderten von Verletzten auf beiden Seiten. Die Ereignisse, die live von Radio Luxemburg und Europe No.1 <0x00FC>bertragen werden, bekommen eine sehr wichtige Dimension. Als die Bilder im Fernsehen <0x00FC>bertragen werden, vermitteln sie den verbl<0x00FC>fften und verst<0x00F6>rten Provinzbewohnern den Eindruck, das Land st<0x00FC>nde am Rande eines B<0x00FC>rgerkriegs. Pompidou zieht die Konsequenzen aus der Barrikadennacht <0x2013> am 11. Mai wird die Sorbonne wieder ge<0x00F6>ffnet. Die StudentInnenbewegung scheint an Schwung zu verlieren. Die Gewerkschaften haben aus Protest gegen die Polizeigewalt zu einem eint<0x00E4>gigen Generalstreik am 13. Mai aufgerufen. 13.-18. Mai: Es bebt Der Generalstreik am 13. Mai Hinsichtlich der Teilnehmerzahl waren die Demos am 13. Mai ein gro<0x00DF>er Erfolg <0x2013> weniger jedoch hinsichtlich der sie unterst<0x00FC>tzenden Streiks. Das Drittel der Industriebesch<0x00E4>ftigten, welches in Betrieben mit weniger als 50 Leuten arbeitet, hat nicht gestreikt. Anders sieht es aus in den Gro<0x00DF>betrieben, vor allem den staatlichen: EDF und GDF (80 Prozent im Ausstand), Eisenbahn (50 Prozent)4, RATP (60 Prozent), Lehrer<0x00AD>Innen (75 Prozent) <0x2013> und vor allem bei der Post. Dort brachen schon seit dem 8. Mai immer wieder sporadisch Streiks aus, vor allem in den Verteilzentren. Hier lag die Beteiligung bei 74 (Paris Nord) bzw. 33 Prozent (Paris Ost). In Paris Austerlitz und Paris Brune streikten unter F<0x00FC>hrung der CGT am 10. M<0x00E4>rz die Fahrer <0x2013> eine Folge der sich seit M<0x00E4>rz schleichend verst<0x00E4>rkenden Unruhe.5 In der Pariser Metallindustrie jedoch erreichte die Zahl der Streikenden lediglich zwischen 25 und 35 Prozent, insbesondere in der Auto- und Flugzeugindustrie war die Beteiligung schwach. Bei der Sozialversicherung lag die Beteiligung bei 35 Prozent, bei den anderen Versicherungen lag sie zwischen 10 und 16 Prozent. F<0x00FC>r Renault-Billancourt ist die Streikbeteiligung schwer zu sch<0x00E4>tzen, die Angaben schwanken zwischen 40 und 80 Prozent, hier haben in erster Linie die gewerkschaftlich Organisierten, also die H<0x00F6>herqualifizierten, an den Demos teilgenommen. Bei Thomson (Bagneux und Gennevilliers [Hauts-de-Seine]) lag die Quote bei 60-65 Prozent, im Atomkraftwerk von Saclay (Essonne) bei 75 Prozent, bei Chausson (90 Prozent). In der Niederlassung von Rhone-Poulenc in Vitry (Val-de-Marne) beteiligten sich 50 Prozent. Diese Zahlen vermitteln ein wenig, welche Stimmung in den Betrieben herrschte. Zwar war seit langem kein <0x00BB>Gewerkschafts-Kampftag<0x00AB> so erfolgreich <0x2013> aber die Aktionen entwickelten sich noch nicht zum Fl<0x00E4>chenbrand. Genau das bewog die Direktion von Citro<0x00EB>n-Levallois, die ArbeiterInnen auszusperren <0x2013> die nicht gestreikt hatten. Viel wichtiger ist sicherlich, dass Tausende von ArbeiterInnen sich von den Protesten der StudentInnen angesprochen f<0x00FC>hlten und das Zur<0x00FC>ckweichen der Macht, ihre Schw<0x00E4>che, zur Kenntnis nahmen. Wie geht es weiter? Am 14. Mai begann6 der Streik in Woippy, einer Vorstadt von Metz. 500 ArbeiterInnen von Claas, einem Hersteller von Landwirtschaftsmaschinen, traten in den Streik. Nach einer kurzen Versammlung forderten sie die Anwendung eines parit<0x00E4>tischen Abkommens f<0x00FC>r die Metallindustrie, neue Lohntabellen, bessere Arbeitsbedingungen und die <0x00DC>berarbeitung der Vorgaben zur Zeitaufnahme. Am n<0x00E4>chsten Morgen stimmten sie f<0x00FC>r unbefristeten Streik. Werfen wir einen Blick auf einige gro<0x00DF>e Betriebe in dieser ersten Streik-Phase. Sud-Aviation Dann brach der Streik bei Sud-Aviation7 in Bougenais bei Nantes aus.8 Seit Monaten wurde hier mit K<0x00FC>ndigungen und Lohnk<0x00FC>rzungen gedroht. Die Direktion wollte im Zuge eines Produktionsr<0x00FC>ckgangs die Wochenarbeitszeit von 48 auf 47 Stunden reduzieren und eben nur diese 47 Stunden bezahlen. Die ArbeiterInnen wollten gerne nur 47 arbeiten, aber weiterhin f<0x00FC>r 48 Stunden bezahlt werden. Anfang Mai kam der schwelende Protest zum Ausbruch. Zwischen dem 9. April und dem 10. Mai rief die Gewerkschaft 13 mal zu Warnstreiks von einer bis acht Stunden Dauer auf, dann am 13. Mai zum Streik.9 Am 14. Mai gab es schlie<0x00DF>lich Arbeitsniederlegungen zwischen 14.30 und 15 Uhr sowie zwischen 15. 30 und 16 Uhr, jeweils mit Umzug durch die Werkshallen. Ein Treffen zwischen Gewerkschaftsdelegierten und Direktion brachte keine <0x00DC>bereinkunft. Zum ersten Mal legten auch die Monatsl<0x00F6>hner die Arbeit nieder. Der Direktor Duvochel wurde <0x2013> in Erwartung einer Antwort der Pariser Direktion <0x2013> in seinem B<0x00FC>ro eingesperrt. Die Delegierten lie<0x00DF>en die Ausg<0x00E4>nge blockieren, um die anderen ArbeiterInnen am Verlassen des Werks zu hindern. Faktisch war der Betrieb nun besetzt und unter vollst<0x00E4>ndiger Kontrolle der CGT. Bis zu ihrer Befreiung am 29. Mai blieben der Direktor und seine Untergebenen, verpflegt durch die Gewerkschaft und mit Zugang zum Telefon, in ihren B<0x00FC>ros gefangen. Renault Cl<0x00E9>on. Am 15. Mai nutzten die Gewerkschaften in Cl<0x00E9>on10 die Hitze in den Werkshallen, um an den Erfolg vom 13. Mai anzukn<0x00FC>pfen. Sie wollten Druck auf die Regierung aus<0x00FC>ben, die am 21. August 1967 verordneten <0x00C4>nderungen bei der Sozialversicherung zur<0x00FC>ckzunehmen. Es wurde eine einst<0x00FC>ndige Arbeitsniederlegung pro Schicht beschlossen. W<0x00E4>hrend der Arbeitsniederlegung am Morgen zogen die Arbeiter<0x00AD>Innen unter F<0x00FC>hrung von besonders w<0x00FC>tenden Jungen durch die Fabrik, um die noch Arbeitenden dazu zu bringen, sich anzuschlie<0x00DF>en. Sie forderten die Bildung eines Streikkomitees <0x2013> und erw<0x00E4>hnten in ihren Parolen nicht einmal die Verordnungen zur Sozialversicherung. Ein Verantwortlicher der CFDT musste all seine <0x00DC>berredungsk<0x00FC>nste anwenden, um die KollegInnen an ihre Arbeitspl<0x00E4>tze zur<0x00FC>ckzuschicken. Die aber unterbrachen weiter st<0x00E4>ndig die Arbeit, um miteinander zu diskutieren bzw. um neu eingetroffene KollegInnen auf dem Laufenden zu halten. Die Nachmittagsschicht begann wieder mit einer Arbeitsniederlegung, aber wieder wurde auf Druck der Jungen ein Umzug organisiert. Die Jungen setzten sich an die Spitze, unter den Fenstern der Direktion skandierten sie Parolen, schoben die verdutzten Gewerkschaftsfunktion<0x00E4>re nach vorne und verlangten lautstark, dass diese vom Direktor empfangen werden sollten <0x2013> was der verweigerte. Die Abteilungsleiter in den B<0x00FC>ros waren geschockt und verbarrikadierten die T<0x00FC>ren mit Eisenstangen. Die ArbeiterInnen sahen dies und beschlossen, sie so lange nicht heraus zu lassen, bis ihre Delegation empfangen w<0x00FC>rde. Um 18 Uhr arbeitete niemand mehr, unter allgemeiner Begeisterung wurde beschlossen, die Fabrik jetzt zu besetzen. Ab dem Abend des 15. Mai waren die Vorgesetzten eingesperrt <0x2013> wie bei Sud-Aviation. Am 17. Mai versuchte die CGT, die Chefs zu befreien, nahm aber nach w<0x00FC>tenden Protesten der Belegschaft rasch von ihrem Vorhaben Abstand. Sie erreichten erst am 19. Mai ihr Ziel. Die Gewerkschaften bildeten einen Ordnungsdienst, organisierten die Besetzung <0x2013> was in erster Linie hie<0x00DF>, die Maschinen zu sch<0x00FC>tzen <0x2013> und erstellten einen Forderungskatalog, der um 23 Uhr als Flugblatt verteilt wurde. <0x00BB>Reduzierung der Arbeitszeit auf 40 Stunden ohne Lohnverlust, Mindestlohn von 1000 Francs, Absenkung des Rentenalters, Umwandlung der Zeitarbeitsvertr<0x00E4>ge in Festeinstellungen, Ausweitung der gewerkschaftlichen Befugnisse.<0x00AB> Noch am selben Abend legte der Vollstreik bei Renault zwei weitere Betriebe der Region lahm: Kl<0x00E9>ber-Colombes in Elbeuf und La Roclaine in Saint-Etienne-du-Rouvray. Dennoch gelang es der CGT (und den <0x00E4>lteren ArbeiterInnen) rasch, den Streik wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Renault Flins In Flins11 wollten die Gewerkschafter der CFDT am 16. Mai vormittags zusammenkommen, um die Anweisungen der F<0x00FC>hrung bez<0x00FC>glich der Verordnungen zur Sozialversicherung zu diskutieren. Kurz davor erfuhr einer der Teilnehmer am Telefon, dass sich das Werk in Cl<0x00E9>on im unbefristeten Besetzungsstreik befand und dass die Vorgesetzten festgesetzt waren. Sofort beschlossen die CFDT ler, sich mit der CGT kurzzuschlie<0x00DF>en und den Vorschlag zu unterbreiten, die Arbeit um 10.15 Uhr f<0x00FC>r eine Stunde niederzulegen. Paarweise (je einer von CGT und FDT) gingen die Gewerkschafter in die Werkshallen, um diese Anweisungen zu erteilen. Zum angesagten Zeitpunkt legten ca. 500 ArbeiterInnen die Arbeit nieder und versammelten sich vor den Geb<0x00E4>uden. Als Zug formiert gingen sie zur<0x00FC>ck in die Werkshallen, um die anderen zu ermutigen, die Arbeit niederzulegen. Um 11.30 Uhr trafen sie sich wieder vor der Kantine. Die beiden Verantwortlichen von CFDT und CGT informierten <0x00FC>ber die Geschehnisse in Cl<0x00E9>on und schlugen vor, sofort in einen unbefristeten Streik zu treten. Der Vorschlag wurde angenommen und unverz<0x00FC>glich die Besetzung der Fabrik organisiert. Das hie<0x00DF> als erstes, Streikposten zu organisieren und Freiwillige in diesbez<0x00FC>gliche Listen einzutragen. Bevor sich alle in die Mittagspause zerstreuten, setzte man noch eine weitere Versammlung zusammen mit der Nachmittagsschicht um 14 Uhr an. Diese Versammlung klopfte noch einmal den unbefristeten Besetzungsstreik fest. Um 15.30 stoppte die Werksleitung die Produktion <0x2013> f<0x00FC>r diejenigen, die noch arbeiteten. (Diese Version der Fakten stammt von einem CFDT-Gewerkschafter.) Auf der morgendlichen Versammlung war es vor allem um die Solidarit<0x00E4>t mit Cl<0x00E9>on gegangen. Auf der am Nachmittag pr<0x00E4>sentierten die Gewerkschaften einen Forderungskatalog: <0x00BB>40 Stunden ohne Lohnverlust; 1000 Francs Mindestlohn; Rente mit 60 (f<0x00FC>r die Frauen mit 55); eine f<0x00FC>nfte Urlaubswoche f<0x00FC>r die Jungen; R<0x00FC>cknahme der Verordnungen zur Sozialversicherung; Ausweitung der gewerkschaftlichen Befugnisse.<0x00AB> Renault Billancourt Es g<0x00E4>be eine Menge zu sagen zu den Versionen von CGT/PCF zum Beginn des Streiks, den Eindr<0x00FC>cken, den falschen bis tendenzi<0x00F6>sen Behauptungen. Beschr<0x00E4>nken wir uns hier auf den Hinweis auf das M<0x00E4>rchen das Aim<0x00E9> Halberer erz<0x00E4>hlt, Generalsekret<0x00E4>r der CGT in Billancourt, ein leuchtendes Beispiel von Rechtschaffenheit: <0x00BB>Am Morgen des 17. <0x00F6>ffneten sich um sechs Uhr die Tore f<0x00FC>r die Fr<0x00FC>hschicht, die die Arbeit aufnahm. Um 10 Uhr gab es eine Versammlung auf der <0x00CE>le Seguin.<0x00AB> und weiter: <0x00BB>Am Freitag wurde beschlossen, die Fabrik am Wochenende zu besetzen.<0x00AB>12 Richtig, nur stand die Fabrik schon seit dem Vorabend still. Denn schon am Donnerstag, dem 16. Mai waren einzelne Abteilungen spontan in den Streik getreten. Es war keinerlei Verbindung hergestellt worden zwischen den Streikenden aus den Abteilungen 55 und 70 (in Billancourt) und denen aus Abteilung 37 (auf der S<0x00FC>dspitze der <0x00CE>le Seguin). Was anderswo geschrieben wurde (vgl. www.mondialisme.org), stimmt nicht. Die Abteilung 37 trat erst gegen 17 Uhr in den Streik. Wie also h<0x00E4>tte es ein gemeinsames Treffen der beiden streikenden Abteilungen an der Kreuzung Zola Kermen gegen<0x00FC>ber von Abteilung 37 geben k<0x00F6>nnen (das sind mehr als zwei Kilometer Fu<0x00DF>weg)? Hier folgt der Bericht eines Genossen, der in der Abteilung 37 arbeitete, dem Werkzeugbau f<0x00FC>r die Karosseriepressen, auf der unteren Spitze der <0x00CE>le Seguin. Dort waren nur Facharbeiter besch<0x00E4>ftigt. Er hatte damals engen Kontakt zur Gruppe Voix Ouvri<0x00E8>re (Arbeiterstimme). An dem ber<0x00FC>hmten 16. Mai mittags hatte eine trotzkistische Gruppe versucht, auf dem Place Nationale eine Versammlung zustande zu bringen. Die PCI (Gruppe <0x00BB>Lambert<0x00AB>) und die Arbeiter aus den umliegenden Geb<0x00E4>uden, die aus der Kantine zur<0x00FC>ckkamen, blieben einige Minuten stehen und diskutierten. Dann kehrten sie in die Werkshallen zur<0x00FC>ck. Andere gingen fr<0x00FC>hst<0x00FC>cken oder gingen weg usw. Gleich im Anschluss daran ging es bei den Arbeitern der Abteilungen 55 (spanabhebende Fertigung) und 70 (Kleinserienfertigung) los. Sie stellten f<0x00FC>r ein, zwei Stunden praktisch die Arbeit ein, ohne dass offiziell der Streik erkl<0x00E4>rt wurde. Auf der Insel verbreitete sich das Ger<0x00FC>cht, der Streik h<0x00E4>tte begonnen, aber man wusste nicht, was los war, und in der 37 stieg die Stimmung. Die Jungs sagten: <0x00BB>Gut, wir gehen raus!<0x00AB>, die Stimmung sank aber wieder. Dann kam wieder Stimmung auf und alle diskutierten. Der <0x00F6>rtliche Gewerkschaftsdelegierte der CGT war auf demselben Stand wie die anderen und wusste nichts. Um 17 Uhr schlie<0x00DF>lich ging es massiv los, ohne dass sich jemand besonders an die Spitze gestellt h<0x00E4>tte. 200 bis 300 aus der Abteilung gingen in einem Zug die Insel hinauf und durchquerten dabei die Montageb<0x00E4>nder (Blechverarbeitung, Karosserie, Montage), wo mehrheitlich Immigranten arbeiteten (und wo die Pr<0x00E4>senz von PCF/CGT schw<0x00E4>cher war). Die B<0x00E4>nder wurden angehalten und der gr<0x00F6><0x00DF>te Teil der Arbeiter verlie<0x00DF> auf der Stelle die Fabrik. Es ist schwer zu sagen, ob an den B<0x00E4>ndern gestreikt wurde. Sie arbeiteten nicht mehr, das ist gewiss, aber ein guter Teil der Arbeiter entzog sich dann auch dem Demonstrationszug, sie liefen weg und verlie<0x00DF>en die Fabrik. Kaum ein Bandarbeiter nahm am Zug der Streikenden aus der 37 teil. V<0x00F6>llig improvisiert diskutierten die Streikenden <0x00FC>ber eine Besetzung. Es stand nicht zur Debatte, die ganze Insel zu besetzen, dazu waren sie zahlenm<0x00E4><0x00DF>ig zu schwach. Sie sind dann losgezogen, um die Abteilung Bas-Meudon zu besetzen und im selben Streich mit der Blockade der Br<0x00FC>cke von Meudon den s<0x00FC>dlichen Zugang zur <0x00CE>le Seguin zu schlie<0x00DF>en. Am n<0x00E4>chsten Tag, Freitag, dem 17. Mai stand die Fabrik still. Auf der von der CGT f<0x00FC>r 10 Uhr einberufenen Versammlung waren viele Leute. Die CGT hatte in den Bereichen, in denen ihr Einfluss gr<0x00F6><0x00DF>er war, d.h. bei den Facharbeitern, breit mobilisiert, und so kamen viele Leute zusammen. Es waren aber auch viele Bandarbeiter da. Nach der Versammlung gingen die CGT-Mitglieder Richtung Bas-Meudon, um, wie gesagt worden war, <0x00BB>die Streikposten zu verst<0x00E4>rken<0x00AB>. Tats<0x00E4>chlich wurden von da an die Arbeiter, die bisher Posten standen, <0x00FC>berrannt, und der CGT-Apparat nahm so mit allen Mitteln, die ihm zur Verf<0x00FC>gung standen (Kantinen, Betriebsrat usw.), die Dinge in die Hand, und das bis zum Schluss des Streiks. Aus unseren Recherchen ergibt sich, dass der Streik an diesem Donnerstag, 16. Mai, an zwei unterschiedlichen Orten der Fabrik und um zwei Stunden zeitversetzt los ging, ohne dass eine Verbindung zwischen beiden bestand: <0x2013> in den Abteilungen 55 und 70 gegen 14, 15 Uhr, <0x2013> in der 37 gegen 17 Uhr. Beide Streikherde entstanden <0x00BB>au<0x00DF>erhalb der Gewerkschaften<0x00AB>, wie Halberer in einem Nebensatz zugibt.12 Erste Eindr<0x00FC>cke Die geografischen Schwerpunkte dieser ersten Streikwelle waren die Region von Paris, das Seine-Tal bis Le Havre, die Region Nantes Saint-Nazaire und die Region Lyon. In anderen Regionen blieb der Streik punktuell. Am 17. Mai streikende mehr als 200<0x2009>000. Die Bewegung breitete sich um ihre Ursprungsregionen herum aus wie ein <0x00D6>lfleck, dann erreichte sie den S<0x00FC>dosten, von Besan<0x00E7>on bis zur Provence. In der Banlieue von Paris befanden sich mehrere Fabriken im Streik, aber bis zum Abend des 17. Mai trugen vor allem die Arbeiter in der Provinz die Aktion. In den ersten Tagen <0x00FC>berwogen spontane Arbeiteraktionen. <0x00BB>Besetzte Fabrik: Wir haben die Schnauze voll!<0x00AB> verk<0x00FC>ndete das an der Fabrik Vinco (B<0x00FC>romaterial aus Metall) in Dieppe angebrachte Spruchband. Das war kein isolierter Fall. Das Anagramm, das die Arbeiter aus den Buchstaben auf dem Giebel der Firma BERLIET gestalteten, die sie umsetzten und LIBERT<0x00C9> daraus machten, erlangte Symbolkraft. Keine dieser Aktionen entsprach irgendeiner Vorgabe. Diese erste Welle wurde oft als spontan bezeichnet. Das ist nur dann richtig, wenn man <0x00BB>spontan<0x00AB> als <0x00BB>Abwesenheit von gewerkschaftlichen Streikparolen auf Staats- oder Verbands-Ebene<0x00AB> fasst. Da es keine Verbindungen zwischen den Fabriken gab, steht fest, dass viele Streiks von aktiven CGTlern ausgel<0x00F6>st oder mitgetragen wurden14, dass sie von Minderheiten (wie den 200 jungen Arbeitern von Cl<0x00E9>on) begonnen und getragen wurden, die den Rest der Arbeiter mit gezogen oder deren Passivit<0x00E4>t <0x00FC>berwunden haben. Selbst f<0x00FC>r die Region Paris <0x2013> hier kommt uns zugute, dass das CATE Censier (Aktionskomitee Arbeiter und Studenten) in jener Woche <0x00FC>ber Kontakte in viele Betriebe (FNAC, BHV, RadioTechnique, NMPP usw.) verf<0x00FC>gte <0x2013> l<0x00E4>sst sich feststellen, dass eine Minderheit der Besch<0x00E4>ftigten einschlie<0x00DF>lich der CGT-Delegierten <0x00BB>etwas machen wollte<0x00AB> und gegen<0x00FC>ber Au<0x00DF>erbetrieblichen, die kamen, um zu diskutieren, <0x00FC>berhaupt nicht feindlich eingestellt war. Was waren die Gr<0x00FC>nde daf<0x00FC>r? Erstens jahrelanger Frust, den die j<0x00FC>ngeren Arbeitergenerationen genauso erfahren hatten wie die <0x00E4>lteren. Dann die Schlappheit der Aktionstage, die auch von den aktiven Gewerkschaftern als eint<0x00F6>nig und ineffektiv empfunden wurden. Schlie<0x00DF>lich das Gef<0x00FC>hl, dass die Staatsmacht geschw<0x00E4>cht war und dass jetzt die Gelegenheit best<0x00FC>nde, das auszunutzen. Letztlich am Rande auch die Furcht mancher Gewerkschaftsaktivisten der PCF, <0x00FC>berrannt zu werden. Die CGT-F<0x00FC>hrung bek<0x00E4>mpfte diese verschiedenen Schubkr<0x00E4>fte nicht, aber sie machte nicht unbedingt Werbung daf<0x00FC>r. Au<0x00DF>erdem ging die Bewegung weiter und dehnte sich aus. Ein erstes Bild der zwischen dem 14. und 17. Mai in Streik getretenen Branchen ergibt, dass es die Belegschaften aus 45 Schwerindustrie- und Maschinenbau-Betrieben, 19 Betrieben der Auto<0x00AD>mobilindustrie und 13 der Luftfahrtindustrie waren. In dieser Vorhut waren aber auch massiv ArbeiterInnen aus Chemie- und Kunstfaserfabriken (23), aus der Elektrotechnik (17), der Nahrungsmittelbranche (15), aus M<0x00F6>belfabriken (2) und weiteren Branchen vertreten. Dies deutet auf eine tiefe und umfassende Unzufriedenheit hin, die weit <0x00FC>ber die einfachen Probleme wie Lohn und Einstufung hinausging. 18.-20. Mai: Die Wende Das Zaudern der Gewerkschaften auf Verbandsebene wurde in dieser Woche sichtbar. Die CFDT versuchte, sich gegen<0x00FC>ber den Absichten der Studenten aufgeschlossen zu geben; FO blieb vorsichtig und wollte sich nicht allein gegen die CGT stellen; diese wiederum z<0x00F6>gerte. Der lange geplante Aktionstag gegen die Verordnungen15 am 15. Mai hatte nicht den erwarteten Erfolg: Einige Arbeitsniederlegungen, Delegationen und wenige Demonstrationsz<0x00FC>ge riefen keinen Enthusiasmus hervor. Am selben Tag bekr<0x00E4>ftigte die CFDT erneut ihren Willen zur Ann<0x00E4>herung an die <0x00BB>progressiven<0x00AB> Studenten. Verbandsverantwortliche und Aktivisten traten mit den Besetzern der Sorbonne in Dialog. Die Metallgewerkschaft (F<0x00E9>d<0x00E9>ration de la m<0x00E9>tallurgie) empfahl sogar ihren Mitgliedern: <0x00BB>Es w<0x00E4>re angebracht, das Gespr<0x00E4>ch mit den Studenten zu suchen. Nicht nur, um ihnen unsere Zustimmung zu ihren Forderungen auszudr<0x00FC>cken, sondern auch und vor allem, damit unsere Besorgnisse um die Demokratie im Unternehmen, um das Recht auf Arbeit, um die wirkliche Demokratisierung in der Bildung von ihnen verstanden und geteilt werden.<0x00AB> Im Namen der FO traf sich Andr<0x00E9> Bergeron mit der Leitung der CFDT am Square Montholon. Er erkl<0x00E4>rte, die FO sei bereit, die Besetzungen zu unterst<0x00FC>tzen, wolle dabei aber unabh<0x00E4>ngig von der CGT bleiben. Die CGT blieb reserviert. Die Forderungen nach Selbstverwaltung und die von der CFDT verlangten Strukturreformen wurden von Georges S<0x00E9>guy schroff als <0x00BB>Leerformeln<0x00AB> abgetan. In Billancourt missbilligte die CGT-Sektion die Initiative der UNEF, einen Solidarit<0x00E4>tsmarsch zur Fabrik zu organisieren, w<0x00E4>hrend die CFDT- und FO-Sektionen sich erfreut <0x00FC>ber diesen Sympathiebeweis zeigten. Die CGT ver<0x00F6>ffentlichte am 16. Mai ein Kommuniqu<0x00E9> mit dem schon zum Ritual gewordenen Appell zur <0x00BB>Bildung einer reibungsfreien gewerkschaftlichen Front<0x00AB> und einem Nebensatz, der die <0x00BB>Ersetzung der jetzigen Machthaber durch eine Volksregierung<0x00AB> ins Auge fasste. Schlie<0x00DF>lich rief die CGT zur <0x00BB>Mobilisierung der Erwerbst<0x00E4>tigen<0x00AB> auf, um die <0x00BB>offenen Rechnungen<0x00AB> zu begleichen. Aber als die Flut der Streikenden t<0x00E4>glich stieg, beschloss die CGT (und die PCF, wobei man in der Gewerkschaftszentrale kaum zwischen beiden unterscheiden kann) zu reagieren. Die Entscheidung war einfach, aber schmerzlich: Bei der Jugend generell und besonders bei den Studenten schien die PCF diskreditiert; ihre Jugendorganisationen hatten jedenfalls keinerlei Gewicht. Riskierte man nun das gleiche in der Arbeiterklasse? Die Bewegung war zwar noch reichlich minorit<0x00E4>r (200<0x2009>000 Streikende am Abend des 17. Mai) und schwach organisiert (Fabrikbesetzung, teilweise begleitet von der Einsperrung von Vorgesetzten oder Direktoren, stand an Stelle der Organisierung). Au<0x00DF>erdem war sie geografisch lokalisierbar und im Gegensatz zu den Illusionen der Linksradikalen weit entfernt davon, revolution<0x00E4>r zu sein, aber Gefahr bestand. F<0x00FC>r die CGT ging es also nicht darum, <0x00BB>den Tiger zu reiten<0x00AB>, sondern eher darum, diese stotternde Bewegung zu <0x00FC>berrennen, indem sie den Streik dort ausl<0x00F6>ste, wo sie die Mittel dazu hatte, vor allem bei der SNCF, bei der RATP, bei der Post oder in der Banlieue (wie in Seine Saint-Denis), wo das vereinte Gewicht der Mitglieder in den Betrieben, der Gewerkschaftsfunktion<0x00E4>re und der kommunalen Besch<0x00E4>ftigten den Streik forcieren konnte, aber auch dadurch, dass man daf<0x00FC>r sorgte, dass die in der CGT organisierten EDF-Arbeiter den Unternehmen den Strom abstellten, <0x00BB>um die Oberhand zu gewinnen<0x00AB>, wie in Seine-Saint-Denis seit dem 20. Mai. Oder wie in der Fabrik Carbone Lorraine (1200 Arbeiter) in Gennevilliers, wo die CGT am 18. Mai alleine den Streik ausrief. Nach Aussagen des Innenministers wurde in 58 von insgesamt 77 Metall-Betrieben in der Region Paris der Streik von der CGT ausgel<0x00F6>st, in sechs von der CFDT und in drei von der FO. Nach derselben Statistik wurden 58 Prozent der Streiks von Besch<0x00E4>ftigten im Alter zwischen 30 und 40 Jahren ausgel<0x00F6>st, 27 Prozent von Besch<0x00E4>ftigten zwischen 20 und 30, 8 Prozent von Besch<0x00E4>ftigten unter 20 Jahren und 7 Prozent von Besch<0x00E4>ftigten, die <0x00E4>lter als 40 waren. Nach den Statistiken der UIM (Unternehmerverband der Metallindustrie) wurden 75 Prozent der Streiks nach einer Diskussion beschlossen. In 26 Prozent der F<0x00E4>lle h<0x00E4>tten die Streikenden Gewalt angewendet, um den Streik im Betrieb durchzusetzen. Wo es Keime einer Arbeiterorganisierung gab, wurde eine die Taktik angewandt, wie es das Beispiel von Alsthom in Saint-Ouen weiter unten sehr gut illustriert. Auf dem Weg zur Entscheidung Mit einer Blockade der <0x00F6>ffentlichen Verkehrsmittel SNCF und der RATP in Paris erreicht man, dass alle in Kleinbetrieben Besch<0x00E4>ftigten und die isolierten Angestellten gleicherma<0x00DF>en nicht zur Arbeit gehen und daf<0x00FC>r eine gute Entschuldigung haben. Aber wenn die Gefahr besteht, <0x00FC>berrollt zu werden, stellt das Ausl<0x00F6>sen eines Streiks eine viel gr<0x00F6><0x00DF>ere Gefahr dar. Denn wenn die Schleusen einmal zu weit ge<0x00F6>ffnet sind, l<0x00E4>sst sich kaum sagen, ob man die ArbeiterInnen auch leicht wieder ins Bett der Normalit<0x00E4>t zur<0x00FC>ckbringt. Auch wenn wir gar nichts <0x00FC>ber die Diskussionen innerhalb der Leitung der CGT wissen: Tatsache ist, dass sich die CGT am 17. Mai abends nach einer langen au<0x00DF>erordentlichen Sitzung auf nationale Ebene daf<0x00FC>r entschied, die Bewegung auszunutzen, ohne deswegen zu einer Aktionseinheit zu kommen, da S<0x00E9>guy herrisch erkl<0x00E4>rte, dass <0x00BB>es sowohl bei der CFDT als auch bei der FEN noch keine sehr klare Sicht der Dinge g<0x00E4>be<0x00AB>. Aber hinter diesem Formulierungschwindel war die Entscheidung getroffen, und sie war gezielt getroffen. Am n<0x00E4>chsten Tag, dem 18. Mai, wurde der <0x00BB>General<0x00AB>-Streik ausgel<0x00F6>st, was innerhalb von f<0x00FC>nf Tagen zur vollst<0x00E4>ndigen L<0x00E4>hmung des Landes f<0x00FC>hrte. Die Zahl der Streikenden wuchs schnell an: am 18. gegen Mittag waren es eine Million, am Abend mehr als zwei Millionen.16 Nach der Sonntagspause erreichte die Arbeitsniederlegung alle Regionen und alle Berufsgruppen: mehr als vier Millionen am Montagabend, sechs bis sieben Millionen am Dienstag, acht Millionen am Mittwoch, dem 22. Mai, und am Tag nach Himmelfahrt waren es fast neun Millionen Streikende. Am 18. blieben in Paris die Bahnen und Busse im Depot. Schon am 17. Mai waren die Eisenbahner in Ach<0x00E8>res und Saint Lazare in den Streik getreten. Nach den Statistiken des Innenministeriums waren vom 18. Mai abends 85<0x2009>000 der 92<0x2009>000 Eisenbahner der Region Paris im Streik, sowie 29<0x2009>000 der 30<0x2009>300 Besch<0x00E4>ftigten der RATP. Im ganzen Land schloss ein Postamt nach dem anderen. In den folgenden Tagen schlossen sich EDF/GFD (in der Region Paris waren 33<0x2009>200 von 38<0x2009>700 Besch<0x00E4>ftigten im Streik) und die LehrerInnen der Bewegung an. Bei der Post beteiligten sich ab 21. Mai 50<0x2009>000 von 80<0x2009>000 in der Region Paris und 66<0x2009>000 von 175<0x2009>000 in der Provinz. Die meisten Verteilzentren in der Region Paris war besetzt und die Post<0x00E4>mter von den Streikenden geschlossen worden. Seit dem 18. Mai verlangte die Postdirektion von der Polizei, die von etwa 100 Streikenden besetzte Telefonzentrale im 2. Arrondissement in der N<0x00E4>he der B<0x00F6>rse zu r<0x00E4>umen. Nach Verhandlungen mit der CGT wurde die Zentrale friedlich verlassen. Alle Industriebranchen waren betroffen, ebenso aber auch Banken, Versicherungen, Verwaltungen usw.. In der Sekundarstufe waren die Gymnasien schon am 18. Mai im Streik, also vor dem Generalstreikbeschluss der FEN am 22. Mai. Die Kaufh<0x00E4>user schlossen ihre T<0x00FC>ren, die Fischerei- und Handels-Seeleute blieben an Land, die Besch<0x00E4>ftigten der Mautstellen und Grenz<0x00FC>berg<0x00E4>nge <0x00F6>ffneten ihre Schranken. Auch die LandarbeiterInnen und die Besch<0x00E4>ftigten im Stra<0x00DF>enbau auf dem flachen Land traten in den Streik. Frankreich war lahmgelegt. 20.<0x2013>29. Mai Die Flut steigt Aber kann man von einem <0x00BB>aktiven Streik<0x00AB>17 sprechen? Abgesehen von einigen Beispielen, auf die wir noch zur<0x00FC>ckkommen, und ohne auf das Beispiel von Renault-Billancourt zu fokussieren, ist folgender Schluss zu ziehen: Die Arbeiter arbeiteten zwar nicht, aber sie blieben zu Hause. Die Fabriken waren besetzt, aber von einer Handvoll Arbeiter, die meisten waren Gewerkschaftsmitglieder, vor allem der CGT; man stimmte t<0x00E4>glich <0x00FC>ber die Fortsetzung des Streiks ab; man kam, um Neuigkeiten zu h<0x00F6>ren oder zum Essen, aber man diskutierte nicht <0x00FC>ber die Bewegung oder <0x00FC>ber durchzuf<0x00FC>hrende Aktionen. Der gr<0x00F6><0x00DF>te Generalstreik der Geschichte (auf dem H<0x00F6>hepunkt streikten neun Millionen zehn Tage lang) war der, an dem sich die Arbeiter am wenigsten beteiligten. Das ist das Paradoxe am Mai-Juni 1968. Politische Krise und Aufst<0x00E4>nde Am 14. Mai fuhr Staatspr<0x00E4>sident de Gaulle nach Rum<0x00E4>nien. Nach seiner R<0x00FC>ckkehr am 19. Mai sagte er seinen ber<0x00FC>hmt gewordenen Satz: <0x00BB>Die Pause ist vorbei<0x00AB> und dann: <0x00BB>Reformen ja, Bettschei<0x00DF>er nein!<0x00AB> und k<0x00FC>ndigte f<0x00FC>r den 24. Mai eine Ansprache im Fernsehen an. In der Zwischenzeit musste Premierminister Pompidou die Stellung halten. Da er von der Entwicklung des Generalstreiks <0x00FC>berrascht wurde, stand zun<0x00E4>chst die Aufrechterhaltung der Ordnung im Mittelpunkt seiner <0x00DC>berlegungen. In dieser historisch noch nie dagewesenen Situation musste sichergestellt werden, dass der Staat noch <0x00FC>ber ausreichend Polizeikr<0x00E4>fte verf<0x00FC>gte und, falls erforderlich, die Armee schnell eingreifen lassen konnte. Auch bei den Ordnungskr<0x00E4>ften war inzwischen ein Murren zu vernehmen. Die Regierung war nicht in der Lage, unmittelbar auf die Entwicklung der Streiks zu reagieren, sogar wenn sie f<0x00FC>r den Staat strategisch wichtige Sektoren trafen, wie Post, Eisenbahn oder Flugverkehr. Die Polizei besetzte zwar das Geb<0x00E4>ude der Vermittlungsstelle, die die Telefonverbindungen mit dem Ausland sicherstellte, und <0x00FC>bergab es der Armee, aber die Regierung hatte nicht gen<0x00FC>gend Kr<0x00E4>fte, um alle Fernmeldezentren in den Provinzen einzunehmen. Der Staat musste auf das staatsb<0x00FC>rgerliche Verantwortungsgef<0x00FC>hl der streikenden Postler setzen und ansonsten auf den Beginn der Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und Unternehmerverb<0x00E4>nden warten. Am Abend des 24. Mai sprach de Gaulle. Die Krise war f<0x00FC>r ihn eine Strukturkrise, die L<0x00F6>sung sah er in einer <0x00BB>gr<0x00F6><0x00DF>eren Beteiligung jedes Einzelnen am weiteren Prozess und an den Ergebnissen der Aktivit<0x00E4>ten, die ihn direkt betreffen.<0x00AB> Diese Auffassung hatte er in der Vergangenheit bereits mehrmals verk<0x00FC>ndet. Also nichts wirklich Neues von politischer Seite. Und das Vorgehen entsprach ebenfalls der gaullistischen Tradition: Sofortige Volksabstimmung, also fast ein Blankoscheck f<0x00FC>r den Pr<0x00E4>sidenten der Republik. Es ging darum, die gesamte <0x00BB>politische Klasse<0x00AB> kurzzuschlie<0x00DF>en und das Land in die Enge zu treiben: Im Fall eines negativen Votums g<0x00E4>be es ein Machtvakuum und das Risiko, <0x00BB>durch einen B<0x00FC>rgerkrieg in hassenswerte Abenteuer und kostspieligste Inbesitznahmen zu geraten.<0x00AB> Bei der Demonstration am Gare de Lyon wurden Tausende von Taschen<0x00AD>t<0x00FC>chern herausgeholt; die Demonstranten signalisierten damit, dass de Gaulle abtreten sollte. Abends fand in Paris eine der gewaltt<0x00E4>tigsten Demonstrationen des gesamten Mai statt, <0x00E4>hnliches geschah auch in der Provinz. Lyon, Strasbourg, Nantes und Paris hatten ihre gr<0x00F6><0x00DF>te <0x00BB>Barrikadennacht<0x00AB>, und am n<0x00E4>chsten Tag brannte auch Bordeaux. Es gab insgesamt einen Toten und 500 Verletzte im Krankenhaus, 144 davon waren schwer verletzt. Die Hauptparole bezog sich <0x00FC>berall auf das Aufenthaltsverbot f<0x00FC>r Daniel Cohn-Bendit: <0x00BB>Wir sind alle deutsche Juden.<0x00AB> Vom 22. bis zum 26. Mai gab es in ganz Frankreich mehr als 100 Studenten- und Arbeiterdemonstrationen. Diese Demonstrationen folgten keinem einheitlichen System, alles hing von der Situation vor Ort ab. In einigen St<0x00E4>dten konnten <0x00BB>einheitliche, gro<0x00DF>e und friedliche<0x00AB> M<0x00E4>rsche durchgef<0x00FC>hrt werden, denn das Klima war noch entspannt. In Caen z.B. machten die Studierenden einen Umzug zu den besetzten Fabriken, bevor sie sich der Versammlung aller Gewerkschaften vor der Pr<0x00E4>fektur anschlossen. In Marseille wollten die Studierenden mitten in der CGT-Demonstration laufen. Sie mussten dazu alle Spruchb<0x00E4>nder einrollen, auf denen <0x00BB>Cohn-Bendit<0x00AB> stand, und der Ordnungsdienst der CGT hielt sie getrennt von den ArbeiterInnen. In Clermont-Ferrand platzte am 25. Mai die Gewerkschaftseinheit mitten in der Demonstration: die UNEF, die auf ihre Parolen verzichten sollte, verlie<0x00DF> den Marsch und sonderte sich ab. In anderen F<0x00E4>llen gab es keine Einheit. In Toulouse riefen die <0x00BB>Bewegung 25. April<0x00AB>20, die CFDT und die CNJA21 zu einer Demonstration am 24. auf; das Rathaus wurde von der Menge, die mit den streikenden st<0x00E4>dtischen Angestellten fraternisierte, friedlich besetzt. Am n<0x00E4>chsten Tag machte die CGT alleine ihre eigene Demonstration. Die CGT-M<0x00E4>rsche in Paris brachten ungef<0x00E4>hr 20<0x2009>000 Menschen zusammen. Der erste, der vom Place Balard zum Gare d<0x2019>Austerlitz gehen sollte, wurde zum Porte de Choisy umgeleitet, um jeden Zusammenschluss mit den Aufz<0x00FC>gen der UNEF zu verhindern. Bei den jungen Arbeitern von Renault und Citro<0x00EB>n war bereits ein gewisses Murren zu h<0x00F6>ren. Die Organisatoren konnten ihre vorgesehenen Parolen wie: <0x00BB>Weg mit den Verordnungen zur Sozialversicherung!<0x00AB> <0x00BB>Hebt unsere L<0x00F6>hne an!<0x00AB> nicht durchsetzen. Stattdessen wurde: <0x00BB>Die Macht liegt auf der Stra<0x00DF>e<0x00AB> und <0x00BB>Die Macht sind wir!<0x00AB> gerufen. Von einigen kurzen und wenig gewaltt<0x00E4>tigen Zwischenf<0x00E4>llen abgesehen, verliefen alle gemeinsam organisierten Demonstrationen ruhig. Anders in einigen Universit<0x00E4>tsst<0x00E4>dten, wo die UNEF alleine auf der Stra<0x00DF>e war. Am 22. Mai artete die Demonstration, die nach einem Marsch zur Natio<0x00AD>nal<0x00AD>versammlung22 ins Quartier Latin zur<0x00FC>ckgekehrt war, in wiederholte Zusammenst<0x00F6><0x00DF>e mit der Polizei aus, die von Mitternacht bis vier Uhr morgens dauerten. Am n<0x00E4>chsten Tag griffen 300 junge Leute die Polizei an, ohne dass irgendeine Organisation eine entsprechende Parole ausgegeben h<0x00E4>tte. Sofort verlie<0x00DF>en die Studenten die Sorbonne. Sie waren gespalten: Einige schlossen sich den Demonstranten an, andere bildeten Ketten und versuchten, die K<0x00E4>mpfe zu beenden. Aber die Nachricht war im Radio h<0x00F6>ren, und innerhalb von weniger als einer Stunde liefen mehrere tausend Jugendliche im Quartier Latin zusammen. Sie pr<0x00FC>gelten sich neun Stunden lang ununterbrochen mit der Polizei, und es gab mehr als 150 Verletzte. Die Ziele der Demonstranten wurden immer vielf<0x00E4>ltiger. Es ging nicht mehr nur darum, sich mit der Polizei zu pr<0x00FC>geln, sondern es wurden auch die Schlupfwinkel des Gegners angegriffen: gaullistische Parteilokale, Polizeikommissariate, Pr<0x00E4>fekturen, Rath<0x00E4>user und selbst die B<0x00F6>rse; und in einigen F<0x00E4>llen kam es zu Pl<0x00FC>nderungen oder es wurden Br<0x00E4>nde gelegt. In Bordeaux wurde zweimal das Gro<0x00DF>e Theater besetzt, drau<0x00DF>en gingen Schaufenster zu Bruch. In Lyon wurde ein Kaufhaus am Place de Cordeliers teilweise gepl<0x00FC>ndert. Die Zusammenst<0x00F6><0x00DF>e waren heftig und dauerten lange: zehn Stunden in Paris, acht in Lyon, sieben in Nantes am 24., und acht Stunden in Bordeaux am 25. Mai. Das lag daran, dass die Polizei den Befehl hatte, direkte Konfrontationen zu vermeiden, um die eigenen Verluste gering zu halten. Waren die Demonstranten zahlreich genug, um ein oder mehrere Stadtviertel zu besetzen, verbarrikadierten sie sich dort solide, und dann war es eine langwierige Aufgabe, sie wieder aus ihren Positionen zu vertreiben. Die einzige Ausnahme war Strasbourg: dort waren es nicht gen<0x00FC>gend Demonstranten, und sie konnten den Angriffen der Polizei nur zwei Stunden lang widerstehen. Die Gewalt erreichte <0x00FC>berall einen H<0x00F6>hepunkt, der sich nur noch durch Schusswaffengebrauch steigern lie<0x00DF>. Was die Regierung vermeiden wollte, geschah doch: in der Nacht des 24. Mai gab es einen Toten, den Polizisten Ren<0x00E9> Lacroix, Polizeikommisar. Sein Oberk<0x00F6>rper wurde zerquetscht durch einen mit Steinen beladenen Lastwagen, den die Demonstranten in Lyon Richtung Lafayette-Br<0x00FC>cke rasen lie<0x00DF>en, um den Durchmarsch zu erzwingen. In den hei<0x00DF>en St<0x00E4>dten wie Lyon, Bordeaux, Toulouse, Nantes und Paris gab es wieder t<0x00E4>glich Demonstrationen. Die Ordnungskr<0x00E4>fte w<0x00FC>rden diesen Rhythmus nicht lange durchhalten k<0x00F6>nnen, zumal es inzwischen n<0x00F6>tig war, sie in ganz Frankreich zu verteilen, um den Bauern- und Arbeiterunruhen entgegentreten. Aufruhr auf dem Land Auch auf dem Land gab es 1968 Unruhen, das ist kaum bekannt geworden oder in Vergessenheit geraten. Abgesehen vom bereits erw<0x00E4>hnten Kampf der LandarbeiterInnen war die gesamte b<0x00E4>uerliche Welt in Bewegung. Delale und Ragache zitieren einige Beispiele23: <0x00BB>Die Demonstrationen haben <0x00FC>brigens gerade mit einer Stra<0x00DF>ensperre im Allier begonnen; sie breiten sich wie ein <0x00D6>lfleck bis zum 24. aus, die h<0x00E4>rtesten Regionen werfen sich zuerst in die Aktion. Die Proteste auf dem Land nehmen unterschiedliche Formen an. Wegen des Benzinmangels und der Kommunikationsprobleme sind weniger Menschen auf der Stra<0x00DF>e als erwartet. Trotzdem demonstrieren im ganzen Land mehr als 200<0x2009>000 Bauern. In einigen F<0x00E4>llen versammelt sich blo<0x00DF> der Regionalrat der FNSEA und verabschiedet eine Erkl<0x00E4>rung.In Chamali<0x00E8>res bei Clermont-Ferrand veranstaltet der <0x00F6>rtliche Vorsitzende der FNSEA lediglich ein Informationstreffen mit dem Pr<0x00E4>fekten. In Tulle versammelt die MODEF ihre Anh<0x00E4>nger in einem geschlossenen Saal, konfisziert die roten Fahnen, schmei<0x00DF>t die St<0x00E4>dter raus und weigert sich, bei der Arbeiterversammlung in der Stadt mitzumachen. W<0x00E4>hrend sich die Bauern in Argentan und Besan<0x00E7>on mit einem kurzen, einsamen und stillen Umzug begn<0x00FC>gen, schlie<0x00DF>en sie sich an anderen Orten, wie in Limoges, den Demonstrationen vom Gewerkschaftsb<0x00FC>ndnis an. In einigen Regionen greifen die Landwirte auch wie gewohnt zu gewaltsamen Aktionen: systematische Sperren auf den Nationalstra<0x00DF>en in den Departments Allier, Vaucluse, Landes. In der Gironde werden dar<0x00FC>ber hinaus nachts Dutzende Telegraphenmasten umges<0x00E4>gt... Es gibt auch <0x00FC>berraschende Demos: 1000 Bauern aus Cahors und Caussac besetzen das kleine Dorf Cajarc, wo der B<0x00FC>rgermeister Georges Pompidou hei<0x00DF>t. Und schlie<0x00DF>lich gibt es auch Angriffe auf Amtsgeb<0x00E4>ude: am 22. auf die Unterpr<0x00E4>fektur von Guingamp (drei Ferkel werden ans Gitter geh<0x00E4>ngt) und am 24. auf die Pr<0x00E4>fektur von Rennes und von Agen, wo Bauern die R<0x00E4>ume besetzen und Br<0x00E4>nde legen, bevor sie von der Polizei rausgeschmissen werden, die zuvor einige Barrikaden <0x00FC>berwinden muss. In Puy verbarrikadieren sich die Demonstranten in den Messest<0x00E4>nden, nachdem sie vom Platz der Pr<0x00E4>fektur vertrieben worden sind. Konzentrierte Tr<0x00E4>nengassalven f<0x00FC>hren zu einer Panik, ein zehnj<0x00E4>hriges Kind wird schwer verletzt. In Nantes machen sich die Bauerndemonstranten besonders bemerkbar: In vier Umz<0x00FC>gen treffen sie sich am Rande der Stadt und <0x00BB>st<0x00FC>rmen<0x00AB> sie am 24. morgens mit einem riesigen Transparent: <0x00BB>Nein zur kapitalistischen Ordnung, ja zur vollst<0x00E4>ndigen Revolution der Gesellschaft!<0x00AB>, und taufen den Place Royale feierlich in <0x00BB>Platz des Volkes<0x00AB> um. Einige von ihnen schlie<0x00DF>en sich abends ohne zu z<0x00F6>gern den Studenten und Arbeitern an, die die Pr<0x00E4>fektur angreifen und acht Stunden lang Dutzende von Barrikaden errichten. Die Abkommen von Grenelle24 Am 25. Mai um 15 Uhr er<0x00F6>ffnete Georges Pompidou die erste Sitzung mit den Unternehmern (repr<0x00E4>sentiert durch die CNPF mit ihrem Pr<0x00E4>sident Huvelin) und den Gewerkschaften CGT, CFDT, FO, CFTC und CGC. Die Gewerkschaften betonten, dass diese Gespr<0x00E4>che sich nur auf die allgemeinen Forderungen bez<0x00F6>gen und dass jegliche Vereinbarung durch Tarifvertr<0x00E4>ge auf allen Ebenen vervollst<0x00E4>ndigt werden m<0x00FC>sste. Die CGT stellte als Vorbedingung, die Verordnungen zur Sozialversicherung von August 1967 aufzuheben. Die CFDT stellte als zweite Vorbedingung die sofortige Einbringung eines Gesetzes <0x00BB>zur Aus<0x00FC>bung der freien gewerkschaftlichen Bet<0x00E4>tigung in den Betrieben<0x00AB>. Die von den Gewerkschaften CGT-CFDT vorgeschlagene Agenda wurde zur<0x00FC>ckgewiesen. Die Marathon-Sitzung erstreckte sich <0x00FC>ber zwei lange Tage, die Hauptanimateure stellte das Triumvirat Pompidou-Huvelin-S<0x00E9>guy. Was wurde da ausgehandelt? <0x2022> Die Anhebung des Mindestlohns (SMIG) auf drei Francs pro Stunde ab dem 1. Juni (damit ist man immer noch weit weg von den geforderten 600 Francs pro Monat). <0x2022> Eine Lohnerh<0x00F6>hung in der Privatindustrie (sieben Prozent am 1. Juni und drei Prozent am 1. Oktober). <0x2022> Der Vorschlag der Unternehmer, die w<0x00F6>chentliche Arbeitszeit auf 44 Stunden zu senken. <0x2022> Die sofortige Herabsetzung der Selbstbeteiligung an medizinischen Behandlungen von 30 auf 25 Prozent. <0x2022> Eine Vereinbarung <0x00FC>ber die Bezahlung der Streiktage: den Arbeiter<0x00AD>Innen sollte sofort das Angebot gemacht werden, dass die H<0x00E4>lfte der durch Streik ausgefallenen Stunden bezahlt werden. Abgesehen von diesen finanziellen Ma<0x00DF>nahmen erzielten die Gewerkschaften einen f<0x00FC>r sie wichtigen Erfolg: die Regierung verpflichtete sich, ein Gesetz <0x00FC>ber <0x00BB>die Aus<0x00FC>bung der gewerkschaftlichen Rechte im Betrieb<0x00AB> zur Abstimmung zu bringen, dem der Text zugrunde lag, den eine Kommission aus FO und CFDT ausgearbeitet hatte. Die CGT interessierte sich f<0x00FC>r diesen Punkt fast <0x00FC>berhaupt nicht, daf<0x00FC>r aber f<0x00FC>r die Wiederherstellung des Inflationsausgleichs und die Abschaffung der Verordnungen zur Sozialversicherung. Die CGT entschied, dass George S<0x00E9>guy die ersten Ergebnisse der Vereinbarung am 27. Mai 1968 um sieben Uhr morgens in der Streikversammlung bei Renault Billancourt pr<0x00E4>sentieren sollte. <0x00DC>berall in den Fabriken h<0x00F6>rten die Streikenden im Radio die Einzelheiten des geschlossenen Abkommens. In zahlreichen Gro<0x00DF>betrieben wie Renault-Flins, Renault-Sandouville, Berliet, Sud-Aviation, Rhodiaceta, Citro<0x00EB>n usw. stimmten sie durch Handzeichen f<0x00FC>r die Fortsetzung der Bewegung: sie erwarteten, dass die Gesch<0x00E4>ftsleitungen erscheinen und <0x00FC>ber die Forderungen diskutiert, die die <0x00F6>rtlichen Streikkomiteees ausgearbeitet hatten. Aber die Aufmerksamkeit aller richtete sich auf die Radio<0x00FC>bertragung, die die CGT im Herzen der Fabriken von Renault-Billancourt auf der S<0x00E9>guin-Insel organisiert hatte. Seit sieben Uhr morgens warteten dort 10<0x2009>000 Arbeiter. Bevor die Journalisten da waren, spielte sich der wichtigste Teil ab: Aufgrund des Berichts des CGT-Vertreters, A. Halberer, der f<0x00FC>r das Gewerkschaftsb<0x00FC>ndnis in der Fabrik sprach, wurde die Fortsetzung des Streiks beschlossen. Die nationalen Chefs der Gewerkschaften durften sprechen. Beno<0x00EE>t Frachon (CGT), der bei der letzten Nachtsitzung in Grenelle nicht dabei war, sprach frei und spielte die Rolle des Verteidigers. Er erinnerte an 1936 und schrie: <0x00BB>Das Abkommen aus der Rue de Grenelle wird Millionen Arbeitern zu einem unerwarteten Wohlstand verhelfen<0x00AB>. Andr<0x00E9> Jeanson von der CFDT freute sich <0x00FC>ber die Abstimmung zur Fortsetzung des Streiks und rief zur Solidarit<0x00E4>t der Arbeiter mit den k<0x00E4>mpfenden Studenten und Sch<0x00FC>lern auf. Er bekam Beifall. Dann trat Georges S<0x00E9>guy auf. Er gab <0x00BB>einen objektiven Rechenschaftsbericht <0x00FC>ber das, was in Grenelle erreicht worden ist<0x00AB>, ab. Am Anfang waren Pfiffe zu h<0x00F6>ren, am Ende kam es zu einem heftigen Tumult, der erst nach mehreren Minuten aufh<0x00F6>rte. S<0x00E9>guy beendete seine Rede mit den Worten: <0x00BB>Wenn ich Euch richtig verstehe, dann wollt Ihr Euch nicht herumschubsen lassen!<0x00AB> Es gab Beifall und KP-Aktivisten skandierten: <0x00BB>Volksregierung!<0x00AB>, <0x00BB>Volksregierung!<0x00AB> Was l<0x00E4>sst sich aus den Ereignissen auf der S<0x00E9>guin-Insel schlie<0x00DF>en? Die Linksradikalen, die sofort oder in den Jahren darauf aus den Ereignissen bei dieser Versammlung eine Radikalisierung der Basis gegen die CGT ableiteten, stellten damit mal wieder ihren Hang zur Vereinfachung unter Beweis. Halberer hatte vor der Rede von S<0x00E9>guy f<0x00FC>r die Fortsetzung des Streiks stimmen lassen, das war CGT. Aber Frachon war auch CGT, und er hatte die Ergebnisse als gro<0x00DF>en Sieg vorgestellt. Und S<0x00E9>guy, der die ziemlich schwachen Resultate zun<0x00E4>chst auch als gro<0x00DF>en Fortschritt pr<0x00E4>sentierte, war allemal CGT. Wenn man die Verschlagenheit der Kader des CGT-Apparats kennt, begreift man, dass sie sich auf alle M<0x00F6>glichkeiten vorbereitet hatten. Ging das wenige durch, was S<0x00E9>guy vorzuweisen hatte, gut so. Wenn nicht, dann hatte die CGT ja bereits f<0x00FC>r die Fortsetzung des Streiks abstimmen lassen. Kein Problem, der Apparat f<0x00E4>llt immer wieder auf die F<0x00FC><0x00DF>e. Und so war es dann auch. Aber wenn man die Hauptfiguren kennt, kann man auch sagen, dass sie hinter den Kulissen unterschiedliche Politiken verteidigten, die die Str<0x00F6>mungen innerhalb der PCF repr<0x00E4>sentierten. Welche Version die richtige ist, wird man nie erfahren. Als im Laufe des Tages <0x00FC>ber die Versammlung in Billancourt im Radio berichtet wurde, hatten auch einige stalinistische Aktivisten (wie bei Alsthom) geglaubt, dass S<0x00E9>guy in Billancourt vorgef<0x00FC>hrt worden war. Im <0x00FC>brigen geriet schnell in Vergessenheit, dass Krasucki, der dritte Mann in der CGT-Hierarchie, bei Citro<0x00EB>n w<0x00E4>hrend der Vorstellung der Ergebnisse von Grenelle von den Streikenden ebenfalls ausgepfiffen wurde. Als Ergebnis bleibt immerhin, als dass es nach zehn Tagen Streik keine Neigung zur Wiederaufnahme der Arbeit gab. Aber die Gewerkschaften konnten mit dieser Situation umgehen und warteten eine Woche, bis sie zur Wiederaufnahme der Arbeit aufriefen. Charl<0x00E9>ty und danach Die UNEF rief f<0x00FC>r den 27. Mai erneut zu Gro<0x00DF>demonstrationen in ganz Frankreich auf und organisierte eine Versammlung im Stadion Charl<0x00E9>ty in Paris. Die CGT antwortete darauf mit der Ank<0x00FC>ndigung von zw<0x00F6>lf Stadtteilversammlungen, <0x00BB>um die Arbeiterklasse und die Bev<0x00F6>lkerung <0x00FC>ber die Ergebnisse der Verhandlungen von Grenelle zu unterrichten<0x00AB>. Sie versammelte dabei gerade mal 10<0x2009>000 ihrer Anh<0x00E4>nger, w<0x00E4>hrend in Charl<0x00E9>ty 30<0x2009>000 Personen den Rednern der <0x00BB>anderen Linken<0x00AB> zuh<0x00F6>rten. Die Versammlung war freiwillig unter die Schirmherrschaft der Gewerkschaften gestellt worden, unter ihnen schlimmste B<0x00FC>rokraten, die einen Richtungswechsel anstrebten, wie M. Laby, Vorsitzender der Chemiegewerkschaft der FO. Neben der UNEF und der SNESup nahmen die Pariser CFDT, vier Verb<0x00E4>nde der FO, die FEN, die CAL25 und sogar die CGT vom ORTF daran teil. Einige Gruppen der radikalen Linken nahmen an der Versammlung nicht teil, da sie die Ziele zu ungenau fanden; die <0x00BB>Bewegung 22. M<0x00E4>rz<0x00AB> organisierte gleichzeitig mit Hilfe der Aktionskomitees, die sie kontrollierte, kleine Stadtteilversammlungen. Mend<0x00E8>s France hingegen, ehemaliger Ratspr<0x00E4>sident und Mitglied der PSU, war hinter den Kulissen anwesend, ebenso das nationale Studien- und Bildungszentrum26, das zur FGDS27 geh<0x00F6>rte. Die Politiker ergriffen nicht das Wort. Es waren die Gewerkschafter, die sich am Rednerpult abl<0x00F6>sten und ihre Meinung zur Revolution, zur CGT und zur <0x00BB>Doppelmacht<0x00AB> usw. darlegten, ohne sich auf mehr als ihre individuelle Verantwortung zu beziehen, geschweige denn konkrete Perspektiven zu er<0x00F6>ffnen. Die Versammlung von Charl<0x00E9>ty war letztlich nur ein Austausch, bei dem gute <0x00BB>revolution<0x00E4>re<0x00AB> Absichten hochgehalten wurden, ohne eine einzige konkrete Entscheidung zu treffen, ohne einen wirklichen Versuch zur Wiederererlangung des Gesetz des Handelns zu unternehmen und ohne eine politische Alternative zur PCF auf den Weg zu bringen, die dabei war, innerhalb der Bewegung Boden zur<0x00FC>ckzugewinnen. Die CGT <0x00FC>bernahm wieder die Initiative und rief zu einer nationalen Demonstration am Mittwoch, 29. Mai auf, die sich vor dem Bahnhof St-Lazare aufl<0x00F6>sen sollte. De Gaulle fuhr nach Deutschland, um bei General Massu um Unterst<0x00FC>tzung suchen. Am 29. und 30. Mai kam es in der Provinz zu mehr als 60 Demos mit <0x00FC>ber einer halben Million Teilnehmer<0x00AD>Innen, die in einem Klima der Einheit vonstatten gingen, da die CGT ihre Angriffe auf die UNEF lokal begrenzt hatte. In Paris nahmen viele StudentInnen und LehrerInnen an einem Umzug von ArbeiterInnen teil, der mit 350<0x2009>000 Personen von der Bastille zum Bahnhof St-Lazare zog und insgesamt sehr ruhig blieb. Diese Machtdemonstration der PCF, die f<0x00FC>r 36 Stunden bei Teilen der Regierung zu Angst und Panik vor einer Machtergreifung durch die PCF gef<0x00FC>hrt hatte, m<0x00FC>ndete schlie<0x00DF>lich nur in eine Wiederaufnahme der Verhandlungen innerhalb der Linken zwischen FGDS und PCF. Die gaullistische Gegenoffensive Am 30. Mai mittags war de Gaulle zur<0x00FC>ck im Elys<0x00E9>e Palast. Um 14.30 Uhr empfing er Pompidou und teilte ihm mit: <0x00BB>Wir bleiben. Es wird kein Referendum geben.<0x00AB> Der Premierminister verlangte, dass der Pr<0x00E4>sident die Abgeodnetenkammer aufl<0x00F6>ste. Um 15 Uhr pr<0x00E4>sentierte de Gaulle im Ministerrat seine Entscheidung und verk<0x00FC>ndete: <0x00BB>Die Regierung wird nach den Wahlen zur<0x00FC>cktreten.<0x00AB> Pompidou hatte gerade <0x2013> trotz der Absprache mit dem Pr<0x00E4>sidenten am selben Morgen <0x2013> das Datum seines R<0x00FC>cktritts bekannt gegeben. Die Ansprache wurde um 16.30 Uhr im Radio <0x00FC>bertragen. Es war eine Kampfansage, wo die Philosophie der Partizipation keinen Platz mehr hatte. Es ging vor allem darum, die Gegenoffensive zu organisieren. Die auf Betreiben der <0x00BB>Barone<0x00AB> des Gaullismus28 am Vortag geplante Demonstration versammelte sich eine Stunde sp<0x00E4>ter auf dem Place de la Concorde. Sie z<0x00E4>hlte 700<0x2009>000 bis 800<0x2009>000 TeilnehmerInnen und war das erste Zeichen daf<0x00FC>r, dass sich der Wind zu drehen begann. Der psychologische Schachzug hatte funktioniert, und die Parteien der Linken verstanden ihn. Sie stellten sich innerhalb von wenigen Stunden auf die neue Situation ein und begannen alle, sich auf die Parlamentswahlen vorzubereiten. 30. Mai-7. Juni: Die Bewegung flaut ab Die ersten R<0x00FC>ckzieher In den ersten f<0x00FC>nf Junitagen kam es zu zahlreichen Interventionen der Polizei in allen gr<0x00F6><0x00DF>eren St<0x00E4>dten Frankreichs. Die bevorzugten Ziele waren die Postgiro<0x00E4>mter, die wichtigsten Dienstgeb<0x00E4>ude, die Treibstofflager, die Funkh<0x00E4>user des ORTF usw.. Die Gewerkschaften sandten Zeichen der M<0x00E4><0x00DF>igung aus: weiterhin verhindern, dass die Gelben die Arbeit wieder aufnehmen, aber sich nicht gegen die Interventionen der Polizei zur Wehr setzen. Trotzdem kam es in Dijon, in Nancy, in Metz, in Nantes und in Rennes zu Zusammenst<0x00F6><0x00DF>en. In Rennes wurde die Hauptpost unter Tr<0x00E4>nengasbeschuss ger<0x00E4>umt. Die SNCF stellte ein besonderes Problem dar: Eine Wiederaufnahme der Arbeit auf lokaler Ebene kam nicht ernsthaft in Betracht, durch die Besetzung eines Bahnhof oder eines einzelnen Depots konnte die Polizei keinen besonderen Erfolg erringen. Dennoch setzte die Regierung darauf, dass sich die vermeintliche Demoralisierung der Streikenden wie ein <0x00D6>lfleck ausbreitete. Am 3. Juni r<0x00E4>umte die Polizei den Gare de Lyon in Paris und in Ostfrankreich die Bahnh<0x00F6>fe von Strasbourg, Colmar und Mulhouse. In Strasbourg setzten sich ein paar Vorortz<0x00FC>ge in Bewegung, aber in Mulhouse legten sich die Streikenden auf die Gleise und besetzten erneut das Stellwerk; um drei Uhr morgens besetzten die Streikenden wieder friedlich die Bahnh<0x00F6>fe von Strasbourg und Mulhouse: Die demoralisierten Gelben hatten es vorgezogen, nach Hause zu gehen. Bei der Post die gleiche Entt<0x00E4>uschung f<0x00FC>r die Staatsmacht: von ein paar Ausnahmen abgesehen reichte das nicht-streikende Personal nicht aus, um auch nur minimale Sicherheitsbedingungen einzuhalten; zudem musste dieses Personal jeden Morgen unter Polizeischutz und den Buh-Rufen der versammelten Streikenden die Arbeit antreten. Nach einigem Z<0x00F6>gern gestand der Minister seine Niederlage ein und <0x00FC>berlie<0x00DF> den Streikposten gegen das Versprechen, eine <0x00BB>minimale <0x00F6>ffentliche Versorgung<0x00AB> aufrechtzuerhalten, mitunter wieder die evakuierten Geb<0x00E4>ude. So mussten sie zwangsl<0x00E4>ufig den Ausgang der laufenden gro<0x00DF>en Verhandlungen abwarten, die in verschiedenen Ministerien stattfanden; gem<0x00E4><0x00DF> den in der Rue de Grenelle vereinbarten Verfahren zogen sie sich endlos hin und f<0x00FC>hrten meist in eine Sackgasse: Die Gewerkschaften forderten eine substanzielle Erh<0x00F6>hung des Finanzetats zur Umsetzung der neuen sozialen Ma<0x00DF>nahmen; die Ministerien erkl<0x00E4>rten sich als daf<0x00FC>r nicht zust<0x00E4>ndig. Die Wiederaufnahme der Arbeit bei der Bahn Bei der SNCF bot die Regierung 1200 Millionen Francs, die Gewerkschaften forderten 200 Millionen Francs zus<0x00E4>tzlich; die Regierung war zu einem letzten Zugest<0x00E4>ndnis bereit, unter der Bedingung, dass die Gewerkschaften die Wiederaufnahme der Arbeit anordnen. Das w<0x00E4>ren also 1400 Millionen. Die Gewerkschaften lie<0x00DF>en am 4. Juni in allen Depots und Bahnh<0x00F6>fen einzeln abstimmen. Au<0x00DF>er in Elsass-Lothringen wurde das Verhandlungsergebnis mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Im Laufe des 5. Juni gab es einen neuen Ministerbeschluss: Die gesamten Streikstunden sollten als <0x00BB>nachgearbeitet<0x00AB> betrachtet werden, da die Wiederherstellung des Netzes von den Eisenbahnern eine <0x00BB>au<0x00DF>ergew<0x00F6>hnliche Anstrengung<0x00AB> erforderte. Fast drei Wochen lang war kein einziger Zug gefahren, die Gleise mussten entrostet werden, um ein Funktionieren der Signalanlagen zu gew<0x00E4>hrleisten; alle Weichen mussten <0x00FC>berpr<0x00FC>ft und die Waggons, die aufgrund des unvorhergesehenen Streikbeginns <0x00FC>ber ganz Frankreich verstreut waren, neu zusammengestellt werden.... Aber diese <0x00BB>letzte Rose<0x00AB>, die 1968 in ihrer Form einzigartig bleiben sollte, enthielt eine Erpressung: die Vereinbarung war daran gebunden, dass die Arbeit am n<0x00E4>chsten Tag aufgenommen w<0x00FC>rde. Am Abend wurden weitere Beratungen organisiert, die zu unterschiedlichen Ergebnissen f<0x00FC>hrten: w<0x00E4>hrend im Osten die Z<0x00FC>ge bereits wieder fuhren, wurde im Norden und in Paris die allgemeine Wiederaufnahme der Arbeit beschlossen, im S<0x00FC>den und Westen hingegen f<0x00FC>r die Fortsetzung der Bewegung gestimmt. Die Gewerkschaften ver<0x00F6>ffentlichten eine gemeinsame Stellungnahme, die es ihnen erm<0x00F6>glichte, der Erpressung des Ministeriums nachzugeben und trotzdem die Illusion von <0x00BB>gewerkschaftlicher Demokratie<0x00AB> und <0x00BB>Arbeitereinheit<0x00AB> aufrechtzuerhalten. Mit Hinweis auf die unterschiedlichen Abstimmungsergebnisse, die eine knappe Mehrheit f<0x00FC>r die Wiederaufnahme der Arbeit aufwiesen (w<0x00E4>hrend noch nicht alle Ergebnisse vorlagen), riefen sie <0x00FC>berall zur Beendigung des Streiks auf. Und noch mehr: <0x00BB>Um der von zahlreichen Mitgliedern zum Ausdruck gebrachten Sorge um Koordinierung Rechnung zu tragen, fordern die Gewerkschaftsverb<0x00E4>nde die Eisenbahner der Zentren, die beschlossen haben, die Arbeit wieder aufzunehmen, dazu auf, mit der Organisierung der einheitlichen Arbeitsaufnahme in den n<0x00E4>chsten Stunden zu beginnen.<0x00AB> Am Morgen des 6. Juni betrachteten es die Gewerkschaftsdelegierten als ihre Aufgabe, den Streik um jeden Preis zu beenden. Fast schon verbissen wurde zu einer neuen Abstimmung geschritten und wo diese, trotz allen Drucks, wieder negativ ausfiel (dies war in Nantes und im Bahnhof in Montpellier der Fall), entschieden die <0x00F6>rtlichen Gewerkschaften trotzdem, im Namen der <0x00BB>Arbeiterdisziplin<0x00AB> und <0x00BB>um uns nicht gegen den Rest Frankreichs aufzulehnen<0x00AB>, die Arbeit wieder aufzunehmen. Diese Technik der erzwungenen Wiederaufnahme der Arbeit wurde auch in anderen Branchen angewandt und f<0x00FC>hrte dazu, dass sich die engagiertesten Streikenden angewidert abwandten. An einigen Orten zerrissen sie <0x00F6>ffentlich ihre Mietgliedsausweise. Doch diese symptomatische Reaktion zeigte oft nur, dass es die Streikenden nicht schafften, ihren Kampf selbst in die Hand zu nehmen, und sie isoliert blieben. Die Arbeitsaufnahme bei der RATP Bei der RATP gestaltete sich die Wiederaufnahme schwieriger. Nachdem die Besch<0x00E4>ftigten am 3. Juni dagegen gestimmt hatten, setzten die Verkehrsbetriebe neue Beratungen an und machten weitere Zugest<0x00E4>ndnisse: mehr Lohnerh<0x00F6>hungen und ein Tag mehr Jahresurlaub. Am 5. Juni wurde in den Depots erneut abgestimmt. Die CGT und die autonomen Gewerkschaften erkl<0x00E4>rten sich ohne Umschweife f<0x00FC>r die Wiederaufnahme der Arbeit. Der Vorstand der CGT warf sogar die Frage auf, <0x00BB>ob nicht <0x00FC>berall dort, wo die grundlegenden Forderungen erf<0x00FC>llt wurden, es das Interesse der Lohnabh<0x00E4>ngigen ist, sich massenhaft f<0x00FC>r die einheitliche Wiederaufnahme der Arbeit auszusprechen?<0x00AB> Eine Minderheit der Besch<0x00E4>ftigten sprach sich dennoch f<0x00FC>r die entschlossene Fortsetzung der Bewegung aus. Am Morgen des 6. Juni waren immer noch f<0x00FC>nf U-Bahnlinien, die Station Nation und drei Busdepots (darunter das Depot Lebrun im 13. Arrondissement) lahm gelegt. Seit dem Vorabend hatten heftige Auseinandersetzungen die Gewerkschaftsverantwortlichen in Opposition zu einem Teil ihrer eigenen Aktivisten gebracht, die von zahlreichen Unorganisierten und den GenossInnen des CATE Censier unterst<0x00FC>tzt wurden. Um den Widerspenstigen entgegenzutreten, verbreitete vor allem die CGT systematisch Falschinformationen <0x00FC>ber die Arbeitsaufnahme in den anderen Depots; sie wollte sie glauben machen, dieses oder jenes Depot w<0x00E4>re das einzige, das weitermachen wollte.29 Man konnte Fahrer weinend in ihre Fahrzeuge steigen sehen. Die letzten nahmen die Arbeit am 11. Juni auf. Aber dies belegt, dass die Querverbindungen zwischen den Depots schwach entwickelt waren und dass die CGT die zentrale Kontrolle innehatte. Als bei der RATP und der SNCF wieder gearbeitet wurde, normalisierte sich das Leben in der Pariser Region wieder. Die Arbeitsaufnahme in anderen Branchen Bei der Post, in den Kohlebergwerken, in den Stahlwerken im Osten und in der Erd<0x00F6>lindustrie dauerte es fast eine Woche, einen Vertrag auszuhandeln, und noch l<0x00E4>nger, die ArbeiterInnen zu <0x00FC>berzeugen, diesen Vertrag anzunehmen; aber seit dem 6. Juni wurde die R<0x00FC>ckkehr an die Arbeit von den Lohnabh<0x00E4>ngigen akzeptiert, auch wenn sporadisch noch etliche Tage weiter gestreikt wurde, bis die Direktion Gelbe und Zeitarbeiter einstellte, um diese letzten Streiks zu brechen. Am Freitagabend, dem 7. Juni, war Frankreich nicht mehr lahm gelegt, aber die Situation hatte sich noch lange nicht wieder normalisiert. Denn die letzten noch im Streik befindlichen Berufsgruppen erwiesen sich als sehr hartn<0x00E4>ckig. Bei den Pariser GrundschullehrerInnen riefen die weiterhin Protestwilligen f<0x00FC>r Montagabend, 10. Juni zu einer Versammlung im Gewerkschaftshaus auf. Dort verweigerte man ihnen die R<0x00E4>umlichkeiten. Aber zur besagten Uhrzeit forderten 3000 w<0x00FC>tende GrundschullehrerInnen Geh<0x00F6>r. In den Grundschulen kehrte man erst am 14. Juni zur Normalit<0x00E4>t zur<0x00FC>ck. In zahlreichen anderen Branchen wie den Metall-, Elektronik- oder Gummibetrieben blieb der Konflikt stecken: Getragen von der gaullistischen Welle wiesen die Unternehmerverb<0x00E4>nde jeglichen Gedanken an einen nationalen Tarifvertag zur<0x00FC>ck und verk<0x00FC>ndeten bestenfalls, sich streng an die Umsetzung der Vertr<0x00E4>ge von Grenelle halten zu wollen. In der <0x00F6>ffentlichen Meinung hatte das Regime jedoch einen psychologischen Sieg errungen: an den Tankstellen gab es wieder Benzin. <0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0xF03C> Erfahrungsberichte Aktionskomitee Montreuil (CA Montreuil) Wie das Aktionskomitee von Montreuil entstand Ich hatte eben die JCR verlassen. Seit eineinhalb Jahren war ich bei AFTAM (Vereinigung zur Betreuung und Ausbildung afrikanischer und madagassischer Arbeiter) als Verantwortlicher eines Wohnheims f<0x00FC>r Arbeitsmigranten (aus Mali und Senegal, sie kamen aus der Region Kayes in West-Mali) besch<0x00E4>ftigt. Ich hatte mit einer Psychologie-Kollegin, die in der Zentrale von AFTAM war (sie arbeitete in der Alphabetisierung), eine Sektion der CGT gegr<0x00FC>ndet. Die Versammlungen der Aktivisten des zuk<0x00FC>nftigen Aktionskomitees (Comit<0x00E9> d<0x2019>Action, CA) von Montreuil fanden oft in diesem Wohnheim statt, genauso wie die Herstellung von Siebdruck-Plakaten mit Aussagen wie: <0x00BB>Die Bourgeoisie hat Angst<0x00AB>. Am 3. Mai h<0x00F6>rte ich, dass am Nachmittag im Quartier Latin eine gewaltt<0x00E4>tige Studentendemonstration stattgefunden hatte. Ich rannte zum Boulevard Saint-Germain in der H<0x00F6>he des Place Maubert und sah eine schwarzverbrannte Fassade und <0x00FC>berall Abf<0x00E4>lle. Die Demonstration richtete sich gegen den drohenden Universit<0x00E4>tsausschluss von Studenten, die die Cit<0x00E9> U von Nanterre besetzt hatten. Die urspr<0x00FC>ngliche Forderung war das gegenseitige Besuchsrecht in den Studentinnen- und Studenten-Wohnheimen. Zwei oder drei Tage sp<0x00E4>ter ging ich wieder hin, um an einer weiteren Demonstration teilzunehmen. Ich hatte noch nie so viele Leute gesehen, die entschlossen und bereit waren, die Bullen anzugreifen. Diese wichen oft auf den Boulevard Saint-Germain aus, der von den CRS-Einheiten und zwei Wasserwerfern abgesperrt war. Wir haben sie angegriffen und einen der Wasserwerfer im Sturm genommen. Sp<0x00E4>ter wurden die Bullen mit allen m<0x00F6>glichen Wurfgeschossen angegriffen. Mit Pflastersteinen, aber auch mit Brandbeschleunigern und ohrenbet<0x00E4>ubenden Knallk<0x00F6>rpern, die auf sie geschleudert wurden (einige haben sich dabei schwer die H<0x00E4>nde verletzt). Wir erlebten das als ein Super-Fest. Nach so vielen Jahren, in denen man sich dem gaullistischen Staat und den Bullen gebeugt hatte: zuerst der gaullistische Staatsstreich von 1958 selbst, dann die Unterdr<0x00FC>ckung der Revolte der Algerier und der Demonstrationen gegen den Algerienkrieg. Die einzige siegreiche Bewegung war ein Streik der Arbeiter im Kohlenbergbau, die 1963 die Dienstverpflichtung verweigerten, das war das erste Mal, dass etwas als Sieg verbucht wurde!30 Und schlie<0x00DF>lich die Solidarit<0x00E4>tsbewegung mit Vietnam, welche uns die zuk<0x00FC>nftigen Linken als Solidarit<0x00E4>t und Antiimperialismus, aber auch als Vorbereitung der Revolution verkauften. In diesen ersten Maitagen bis zum 10. Mai gab es fast t<0x00E4>glich Demonstrationen. Wir hatten trotz der zahlreichen Verletzten das Gef<0x00FC>hl, die Stra<0x00DF>e in der Hand zu haben, uns Respekt verschafft zu haben und letztlich etwas zu erreichen, etwas, das wir auf der Stra<0x00DF>e w<0x00E4>hrend und nach den Demonstrationen begonnen zu diskutieren hatten. Sozialismus schien m<0x00F6>glich. F<0x00FC>r mich und viele andere. Zehn Jahre Dampfdrucktopf explodierten endlich, und zwar au<0x00DF>erhalb der Kontrolle von Stalinisten, anderen Reformisten und anderen Berufs-Organisierern. Am Ende einer der ersten reichlich st<0x00FC>rmischen Demos in Richtung Montparnasse schaffte ich es, den Bullen zu entkommen, zusammen mit zwei jungen Tischlern, deren Bekanntschaft ich im Wagen machte (Roland und Michel); sie wohnten in Rosny-sous-Bois am Rand von Montreuil. Wir beschlossen, uns am n<0x00E4>chsten Tag wieder zu treffen, um politisch zu diskutieren und gemeinsam zu den Demonstrationen zu gehen. Zum ersten Treffen kamen sie mit zwei anderen Kollegen, einem Klempner und einem weiteren Tischler (der kleine Schweizer und Yoyo). Nach der Wiederbesetzung der Sorbonne durch die Studenten riefen einige zuk<0x00FC>nftige Linksradikale und die UNEF (einige von denen, die sp<0x00E4>ter die Lib<0x00E9>ration machten) dazu auf, Aktionskomitees zu gr<0x00FC>nden. Ich trug meinen Namen und meine Adresse in eine der Listen im Hof der Sorbonne ein, und M<0x00E4>dchen und Typen trafen sich von da an mit mir im Wohnheim. In Montreuil gab es am Anfang zwei Aktionskomitees, die sich bald zusammenschlossen. Eins von beiden war von Aktivisten der JCR gegr<0x00FC>ndet worden. Das Komitee, bei dem ich mitmachte, bestand aus 20 bis 30 Personen. Die Aktiven an der Basis verstanden nicht, warum es zwei Aktionskomitees gab, und so haben sich nach einigen Tagen beide zusammengeschlossen. Ende Mai oder im Juni waren wir auf einigen Treffen um die 100 Personen. Was taten Mitglieder des Aktionskomitees? Wir waren in Montreuil aktiv und einige Mitglieder des Komitees von Montreuil kamen von Rosny, aber wir hatten keinen Kontakt zu Leuten anderswo gesucht, was mir heute unglaublich erscheint. Wir waren so naiv zu glauben, die Schw<0x00E4>chen der Bewegung: fehlende Verbindung zu den Arbeitern in den Fabriken (davon gab es damals viele in Montreuil), fehlende politische Vertiefung und Fehlen einer wenn schon nicht milit<0x00E4>rischen Organisation, dann doch wenigstens eines Ordnungsdienstes, w<0x00FC>rden sich im Verlauf der Bewegungvon alleine regeln, von der wir dachten, sie w<0x00FC>rde Monate, sogar Jahre dauern. Ich h<0x00F6>rte viel Radio. Aus jeder Nachrichtensendung bekamen wir mit, dass nach der gro<0x00DF>en Demonstration am 13. Mai weitere Betriebe zu streiken begannen, und das machte uns Mut. Ich ahnte schon, dass das kein Vergn<0x00FC>gen w<0x00FC>rde. Eines Abends nahm ich den Wagen, ich hatte Lust, mal die Fabriken zwischen Pantin und den nord<0x00F6>stlichen Vorst<0x00E4>dten (an der Nationalstra<0x00DF>e 3) zu besuchen. Ich fuhr an den Toren von f<0x00FC>nf oder sechs Fabriken vor und war jedes Mal voller Enthusiasmus. Ich traf auf CGT-Delegierte, m<0x00F6>glicherweise PCF-Mitglieder. Es war unm<0x00F6>glich, in die Fabriken zu kommen und mit den Streikenden zu diskutieren. Ich bemerkte, dass die Fabriken nicht besetzt waren und dass die Stimmung nicht gro<0x00DF>artig war: das war nicht 1936. Ich hoffte, dass die Demos es schaffen w<0x00FC>rden, diese Barriere zu sprengen. Pers<0x00F6>nlich und auch als Vertreter des Komitees nahm ich an Versammlungen der Pariser Aktionskomitees teil, und das hat mich schnell erm<0x00FC>det, ich ging so selten wie m<0x00F6>glich dahin. Mindestens f<0x00FC>r die Zeitungen und Flugbl<0x00E4>tter musste man dorthin. Ich ging nicht mehr zu den regelm<0x00E4><0x00DF>igen Treffen der Koordination der Aktionskomitees, und es war auch niemand anderes dort, um uns zu vertreten. Tats<0x00E4>chlich wollte niemand wirklich Politik machen und sich mit den Gegnern aus der Linken auseinandersetzen. Dem Aktionskomitee geh<0x00F6>rten auch Arbeiter an, aber das waren immer isolierte Leute, die keine Gruppe aus ihrem Betrieb vertraten, oder die Betriebe waren ganz klein usw. Es waren eher Genossen mit anarchistischer Einstellung, einer von ihnen (Roland) hatte Kontakt zur Anarchistischen F<0x00F6>deration. Dann geh<0x00F6>rte Princet dazu, noch ein Anarchist, der Pflasterer war f<0x00FC>r uns 20<0x2013>25 Jahre junge Leute schon ganz sch<0x00F6>n alt (Der Standardausspruch unseres Alten wurde bald: <0x00BB>Das ist der R<0x00FC>ckfluss.<0x00AB>), au<0x00DF>erdem eine Sekret<0x00E4>rin der studentischen Krankenversicherung, Michelle, eine P<0x00E4>dagogin von Leo Lagrange [Volksbildungsorganisation] und ein Techniker von Roussel-Uclaf in Romainville, der w<0x00E4>hrend des Krieges in Corr<0x00E8>ze im Widerstand gewesen war; es gab auch einige LehrerInnen und StudentInnen. Wir versuchten vor allem, Kontakte in die Betriebe in Montreuil und der Umgebung zu bekommen. Es gab da eine Bude, die Fernsehger<0x00E4>te herstellte, Grandin, ein ziemlich bedeutender Laden. Man konnte leicht mit den Arbeitern vor dem Tor diskutieren, aber es war nicht zu schaffen, hineinzukommen, um an ihren Versammlungen teilzunehmen. Das Aktionskomitee h<0x00E4>tte gerne gemeinsame Aktionen mit den Besch<0x00E4>ftigten von Grandin gemacht, aber die CGT und die Maoisten versuchten, diese Kontakte zu verhindern. Wir dachten, es w<0x00E4>re negativ, wenn es verbale Zusammenst<0x00F6><0x00DF>e (oder schlimmere) vor dem Fabriktor g<0x00E4>be. Wir waren nat<0x00FC>rlich nicht hartn<0x00E4>ckig genug, und es interessierte uns nicht, uns wie Filzl<0x00E4>use einzunisten. Zu keinem Zeitpunkt hatten wir fortlaufende und politische Kontakte zu Arbeitern der gro<0x00DF>en Betriebe unabh<0x00E4>ngig von den Gewerkschaften. In Montreuil und anderswo war es tats<0x00E4>chlich so, dass, wenn die Arbeiter nicht selbst versuchten sich zu organisieren, die Aktivit<0x00E4>t von <0x00AD>externen Aktiven (mit Flugbl<0x00E4>ttern, Plakaten oder Versammlungen) nichts ausrichten konnte, solange die Proletarier Vertrauen in Gewerkschaften und in die Parteien der Linken hatten. Unsere Verbindungen zur Bev<0x00F6>lkerung waren ziemlich oberfl<0x00E4>chlich. Wir diskutierten viel mit den Leuten, die zu dieser Zeit diskutieren wollten. F<0x00FC>r einige gro<0x00DF>e Demonstrationen konnten wir 2, 3 oder auch 400 Leute zusammenbringen. Ehrlich, ich war zufrieden, Leute zusammenzubringen, aber sie waren ein wenig zu ruhig, und wenn wir in die N<0x00E4>he von Bullen kamen, bin ich lieber das Tr<0x00E4>nengas und das Benzin der Cocktails schnuppern gegangen, als in ihrer Gesellschaft zu bleiben. Die Demonstrationen Am 3. Mai wollten die Repressionskr<0x00E4>fte die Sorbonne von einigen hundert Gewerkschaftsaktivisten und Linksradikalen s<0x00E4>ubern, die sich ohne Gegenwehr verfrachten lie<0x00DF>en. Aber rund um die Sorbonne trafen sie auf ungewohnten Widerstand: sechs Stunden lang Steinhagel, einige direkte Auseinandersetzungen, einige Mollies, <0x00FC>berall im Quartier Latin und in St-Germain. Das war der Auftakt zu wochenlangen Konfrontationen. Dieser erste Tag sah schon so aus wie die folgenden: junge Leute, die sich mehr oder weniger in den selbsternannten F<0x00FC>hrern und den gewerkschaftlichen Organisationen wiedererkannten: UNEF (Nationale Studentenunion Frankreichs), CAL (Aktionskomitee der Gymnasiasten), SNESup (Nationale Gewerkschaft des h<0x00F6>heren Schulwesens). Die politischen linksradikalen Gruppen (Trotzkisten, Anarchisten, Maoisten...) hatten wenig Einfluss in den sieben Wochen Krawall, die die Monate Mai und Juni bewegten. Die aufst<0x00E4>ndische Jugend benutzte das, was die Aktivisten ihr vorschlugen und schuf sich keine eigene politische Linie oder ihre eigene Organisation, Zeitung (Action zum Beispiel), Struktur (zum Beispiel Aktionskomitee), sondern sie setzten diese Mittel so ein, dass eine wirkliche Diskussion <0x00FC>ber die politische Linie verhindert wurde. Die Diskussionen und Kontrontationen drehten sich unter anderem um die Probleme der Repression und die Selbstverteidigung der Bewegung. Eine Mehrheit suchte den Zusammenhalt auf Kosten der Klarheit. Jedes Komitee, jede Gruppe von jungen Proletariern, und oft jedes Mitglied eines Komitees machte, was es wollte. Zu den fast t<0x00E4>glichen Demonstrationen ging jede Stadtteilgruppe, jede kleine Gruppe von Jugendlichen mehr oder weniger auf eigene Faust, ein Wunder an gegenseitigem Vertrauen und der politischen Stimmung des Augenblick unter den Demonstranten. Seit den ersten Zusammenst<0x00F6><0x00DF>en gingen die Entschlossensten und Erfahrensten in die ersten Reihen, dahinter riss man das Pflaster auf oder fabrizierte Wurfgeschosse (einige kamen schon mit Wurfgeschossen und Mollies), und auf die Angriffe der Polizei flogen Pflastersteine, Autos wurden umgedreht und als Barrikaden benutzt. Es gab zahlreiche Verletzte, viele wurden schwer verletzt, wenn Panik ausbrach und die Demonstranten ungeordnet wegrannten und die Bullen von hinten auf R<0x00FC>cken und Sch<0x00E4>del einpr<0x00FC>gelten oder wenn die Demonstranten am Boden lagen oder wenn Demonstranten einzeln abgedr<0x00E4>ngt wurden. Aber wenn es gut lief, konnten wir die Bullerei wieder zum R<0x00FC>ckzug bringen und dann mussten sie ihre Verletzten einsammeln. Welche Organisation gab es, welche fehlte? Zwei-, drei- oder viermal pro Woche gab es eine neue Action. Wir verkauften fast jeden Tag die Zeitung der Aktionskomitees. Wir holten einen Stapel von 100 Exemplaren irgendwo im Quartier Latin und verkauften sie gew<0x00F6>hnlich sofort vor dem Rathaus von Montreuil. Die Stalinisten sind niemals gekommen, um uns zu nerven. Am 13. Mai habe ich allein bei der Demo, die den ganzen Tag dauerte, sieben Stapel zu 100 Zeitungen verkauft, 700 Exemplare der Action an einem Tag. Ich habe ein paar Nummern der Action aufbewahrt, und wenn ich sie heute lesen, kommt mir der Inhalt sehr reformistisch vor. Manche Seiten handeln von der marxistischen Theorie oder so, am Anfang geht es in der ganzen Zeitschrift nur um Repression: eine komische Mischung. Das war weder eine gute Propaganda-, noch eine gute Zeitschrift, die die Ereignisse reflektierte, aber damals sahen wir das nicht. Wir schrieben keine Artikel f<0x00FC>r die Action, niemand fragte uns danach, und wir versuchten nicht, uns an der Redaktion zu beteiligen. Die Zeitschrift war vor allem f<0x00FC>r die Diskussion mit den Passanten da und das funktionierte sehr gut. Wir suchten k<0x00FC>nstlerisch gestaltete Plakate und wir stellten Siebdruck-Plakate mit unseren eigenen Texten her. Sie waren wie ein Flugblatt gemacht, ich erinnere mich an die <0x00DC>berschriften: <0x00BB>Die Bourgeoisie hat Angst.<0x00AB> und das zweite <0x00BB>Die Bourgeoisie hat immer noch Angst.<0x00AB> Das war kurz vor den Ferien, Ende Juli. An manchen Vormittagen verteilten wir die Flugbl<0x00E4>tter der Aktionskomitees, an anderen Vormittagen oder nachts klebten wir Plakate; wir hatten nie Scherereien, au<0x00DF>er Ende Juni mit einer Gruppe von Gaullisten w<0x00E4>hrend der Wahlen. Es gab keinen Chef, aber manche machten mehr als andere. Anscheinend war ich zusammen mit einer Genossin Sylvia, Roland, dem Techniker von Roussel, einer Genossin, die P<0x00E4>dagogin war, usw. f<0x00FC>r Versammlung und Koordination zust<0x00E4>ndig. Wir trafen uns informell oder organisiert ein- oder zweimal pro Tag, wenn die Aktion es erforderte, auch h<0x00E4>ufiger. Wir waren ziemliche Aktivisten, unser Gef<0x00FC>hl war: jetzt oder nie. Wir wuchsen von 30 Mitgliedern auf 100 bei einigen Vollversammlungen, die wir in einem protestantischen Gemeindesaal abhielten. Zehn oder 15 machten fast jeden Tag Aktionen, andere kamen nur zu den Demos, sie suchten es sich ziemlich aus. Die fast t<0x00E4>glichen Treffen fanden in Wohnungen oder in Bistros statt. Wir diskutierten <0x00FC>ber die aktuelle politische Situation und beschlossen, ob wir bei den gemeinsamen Aktionen der Aktionskomitees mitmachen. Es gab keine Vorsitzenden, keine Kassierer und keinen besonderen Ausschuss. Die Beschl<0x00FC>sse wurden mit Mehrheit gefasst, wir suchten aber oft Einstimmigkeit. Die Diskussionen gingen oft um praktische Aufgaben, und es gab nicht viele Divergenzen, au<0x00DF>er wenn organisierte Aktivisten wie Maoisten oder Trotzkisten ihre So<0x00DF>e verkaufen wollten. Die Maoisten kamen nur zum Rekrutieren (<0x00FC>brigens ohne Erfolg), die Trotzkisten waren etwas feiner, mindestens zwei machten mit und am Ende bekamen sie wenigstens eine Genossin und eine Betriebszeitung. Wir unterst<0x00FC>tzten auch die Streikposten der Besch<0x00E4>ftigte des Kaufhauses Printemps zwischen Nation und Vincennes. Ende Juni bekamen wir Kontakt zu Krema Hollywood. Die Mutter einer Genossin aus dem Komitee arbeitete dort. Mit ihr und ein oder zwei anderen Arbeiterinnen machten wir ein Blatt f<0x00FC>r die ArbeiterInnen von Krema. Wir kritisierten die Lohnpolitik der Firma, die Arbeitsbedingungen und die Arbeitssicherheit. Ein Problem war die Gesundheit, besonders die Frauen mussten jeden Morgen die Maschinen mit <0x00FC>bel riechenden und gef<0x00E4>hrlichen Mitteln reinigen. Manchmal fielen sie hinein. Wir schrieben die Beitr<0x00E4>ge und lie<0x00DF>en uns dabei von dem inspirieren, was die Arbeiterinnen erz<0x00E4>hlten, sie schrieben nicht selbst. Wir verteilten es am Tor, und sie verteilten es heimlich drinnen. Das ging ungef<0x00E4>hr sechs Monate, dann trat Lutte Ouvri<0x00E8>re die Nachfolge des Aktionskomitees an, das nicht mehr existierte und die Genossin, die die Kontakte zu Krema hatte, ging zu LO. W<0x00E4>hrend dieser zwei oder drei Monate hatten wir den Eindruck, dass die PCF und das CA die einzigen politischen Kr<0x00E4>fte in Montreuil waren, wir machten uns da ein bisschen was vor. Wir hatten keinen Kontakt zur PCF und haben auch nicht versucht, einen zu haben und noch weniger, gemeinsame Aktionen vorzuschlagen. An dem Tag von de Gaulles Rede, in der er sein Referendum ank<0x00FC>ndigte, rief die PCF zu einer lokalen Demo auf, um die Leute daran zu hindern, zur Bastille zu gehen. Zuf<0x00E4>llig kreuzten sich die beiden Demos, die von der PCF und die vom Aktionskomitee, die nach Paris ging. Sie waren ungef<0x00E4>hr gleich gro<0x00DF>, es gab keinen Zusammensto<0x00DF> und auch keine h<0x00E4>mischen Bemerkungen, aber jeder ist auf seinem Kurs geblieben. Wir fanden, dass die Anh<0x00E4>nger der PCF sich zu sehr damit besch<0x00E4>ftigten, Leute an Bord zu holen, aber in unserem Optimismus hofften wir, dass die Aktivisten der PCF und der CGT ihre Scheuklappen verlieren w<0x00FC>rden, was Proletarier wie Studenten schon machten. Zu den Parlamentswahlen Ende Juni f<0x00FC>hrten wir eine m<0x00E4><0x00DF>ig aktive Kampagne f<0x00FC>r Stimmenthaltung; <0x00BB>Wahlen, Falle f<0x00FC>r Doofe<0x00AB> war unsere Schlagzeile. Am Wahltag gingen wir mit einigen Genossen aus dem Aktionskomitee aufs Land zum Angeln und bei der R<0x00FC>ckkehr verspotteten wir mit unseren Angelruten die Leute von der PCF in den Wahllokalen; sie waren ver<0x00E4>rgert und lie<0x00DF>en nicht mehr von unseren Angelruten ab, aber die Prols von Montreuil und Rosny hatten gew<0x00E4>hlt und sie hatten gut gew<0x00E4>hlt! Am 17. Mai abends riefen die Aktionskomitees dazu auf, zu Renault auf die <0x00CE>le Seguin zu gehen. Wir haben uns M<0x00FC>he gegeben, versucht mit den Arbeitern zu diskutieren, aber die Tore blieben verschlossen und der Kontakt kam nicht zustande. Dasselbe Spiel Anfang Juni in Flins: dieses Mal erwarteten uns die Bullen, und der Besuch wurde f<0x00FC>r uns zu einem Lauf <0x00FC>ber die Felder... Anfang Juli wurde ich von den Bullen vorgeladen. Ich hatte <0x00BB>Nach Februar, Oktober!<0x00AB> an die Hauswand eines Typen gepinselt, der das nicht zu w<0x00FC>rdigen wusste. Er hatte mein Nummernschild gesehen, als ich das alleine bei Tag und mit dem Wagen machte. Anfang Juli dachte man noch, dass sich die Bewegung nur vor<0x00FC>bergehend beruhigt h<0x00E4>tte und im Herbst wieder losgehen w<0x00FC>rde. Was in Montreuil passierte, passierte auch anderswo. Am 10. Mai, in der Barrikadennacht, war der Boulevard Saint Michel vollgestopft mit Leuten, und ich hatte Gelegenheit, mit zahlreichen jungen Arbeitern zu diskutieren. Ich hatte in meinem Kopf keine Strategie, ich war froh. Wir lie<0x00DF>en zehn Jahre Gaullismus hinter uns, in denen wir von allen Seiten eingesperrt waren, die PCF blockierte von der Seite der Arbeiterklasse. In diesen Tagen des Mai und Juni sahen wir doch, dass sich ein Fenster in die Zukunft <0x00F6>ffnet! Wir wussten nicht, dass die PCF noch stark genug war, dieses Fenster wieder zuzusto<0x00DF>en, selbst wenn sie daf<0x00FC>r zu Grunde gehen m<0x00FC>sste und niemals wieder als revolution<0x00E4>re Partei durchgehen w<0x00FC>rde, und dass die modernistische Bourgeoisie gen<0x00FC>gend Tricks im Sack hatte, um dieses Fenster mit Hilfe der <0x00BB>Ex-68er<0x00AB> Stars wieder zu verriegeln. Im September 68 nahm ich an einer Demo gegen das Massaker auf dem Platz der drei Kulturen anl<0x00E4>sslich der olympischen Spiele in Mexiko teil. W<0x00E4>hrend man noch einige Wochen vorher bereit war, Bullen <0x00BB>zu fressen<0x00AB>, lie<0x00DF> man sich jetzt zu mehreren hundert ohne irgendeine Reaktion einlochen. Ein Genosse kam mit Hackenstielen in seinem Auto an. Niemand wollte welche nehmen und k<0x00E4>mpfen. Die Hackenstiele endeten in der Gosse. Die Stimmung des Mai 68 war verschwunden. Ein bisschen angeekelt bin ich im Dezember 1968 nach Madagaskar abgereist, um als P<0x00E4>dagoge im Kulturaustausch zu arbeiten (aus dem Aktionskomitee von Montreuil waren wir vier), und wir sind erst im Januar 1971 zur<0x00FC>ckgekehrt, mit der Absicht Lutte Ouvri<0x00E8>re behilflich zu sein, es gab ja nichts Besseres. Alsthom Saint-Ouen Die Fabrik Im Gefolge der Umstrukturierungen (schon damals!) des Elektrobaus, gab es zwei unterschiedliche Unternehmen auf dem Fabrikgel<0x00E4>nde: <0x2022> Delle Alsthom, die Leistungsschalter f<0x00FC>r mittlere Spannung montierte, im wesentlichen f<0x00FC>r Elektrizit<0x00E4>tswerke und Gro<0x00DF>betriebe. 500 Besch<0x00E4>ftigte, davon etwa 300 mehrheitlich gering qualifizierte Arbeiter und 200 Techniker, Zeichner, Vorgesetzte usw. Eine Werkshalle und mehrere B<0x00FC>ros. <0x2022> Alsthom Savoisienne, die komplette Gro<0x00DF>transformatoren f<0x00FC>r Elektrizit<0x00E4>tswerke herstellte. 1300 Besch<0x00E4>ftigte, etwa 1000 ArbeiterInnen und 300 Techniker, Chefs usw. Au<0x00DF>er den B<0x00FC>ros drei Werkshallen: <0x2013> die gro<0x00DF>e Kesselschmiede, wo das Transformatorgeh<0x00E4>use hergestellt wurde und wo qualifizierte Arbeiter, die Kupferschmiede, arbeiteten; <0x2013> die Spulenabteilung, wo wie der Name sagt, die Trafospulen hergestellt wurden, eine Werkstatt, in der sehr spezielle, qualifizierte Arbeiter besch<0x00E4>ftigt waren; <0x2013> die Montageb<0x00FC>hne, wo die Spule in das Geh<0x00E4>use eingebaut wurde. Hier wurde es ausger<0x00FC>stet, ausprobiert und verschickt. Es war eine Werkstatt, wo besonders qualifizierte Arbeiter besch<0x00E4>ftigt waren. Alsthom war <0x2013> zusammen mit Rateau, Babcock usw. <0x2013> eine der f<0x00FC>r die Arbeiterk<0x00E4>mpfe in Seine St-Denis wichtigen Fabriken, eine auf die man schaute, wenn sich in der Arbeiterklasse etwas bewegte. Vor dem Streik Das Radio und die Presse ver<0x00F6>ffentlichten bereits seit mehreren Wochen Informationen <0x00FC>ber das Studentenmilieu und insbesondere <0x00FC>ber Nanterre. Man wusste nicht allzu genau, warum die Studenten Krawall machten, aber in der Fabrik sympathisierten einige der jungen Kollegen damit und hatten sich gemerkt, dass eine der Forderungen die Aufhebung des Verbots war, dass die Jungs in die f<0x00FC>r die M<0x00E4>dchen reservierten R<0x00E4>ume gehen d<0x00FC>rfen (oder so <0x00E4>hnlich). Dann gab es die vom Wochenmagazin der <0x00E4>u<0x00DF>ersten Rechten, Minute, lancierte Pressekampagne gegen Cohn-Bendit, die vom <0x00BB>Juden Cohn-Bendit<0x00AB> sprach; die Humanit<0x00E9> sprach vom <0x00BB>deutschen Anarchisten<0x00AB>. Dieser Rotschopf war auf Anhieb zum Kumpel eines Gutteils der jungen Arbeiter geworden. Er war witzig, und das liebte man; er pfiff gerne auf die Moral und verspottete seine Widersacher; das gefiel uns gut. Eines Morgens Anfang Mai befand ich mich zuf<0x00E4>llig am Rand einer Demo von Gymnasiasten neben der Place de Clichy. Einige tausend Junge und sehr Junge von den Gymnasien der Umgebung schrien: <0x00BB>Wir sind alle deutsche Juden<0x00AB>. Ich erinnere mich genau.31 Meine Familie oder das Arbeitermilieu im allgemeinen war nicht ausgesprochen antisemitisch, aber <0x00FC>ber die Juden dachte man trotz allem das <0x00DC>bliche. Und was die Deutschen betrifft, so waren sie irgendwo in den K<0x00F6>pfen doch ein wenig die Erbfeinde. Die diesbez<0x00FC>gliche Propaganda der PCF von den <0x00BB>Revanchisten aus Bonn<0x00AB> und <0x00BB>Tod den Boches<0x00AB> vom Ende des 39-45er Kriegs war noch nicht weit weg: 20-22 Jahre, die Generation des <0x00BB>jedem sein Boche<0x00AB>, wie es die PCF bei der Befreiung gepredigt hatte, war noch da und sehr gegenw<0x00E4>rtig; und die PCF hatte einen mehrheitlichen Einfluss in der Arbeiterklasse (darauf komme ich noch zur<0x00FC>ck). Und angesichts der Tausenden und Abertausenden von Gymnasiasten, die aus Solidarit<0x00E4>t mit dem Rotschopf skandierten, dass sie alle deutsche Juden seien, und der roten und schwarzen Fahnen war der internationalis<0x00AD>ti<0x00AD>sche Antirassist, der ich im Herzen war, sprachlos, das war unglaublich! Seitdem ich denken konnte, hatte die PCF immer nur den dreifarbigen Lappen rausgeholt (so nannten die Genossen die Trikolore damals), nun aber kehrte das Rot massenhaft zur<0x00FC>ck, und das Schwarz der Anarchisten war auch da. Als ich wieder in der Fabrik war, hab ich den Kumpels in der Werkshalle erz<0x00E4>hlt, was ich gesehen hatte, so sehr war ich verbl<0x00FC>fft. Aber insgesamt waren die Geschichten der Studenten bei den Arbeitern in der Fabrik eher schlecht angesehen. Die PCF kn<0x00FC>ppelte auf die S<0x00F6>hne der Bourgeoisie ein, denen man das Studium bezahle usw., auf diese Linksradikalen, denen die Arbeiterklasse am Arsch vorbeigehe; und das zog; nur bei einem Teil der jungen Arbeiter nicht und nat<0x00FC>rlich bei unserer kleinen Truppe, die einige Monate zuvor aus der Gewerkschaft geworfen worden war und die sehr schnell gelernt hatte, die Stalinisten zu hassen. Aber wir hatten noch keinerlei Kontakt zu den Studenten und Gymnasiasten; es war uns nicht einmal in den Sinn gekommen, eine solche Verbindung herzustellen; so war das, und von Tag zu Tag wurden die Demos der Studenten immer mehr zum ersten Thema der Nachrichten, und die Propaganda der PCF gegen die Demonstranten wurde immer schmutziger gegen diese vom <0x00BB>Deutschen Cohn-Bendit<0x00AB> angef<0x00FC>hrten <0x00BB>Autoz<0x00FC>ndler<0x00AB>.32 Die <0x00FC>bergro<0x00DF>e Mehrheit der Arbeiter war den Studenten gegen<0x00FC>ber misstrauisch oder sogar feindselig; aber unter den J<0x00FC>ngeren konnte der eine oder andere gut wiedergeben, was sie wollten; wir erkannten uns mehr und mehr in den Studenten wieder, die Krawall machten, als in denen, die Galle <0x00FC>ber sie aussch<0x00FC>tteten. Und genau in der Woche vom 6. zum 10. Mai machten wir jeden Abend Krawall in Paris. Die Truppe von Genossen, die wir waren, ist komplett auf die Seite der Studenten <0x00FC>bergelaufen, aber wir waren sehr minorit<0x00E4>r; ein paar Dutzend, die sich kannten, das hie<0x00DF> vielleicht 100 in der ganzen Fabrik; und immer der propagandistischen Schlagkraft der PCF ausgesetzt, die ein Flugblatt nach dem anderen gegen die <0x00BB>Autoz<0x00FC>ndler<0x00AB> verteilte. Ich erinnere mich an einen Abend in jener Woche (ich erinnere mich sehr genau, denn es war die Woche, die mit der Barrikadennacht im Quartier Latin am 10. Mai endete, ), an dem ich ein Treffen mit den Genossen von der Voix Ouvri<0x00E8>re [Arbeiterstimme] hatte; ich habe ihnen erz<0x00E4>hlt, dass wir bei Alsthom ein Flugblatt machen und am Tor zusammen mit den Kumpeln aus der Werkstatt verteilen wollten. Die Genossen waren sehr skeptisch. Sie sp<0x00FC>rten noch nicht die heraufziehenden Umbruch; sicherlich waren sie mit dem Herzen auf der Seite der k<0x00E4>mpfenden Studenten, aber alle fragten sich, ob nicht meine optimistische Geistesverwandtschaft mit den Studenten dazu gef<0x00FC>hrt hatte, die M<0x00F6>glichkeiten zur Intervention zu <0x00FC>bersch<0x00E4>tzen... und ob man nicht vorsichtig sein m<0x00FC>sse. Schlie<0x00DF>lich wurde das Flugblatt am Donnerstag, 9. Mai am Fabriktor bei Alsthom von neun Arbeitern verteilt. Ich erinnere mich an die <0x00DC>berschrift <0x00BB>Nieder mit den Bullen, ein Hoch auf die Studenten!<0x00AB> und an die Unterschrift <0x00BB>Junge Arbeiter von Alsthom Saint-Ouen<0x00AB>. Die PCF und die CGT waren gr<0x00FC>n vor Wut, und unsere kleine Bande von Kollegen war sehr stolz auf ihren Coup. Das war kurz vor den Tagen, als junge Maoisten rund um die Fabrik und in den Caf<0x00E9>s am Rathaus von Saint-Ouen auftauchten, dem Stil nach waren sie wohl von Dem Volke dienen. Sie waren sehr sympathisch und alles andere als Dummk<0x00F6>pfe. Und sehr schnell haben die Arbeiter aus der Fabrik, die ihnen begegnet waren, sie zu mir geschickt. Wir diskutierten nicht schlecht, auch sie fanden, dass man nur in der Arbeiterklasse lernen kann. Es gab einige Aktivisten, die seit Jahren gegen die Gewerkschaftsb<0x00FC>rokratie und f<0x00FC>r die Revolution k<0x00E4>mpften, nur: sie waren f<0x00FC>r Stalin und Mao, und das konnte der junge Alte, der ich schon war (mit 25 ist man f<0x00FC>r die 20-j<0x00E4>hrigen und J<0x00FC>ngeren schon alt) nicht schlucken. Trotzdem sind wir mit denen gute Freunde geblieben, sie waren schlie<0x00DF>lich die ersten, die zur Fabrik gekommen waren. Das war nicht mehr der Fall mit den verschiedenen Gruppen, die nach dem Kampf (nach dem Streik) zu Alsthom kamen. Aber das ist eine andere Geschichte. Nachdem wir unser Flugblatt vor dem Tor verteilt hatten, bekamen wir sofort Kontakt zu anderen jungen Arbeitern am anderen Ende der Fabrik, in der gro<0x00DF>en Kesselschmiede. Wir kannten uns vorher nicht. Ich schreibe das, damit die GenossInnen heute begreifen, wie rasch sich damals die Situation entwickelt hat. Das sind die Kumpels, auf die ich gleich zur<0x00FC>ckkommen werde, denn sie haben nicht einmal eine Woche sp<0x00E4>ter den Streik ausgel<0x00F6>st. An demselben Donnerstag und Freitag haben auch einige <0x00BB>Alte<0x00AB> ihre Sympathie bekundet, mehr weil sie die Studenten ein wenig bewunderten, die gegen die CRS k<0x00E4>mpften, als uns gegen die Stalinisten zu unterst<0x00FC>tzen. Obwohl diese einen gewichtigen Einfluss auf die Arbeiterklasse hatten, gab es doch Alte, die sie aus der unmittelbaren Nachkriegszeit souver<0x00E4>n verabscheuten und die uns mutig fanden, dass wir deren Diktatur nicht nachgaben. An jenem Tag hat mir auch ein Dreher, der seit Kriegsende da war, erz<0x00E4>hlt, wie es zuging, als dieser Croizat33 Arbeitsminister war. <0x00BB>Die Jungs von der PCF stachelten dazu auf, die Produktivit<0x00E4>tsrekorde zu brechen.<0x00AB> <0x00BB>Wir arbeiteten sechs Tage in der Woche, zw<0x00F6>lf Stunden am Tag, mit einer Unterbrechung von eineinhalb Stunden, um eine Stunde schlafen zu k<0x00F6>nnen. Wir schliefen zwischen den Maschinen.<0x00AB> Und ein anderer Arbeiter aus seiner Generation lie<0x00DF> zum ersten Mal heraus: <0x00BB>...dieses Arschloch von Thorez34 sagte <0x203A><0x00C4>rmel hochkrempeln<0x2039>, und seither haben wir sie nicht mehr runtergekrempelt.<0x00AB> Er ist sp<0x00E4>ter ein guter Kumpel geworden; aber damals hatte er noch nicht mit den Roten gebrochen. Die Barrikadennacht Am Freitag, den 10. Mai hingen alle, die die Stellung hielten, die ganze Nacht <0x00FC>ber am Radio. Es gab eine Direktschaltung aus dem Quartier Latin, wo es einen Kampf zwischen CRS und Studenten gab. <0x00DC>ber diese Episode ist schon alles gesagt worden; unn<0x00F6>tig, sie nochmal erz<0x00E4>hlen. Ich f<0x00FC>r meinen Part habe erst am Tag danach durch meine Kumpels und die Zeitungen davon erfahren. Aber am Samstag, den 11. Mai war offensichtlich, dass sehr viele Arbeiter die Nacht durch Radio geh<0x00F6>rt hatten. Ich habe nie erfahren, ob Arbeiter aus dem Betrieb sich auf den Barrikaden getroffen hatten; die Ereignisse folgten so schnell aufeinander, dass niemand sich die Zeit nahm, sowas rauszukriegen, aber soviel ist sicher: Junge aus dem Arbeitermilieu waren hingegangen, um zu k<0x00E4>mpfen, als sie erfuhren, was los war. Die gro<0x00DF>e Masse der Arbeiter hatte nun direkte Informationen <0x00FC>ber den Kampf, diesmal hatten die Studenten wirklich hart gek<0x00E4>mpft, und die CRS waren nicht zwangsl<0x00E4>ufig obenauf geblieben, sie hatten Federn gelassen. Sogar die am wenigsten revolution<0x00E4>ren Arbeiter dieser Jahre hatten kein Herz f<0x00FC>r die Bullen, und einer, der gegen die Bullen k<0x00E4>mpfte, konnte nicht wirklich schlecht sein. Seit Samstag Mittag wusste man <0x2013> wieder aus dem Radio <0x2013> , dass die CGT zum 24-st<0x00FC>ndigen Generalstreik f<0x00FC>r Montag, den 13. Mai aufrief. Der Betrieb war an diesem Samstag geschlossen. Es gab praktisch keinen Kontakt untereinander. Man hatte keine andere Wahl, als den Montag abzuwarten. Viele <0x00BB>Zeitzeugen<0x00AB> der Verhandlungen zwischen CGT, CFDT und FO, in denen die Entscheidung zum Streikaufruf am 13. Mai getroffen wurden, haben von den Mauscheleien zwischen Gewerkschaften berichtet. Ich wei<0x00DF> absolut nichts dar<0x00FC>ber und habe wie alle Arbeiter nichts dar<0x00FC>ber erfahren. Und ich behaupte noch immer, dass das von keinerlei Interesse ist. Sp<0x00E4>ter haben Historiker eine Verbindung hergestellt zu den geplanten gewerkschaftlichen Aktionen gegen die Verordnungen zur Sozialversicherung.35 Meiner Erinnerung nach <0x2013> und die ist perfekt f<0x00FC>r diese Zeit, in der alles umst<0x00FC>rzte <0x2013> hatte das keinerlei Bedeutung. Vielleicht in den gewerkschaftlichen Milieus, aber nicht f<0x00FC>r die Arbeiter, und da ich keinerlei Kontakt zum gewerkschaftlichen Sumpf hatte, ... erinnere ich mich nicht daran. Um wirklich zu begreifen, was da vor sich ging, muss man wissen, welche politische Rolle die PCF damals spielte, die <0x2013> erinnern wir uns <0x2013> <0x00FC>ber die CGT noch gro<0x00DF>en Einfluss auf die Arbeiterklasse hatte. Bei Alsthom beispielsweise hatte es bis Ende 1967, als das erste Flugblatt der Gruppe Arbeiterstimme erschien und ein Dutzend junger Arbeiter aus der CGT ausgeschlossen und von ihren Funktionen entbunden wurden, nie eine andere gewerkschaftliche oder politische Gruppierung gegeben als die PCF und CGT. Dieser organisatorische Einfluss der PCF auf die Arbeiterklasse hatte zwei Konsequenzen: zum einen besa<0x00DF> sie eine <0x00E4>u<0x00DF>erste Sensibilit<0x00E4>t gegen<0x00FC>ber der Bewusstseinsentwicklung im Proletariat und war folglich als einzige politische Kraft in der Lage, einen eventuell gestiegenen Kampfgeist der Arbeiter einzud<0x00E4>mmen. Ein gewichtiges Argument, um sich dem Staat und der Bourgeoisie als unumg<0x00E4>nglichen Vermittler aufzudr<0x00E4>ngen, trotz der Bindungen an die UdSSR. Aber um diesen Einfluss auf die Arbeiterklasse zu behalten, durfte sich die PCF36 nie <0x00FC>berrennen lassen. Dies war das bestimmende Element in ihrer Politik, als sie f<0x00FC>r Montag, den 13. Mai zum Generalstreik aufrief. Die F<0x00FC>hrungsebene hatte den Wind gesp<0x00FC>rt und beschlossen, die Initiative zu ergreifen, um eine eventuelle Reaktion der Arbeiterklasse zu <0x00BB>umarmen<0x00AB>. Nachdem die PCF wochenlang ihre Propaganda gegen die Studenten und die Linksradikalen ausgesch<0x00FC>ttet hatte, konnte niemand in der aufgekl<0x00E4>rten Bourgeoisie sie beschuldigen, Initiator gewesen zu sein. Sie ging keinerlei Risiko ein, als sie die Initiative ergriff, und der Staat wusste recht gut, bis wohin sie zu gehen bereit war. Am 13. Mai trafen wir uns zu zwanzigst am Fabriktor, der Gewerkschaftsapparat auf der einen Seite und einige Kumpels auf der anderen. Niemand wusste, was nun geschehen sollte. W<0x00FC>rde es einen Streik geben? Einen massenhaften oder nicht? Wir wussten nichts. Alles war am Wochenende ohne die Arbeiter der Fabrik entschieden worden. Einige Arbeiter gingen wie immer hinein. Wie viele? Keine Ahnung. Vielleicht die H<0x00E4>lfte, nicht mehr. Aber die anderen waren nicht da, sie waren zu Hause geblieben, und wir waren nur ein paar Dutzend Aktivisten vor dem Tor. Nicht sehr lange <0x00FC>brigens, denn es gab rasch Spannungen zwischen uns und den Stalinisten, und wenn die Arbeiter nicht da waren, machte man da keine Stiche. Am Vormittag trafen wir uns mit den Genossen von der <0x00BB>Arbeiterstimme<0x00AB> aus anderen Betrieben, um Bilanz zu ziehen. Dort war es genauso gelaufen. Der Generalstreik war kein Fehlschlag <0x2013> soweit man dies beurteilen konnte, denn wir waren nur eine kleine Gruppe, aber es gab keine Euphorie. Nun ging es darum, was wir auf der Demonstration am Nachmittag machen wollten. Wir wussten absolut nicht, ob die Masse der Arbeiter dorthin kommen w<0x00FC>rde. Wir hatten ein Plakat vorbereitet <0x00BB>Zehn Jahre sind genug. Herzlichen Gl<0x00FC>ckwunsch, Herr General!<0x00AB>37 Ohne Unterschrift. Und Trageschilder zum Bekleben. Wir waren uns so unsicher <0x00FC>ber die Beteiligung der Arbeiter an der Demo am Nachmittag, dass wir beschlossen, die Plakate noch nicht auf die Schilder zu kleben. Wir wollten vor Ort das Kr<0x00E4>fteverh<0x00E4>ltnis mit den Stalinisten sehen und dann entscheiden, ob wir Chancen hatten, uns durchzusetzen oder nicht. Zum besseren Verst<0x00E4>ndnis muss man erkl<0x00E4>ren, dass die kleine Gruppe von Genossen der Arbeiterstimme sich seit Jahren auf praktisch allen Demos mit den Schl<0x00E4>gern von der PCF pr<0x00FC>gelte. Das ging von einer organisierten Rempelei bis zum freien auf die Fresse Schlagen, die PCF vertrug es nicht, dass irgendjemand links von ihr im Namen des Kommunismus auftrat, und da wir unsererseits uns nicht niedermachen lassen wollten, kam es sehr schnell zu Schl<0x00E4>gereien; sei es am Fabriktor oder auf den Demos. Ein paar Stunden vor dieser Versammlung am 13. Mai wussten wir nicht <0x2013> niemand wusste das <0x2013> , ob die Arbeiter kommen w<0x00FC>rden und in welcher St<0x00E4>rke. An diesem Nachmittag ist auf dem Place de la R<0x00E9>publique eine kompakte Masse von ProlerarierInnen aus den Vororten nach Paris hinaufgezogen, offensichtlich war ein Gutteil der ArbeiterInnen, die mehrheitlich morgens gestreikt hatten, ohne sich in der Fabrik aufzuhalten, bei dem Aufmarsch am Nachmittag dabei. Es war gewaltig. Selbstverst<0x00E4>ndlich haben wir unsere Transparente entfaltet, und sie ertranken in den hunderttausenden von Demonstranten. Es gibt Zeichen, die einen bei Demos nie t<0x00E4>uschen. Wenn es alle f<0x00FC>nf Meter ein Spruchband gibt, hei<0x00DF>t dies, dass die Masse der ArbeiterInnen nicht da ist, im Gegenteil. Wenn man sehr wenige oder <0x00FC>berhaupt keine Transparente sieht, und das war der Fall, dann hei<0x00DF>t das, dass die Masse der Arbeiter<0x00AD>Innen da ist. Eine wahrhaft riesige menschliche Masse, ihre allgemeine Haltung war der unumst<0x00F6><0x00DF>liche Beweis, dass die ProletarierInnen da waren, die nur in Ausnahmef<0x00E4>llen oder nie auf die Stra<0x00DF>e gehen. Da wurde nicht gelacht oder gesungen, man war hier, weil das eine ernste Sache war. Aus dem Innersten des Arbeiterbewusstseins war die Notwendigkeit hochgekommen, hier zu sein... Wie viele es waren? Einige hunderttausend sicherlich. Zahlen von 500<0x2009>000 oder einer Million wurden aufgebracht, aber das ist ohne Bedeutung. Die Masse der ArbeiterInnen aus der Pariser Region war gekommen und sie hatte einen wirklich wahrnehmbaren Gedanken im Kopf: zwischen de Gaulle und der CRS auf der einen Seite und den linksradikalen Studenten auf der anderen war die Entscheidung klar. Die Demonstration von Alsthom An diesem Tag bin ich zu Fu<0x00DF> <0x00FC>ber den Boulevard Magenta zur Demo gegangen, es fuhren ja kaum Busse und Bahnen. <0x00DC>berall waren Massen von ArbeiterInnen. Ringsum den Ostbahnhof und den Nordbahnhof konnte man glauben, die Demonstration h<0x00E4>tte schon begonnen. Ein massiver Strom marschierte auf den Place de la R<0x00E9>publique zu. Auf den anderen Achsen, die auf diesen Platz zulaufen, war es genauso. Wir von der Alsthom-Gruppe trafen uns auf der Demonstration. Vorn ging ein kr<0x00E4>ftig gebauter Genosse, der eine sehr gro<0x00DF>e rote Fahne trug. Wir nahmen die gesamte Breite der Allee ein. In der ersten Reihe gingen etwa 40 Kumpels aus der Fabrik und dahinter hatten sich sehr schnell zahlreiche Demonstranten eingereiht. Auf dem Place St-Michel bildeten wir einen kompakte Block, die Leute fragten uns: <0x00BB>Wer seid Ihr?<0x00AB> (wir hatten keine Transparente, nichts) und wir antworteten pauschal: <0x00BB>Die Linksradikalen von Alsthom St-Ouen<0x00AB>. Das stimmte nur f<0x00FC>r die erste Reihe, nicht aber f<0x00FC>r die Tausende dahinter... Sehr gut gefiel den Genossen, <0x00BB>ein Dutzend Tollw<0x00FC>tige<0x00AB> zu skandieren und dabei die H<0x00E4>nde mit gespreizten Fingern nach vorn zu strecken. Das war die Reaktion auf ich wei<0x00DF> nicht mehr welchen Politiker, der in bezug auf die Studenten von Nanterre von einem Dutzend Tollw<0x00FC>tiger gesprochen hatte. Bis Denfert demonstrierten nur die Mutigsten, denn <0x00FC>berall waren Menschenmassen; eine Menge Leute ist nie am Ziel angelangt, so viele waren unterwegs. Dem Streik entgegen Am Tag darauf, also am 14. Mai, war eine ganz besondere Stimmung im Betrieb. Mein Leben lang habe ich nichts Gleichartiges mehr erlebt. Man arbeitete <0x00BB>artig<0x00AB>, sagen wir, aber alle dachten, dass etwas passieren w<0x00FC>rde. Es gab keine Euphorie, niemand sagte: <0x00BB>Los geht<0x2019>s!<0x00AB>, aber alle Gespr<0x00E4>che kreisten um die Demonstration vom Vortag. Eine ganze Anzahl von Arbeitern aus dem Betrieb war dort gewesen, einzeln (deshalb waren die Streikenden morgens nicht in den Betrieb gekommen). In der Werkstatt herrschte eine Atmosph<0x00E4>re von aufrichtiger Kameradschaft. Ohne Emphase kann ich sagen, dass die Arbeiterklasse als solche an die Oberfl<0x00E4>che kam. Am Abend diskutierte ich mit zwei studentischen Genossen der Gruppe Arbeiterstimme, die sich als Externe um den Betrieb k<0x00FC>mmerten. Ich sagte, mir sei bewusst geworden, dass wir loslegen m<0x00FC>ssen. Wir beschlossen dann, dass ich die Initiative ergreifen sollte, um am n<0x00E4>chsten Abend eine Versammlung mit den bewussten Arbeitern zu organisieren. Folglich machte ich am Mittwoch, den 15. Mai sofort die Runde zu den Jungs, auf die man z<0x00E4>hlen konnte, um die Versammlung nach Feierabend zu organisieren. Wo, wussten wir noch nicht; vielleicht im Schlosspark oder am Rathausplatz, man w<0x00FC>rde sehen. Einige, vielleicht ein Dutzend haben sich dann abgestrampelt und mit dem Mund am Ohr die Jungs gefragt, ob sie denn am Abend kommen w<0x00FC>rden. Das war nicht sehr begeisternd, bestenfalls sagten einige Jungs ja. Aber w<0x00E4>hrend des Vormittags hat der Gewerkschaftsapparat Wind von der Sache bekommen und nach dem Mittagessen rief ein Flugblatt der CGT alle Mitglieder zu einer Versammlung am Abend im Gewerkschaftshaus auf. Das ging unter den paar Arbeitern, die uns zugesagt hatten, rum, und da wir am Vorabend vorausgesehen hatten, dass die PCF reagieren w<0x00FC>rde, hatten wir vorsichtshalber vereinbart, dass ein Megaphon zum Fabriktor gebracht w<0x00FC>rde, um auf alle Eventualit<0x00E4>ten eingerichtet zu sein. Dort haben sie dann die Arbeiter, die rausgingen, aufgefordert, zum Gewerkschaftshaus zu gehen, denn die CGT organisierte eine Versammlung, da gehen wir hin und diskutieren. Im Gewerkschaftshaus von St-Ouen hatte die PCF alles an treuen Gefolgsleuten versammelt, was sie im Betrieb finden konnte. Aus dem Stand hatten sie innerhalb von drei Stunden gut 40 Leute zusammen. Wir waren acht; zwei Kumpels hatten nicht zu <0x00BB>dem Gewerkschaftsding<0x00AB> kommen wollen. Wir durften ein Referat des Gewerkschaftssekret<0x00E4>rs anh<0x00F6>ren, dass die Gesch<0x00E4>ftsstelle eine zweist<0x00FC>ndige Arbeitsniederlegung vorbereitete, um <0x00BB>die Forderungsaktion wieder in Gang zu setzen<0x00AB> usw. (So haben die damals geredet!) Sobald es eine Gespr<0x00E4>chsl<0x00FC>cke gab, habe ich das vom Tisch gewischt. Ich erinnere mich ungef<0x00E4>hr an die Worte, die ich gebrauchte: <0x00BB>Ihr seid wirklich Nullen und Ihr werdet niemals etwas begreifen, es geht nicht um zweist<0x00FC>ndige Arbeitsniederlegungen, man muss den Kampf organisieren, die Fabrik besetzen und die rote Fahne raush<0x00E4>ngen, und und und.<0x00AB> Stimmengewirr. Und weil wir nicht die Absicht hatten, uns noch einmal auseinander<0x00AD>nehmen zu lassen, gingen wir raus und organisierten unseren Coup. Wir waren zu acht. Eine Stunde brauchten wir, um den Schlachtplan aufzustellen: Ziel war Streik und Besetzung. Sofort nach Arbeitsbeginn mussten wir <0x00FC>berall hingehen, wo wir konnten, und zu einer Versammlung um 10 Uhr aufrufen. Auf zwei von vier Werkst<0x00E4>tten konnten wir setzen: auf die gro<0x00DF>e Kesselschmiede und den Schalterbau, dort wo wir Jungs hatten, wenn es los ging. Die anderen Werkst<0x00E4>tten w<0x00FC>rden folgen. Ich bestand mehr aus Vernunft auf dem wenigen, was ich von Pierre Bois<0x2019> Ratschl<0x00E4>gen einige Jahre zuvor behalten hatte: Man muss auf jeden Fall <0x00FC>ber den Streik abstimmen lassen; man muss ein Streikkomitee ohne die Gewerkschaft organisieren; die wirklich repr<0x00E4>sentativen Jungs hineinnehmen und mit ihnen die Einsatzleitung <0x00FC>bernehmen. Wenn Jungs aus der Gewerkschaft wollen, einverstanden, aber ebenso viele Vertreter der Streikenden wie Gewerkschaftsvertreter; auf der Basis ein Streikender = eine Stimme; und das Streikkomitee w<0x00E4>hlen lassen; gut erkl<0x00E4>ren, dass nur die Streikversammlung die Richtung bestimmen kann; die Mitglieder des Streikkomitees sollen die Umsetzung der Beschl<0x00FC>sse organisieren. usw. Die anderen Jungs verstanden (in solchen Situationen versteht man schnell). Wir waren alle auf einer Wellenl<0x00E4>nge, ich war 25 und damit der <0x00E4>lteste der Bande. Keiner von uns hatte je einen Streik losgetreten. Und dann gingen wir zu viert zur Sorbonne, zu diesen kaputten Linksradikalen, so nannten uns alle im Betrieb; um zu wissen, wer die waren. Wir gingen <0x00FC>ber die Place Paul Painlev<0x00E9> in die Sorbonne rein. Wir wussten nicht einmal, dass der Haupteingang auf der anderen Seite war, unn<0x00F6>tig zu sagen, dass keiner von uns jemals die T<0x00FC>r einer Uni durchschritten hatte! Wir waren tief beeindruckt von dem schlossartigen Bauwerk. <0x00DC>berall herrschte ein fr<0x00F6>hlicher Saustall. Die Statue eines Typen im Hof war mit roten und schwarzen Fahnen bedeckt ... Wir waren so was wie Erdbewohner, die auf einem anderen Planeten landeten. Die einzigen, die wir vor Ort antrafen, waren entweder Leute von der PSU, oder Maoisten in allen Ausf<0x00FC>hrungen, oder Anarchos. Die Maoisten gefielen uns nicht wegen ihres Stalins, wir verstanden nicht, dass es Revolution<0x00E4>re gab, die sich auf den Totengr<0x00E4>ber der Revolution beriefen. Mit den Leuten von der PSU haben wir ein wenig diskutiert. Dar<0x00FC>ber, was in der Fabrik vorging, dar<0x00FC>ber, was wir vorhatten, aber wir sind nicht bei denen h<0x00E4>ngen geblieben. Zustimmung gefunden h<0x00E4>tte die Gruppe von Arbeiterstimme, dar<0x00FC>ber hatte ich mit meinen Kumpels gesprochen, aber die Arbeiterstimme hatte damals keine Organisation an den Unis, sie war ausschlie<0x00DF>lich auf die Arbeiterklasse und die Fabriken ausgerichtet; was nebenbei gesagt dazu f<0x00FC>hrte, dass sie komplett neben der Spur war, was das Verst<0x00E4>ndnis der studentischen Protestbewegung von 1968 betrifft. Der studentische Protest, vor allem diejenigen, die in Nanterre und anderswo an der Spitze standen, war sehr politisch und keineswegs korporatistisch, denn sie stellten die Hierarchie derjenigen in Frage, die die Arbeiter beherrschten usw. ... alles grundlegende Dinge, wenn man die kapitalistische Gesellschaft angreifen will. Man kann die Geschichte nicht ver<0x00E4>ndern, so war es halt: die Gruppe Arbeiterstimme, bei der ich organisiert war, hatte nichts verstanden. Und dann wurden wir langsam m<0x00FC>de; am n<0x00E4>chsten Morgen mussten wir fit sein. Einmal sollten alle p<0x00FC>nktlich sein. Am Ende gingen alle schlafen. Ich habe glaube ich in jener Nacht wach gelegen. Mir gingen all die Jungs, die ich kannte, durch den Kopf: jene, die ohne weiteres <0x00BB>daf<0x00FC>r<0x00AB> waren; sich beeilten, die anderen zu treffen; diejenigen, die dem Gewerkschaftsapparat nahe standen. F<0x00FC>r Diskussionen war keine Zeit. Es ging nur darum, auf wen man sich verlassen konnte und wem man nicht trauen konnte. Wir w<0x00FC>rden loslegen, das war sicher. Am Morgen steckte ich die gro<0x00DF>e rote Fahne in die Umh<0x00E4>ngetasche und los ging<0x2019>s! Der 16. Mai Nachdem ich im Schalterbau die Runde gemacht hatte bei den 15 bis 20 Jungs, auf die man sich am meisten verlassen konnte, haben die Chefs gemerkt, dass was lief; wir mussten ein bisschen Verstecken spielen, denn angesichts der Umst<0x00E4>nde konnten wir uns nicht mit Einzelheiten aufhalten. <0x00BB>Versammlung um 10 im Umkleideraum, und danach: bist du dabei?<0x00AB> <0x00BB>Mal sehen.<0x00AB> <0x00BB>Ja, okay!<0x00AB> Die Jungen waren mehrheitlich daf<0x00FC>r, und in einigen Bereichen in der Werkstatt <0x2013> in der Montage und bei der Verkabelung zum Beispiel <0x2013> war die Mehrheit unter 21. Alsthom Saint-Ouen war ein Schuppen, wo man derma<0x00DF>en schlecht verdiente, dass sich nur Junge einstellen lie<0x00DF>en, mit einer au<0x00DF>erordentlich hohen Fluktuation. Bis sie was anderes fanden, dann hauten sie ab; einige von ihnen kamen nicht einmal zur<0x00FC>ck, um den restlichen Lohn abzuholen. Unter den <0x00C4>lteren war es sehr viel knapper; einige glaubten nicht daran; die dem Gewerkschaftsapparat nahe standen, wollten nicht mitmachen oder gaben keine Antwort; andere wollten nur mitmachen, wenn es wirklich ernsthaft w<0x00E4>re, weil <0x00BB>Wei<0x00DF>t Du, das ist nicht leicht<0x00AB>, einige der sch<0x00E4>rfsten Antistalinisten konnten wir mit der Idee eines Streikkomitees gewinnen. Wir diskutierten, alle diskutieren, ich kann mich insbesondere an eine <0x00E4>ltere Frau erinnern (es gab nur sechs Frauen in der Werkshalle), die den Br<0x00FC>ckenkran bediente. Ich ging dort hin und gab ihr ein Zeichen, dass sie mir das Hubseil runterl<0x00E4>sst. Ich kritzelte auf ein Papier: <0x00BB>Wir treffen uns alle um 10<0x00AB>. Sie lie<0x00DF> mir das Papier wieder runter: <0x00BB>Wird es einen Streik geben?<0x00AB> Ich nickte mit dem Kopf: <0x00BB>Wirst du kommen?<0x00AB> Sie nickte mit dem Kopf. Ich hatte niemals Gelegenheit, mit ihr <0x00FC>ber ihre Gr<0x00FC>nde zu diskutieren. Bis dahin hatte diese Frau nie an etwas teilgenommen, sei es an einer Arbeitsniederlegung oder einer Versammlung. Aber in diesen Tagen war sie f<0x00FC>r den Streik. Um 10 Uhr stand die Abteilung komplett still. Ein Teil der Arbeiter hatte sich in Luft aufgel<0x00F6>st, diejenigen, die weder daf<0x00FC>r noch dagegen waren, ein Drittel vielleicht. Die anderen hatten sich in den Umkleider<0x00E4>umen versammelt. Alle, die <0x00BB>dagegen<0x00AB> waren, waren da, der CGT-Apparat war vollz<0x00E4>hlig angetreten. Man diskutierte, <0x00FC>brigens nicht sehr viel; ich hab dann die Initiative ergriffen: <0x00BB>Die Studenten machen Krawall, wir m<0x00FC>ssen das f<0x00FC>r uns Arbeiter ausnutzen.<0x00AB> usw. Wortmeldungen von Seiten der CGT, nicht b<0x00F6>sartig, sondern sie spielten Feuerl<0x00F6>scher: <0x00BB>Nicht alles auf einmal!<0x00AB>, <0x00BB>sparsam mit unseren Kr<0x00E4>ften umgehen<0x00AB> usw. Man kennt das. Ich habe dann abstimmen lassen: <0x00BB>Wer f<0x00FC>r die Fabrikbesetzung ist, hierhin<0x00AB>, und machte eine gro<0x00DF>e Armbewegung zur linken Seite. <0x00BB>Wer dagegen ist, dorthin<0x00AB>, mit derselben Geste nach rechts. Z<0x00F6>gern, Diskussionen im Nahkampf <0x00BB>Aber ja! wir m<0x00FC>ssen dort hin<0x00AB>, <0x00BB>Komm mit uns<0x00AB>, <0x00BB>Schei<0x00DF>e, man muss wissen, was man will<0x00AB>, und nach einigen Minuten hatten sich die beiden Bl<0x00F6>cke aufgestellt. Keine einzige Enthaltung; wir z<0x00E4>hlten 76 f<0x00FC>r die Fabrikbesetzung, 78 dagegen (darunter ausnahmslos der gesamte Gewerkschaftsapparat). Ein junger Kumpel fl<0x00FC>sterte mir ins Ohr: <0x00BB>Wir machen es trotzdem, oder?<0x00AB> <0x00BB>Klar doch, mach Dir keine Sorgen!<0x00AB> Ich verk<0x00FC>ndete dann, dass es eine weitere Versammlung wie die unsrige in den anderen Werkst<0x00E4>tten gegeben h<0x00E4>tte und dass wir uns deshalb nach dem Essen (das war zwischen 11 und 11 Uhr 30) mit dem Rest des Betriebes treffen w<0x00FC>rden. Bemerkenswerterweise, und das hatte ich w<0x00E4>hrend des Coups gar nicht bemerkt, wurde nicht einmal diskutiert, ob wir streiken oder nicht. Wir haben direkt <0x00FC>ber die Besetzung diskutiert und abgestimmt. Denn offensichtlich waren wir schon im Streik. Alle Werkzeugkisten waren verschlossen, die Maschinen angehalten. Wir waren im Streik. Niemand, weder wir noch die anderen sprachen von Forderungen, darum sorgte sich kein Mensch. Ich verlie<0x00DF> die Genossen vom Schalterbau und sauste zur Kesselschmiede, die andere Werkstatt, wo man loslegen musste. Die Werkshalle war vollkommen leer, nicht die kleinste Menschenansammlung, nicht einmal ein Schnurren der Schwei<0x00DF>station war zu h<0x00F6>ren. In der Tat hatten unsere Jungs, trotz aller guten Pl<0x00E4>ne vom Vorabend, nach der Fr<0x00FC>hst<0x00FC>ckspause den Streik ausgel<0x00F6>st. Ohne Versammlung oder Abstimmung, nichts, sie waren Box f<0x00FC>r Box abgeschritten und hatten die Werkstatt zum Streik gebracht mit den <0x00FC>blichen Argumenten, dass die proletarische Moral endlich noch einmal Stil beweisen m<0x00FC>sse: <0x00BB>Wenn, dann jetzt!<0x00AB> Das hatte gewirkt. Die Jungs von der Gewerkschaft waren gefolgt. Es war eine Werkstatt, in der viele Mitglieder der PCF waren, aber sie hatten sehr viel weniger mit der offiziellen Politik des Verrats zu tun, obwohl sie ganz geh<0x00F6>rig gegen die Linksradikalen angingen. Ein unterer Vorgesetzter war da und sagte mir, dass die Streikenden zu den Montageb<0x00FC>hnen f<0x00FC>r die Spulen gegangen w<0x00E4>ren. Das war der korporatistischste Bereich der ganzen Fabrik. Wir hatten keinerlei Kontakte dorthin, und die Jungs waren sehr von ihrem K<0x00F6>nnen <0x00FC>berzeugt. Wie w<0x00FC>rden die reagieren? Auch dort stand die Werkstatt still, aber ein paar Leute waren dort. Der Vormittag war tats<0x00E4>chlich so schnell vergangen, dass alle schon in der Kantine oder auf dem Weg nach Hause waren. In der Kantine gab es ein entsetzliches Stimmengewirr. Man hatte den Eindruck, dass alle zur gleichen Zeit etwas zu sagen hatte. Der gesamte Gewerkschaftsapparat im weiteren Sinn war anwesend. Unsere Truppe auch. Die Kumpels waren vergn<0x00FC>gt. Wir gingen <0x00FC>berall rum und sagten, dass sich nach dem Essen alle Werkst<0x00E4>tten vor dem Zentrallager versammeln. Auf dieser Vollversammlung hat dann die F<0x00FC>hrungsebene der PCF die Sache in die Hand genommen. Sie best<0x00E4>tigte ohne Diskussion den Streik. Sie verk<0x00FC>ndete die Besetzung der Fabrik und forderte dazu auf, ein Streikkomitee zu bilden, das zur H<0x00E4>lfte aus Vertretern der Gewerkschaft und zur H<0x00E4>lfte aus Arbeitern aus den Werkst<0x00E4>tten bestehen sollte. Ich begann zu erkl<0x00E4>ren, dass das nicht einfach so liefe, aber sie sind mir nicht gefolgt. Es herrschte Euphorie, und sogar ein Teil der Jungen, die sich uns am Morgen angen<0x00E4>hert hatten, verstand nicht, warum ich an der Zusammensetzung des Streikkomitees herumn<0x00F6>rgeln wollte. Wir waren im Streik, die Fabrik war besetzt, es lief doch alles... Soweit man das nach dem Ende des Streiks beurteilen kann, waren die Streikkomitees <0x00FC>berall so. Ein Mittel f<0x00FC>r die Gewerkschaften, alle zu umarmen und ihre Vorherrschaft abzusichern; und <0x00FC>berall waren sie tats<0x00E4>chlich nur Mittel, um die Gewerkschaftspolitik durchzusetzen. Nirgends waren sie ein Mittel zur autonomen Organisierung der ArbeiterInnen, um ihre Macht <0x00FC>ber ihren eigenen Streik auszu<0x00FC>ben. Es nannte sich <0x00BB>Streikkomitee<0x00AB> so wie Canada dry, es schmeckte nicht so, noch funktionierte es so. Es hie<0x00DF> <0x00BB>Streikkomitee<0x00AB>, aber es war ernannt und zwar ohne weitere Diskussion. So hatten an diesem Donnerstag, den 16. Mai 1968, um zwei, h<0x00F6>chstens drei Uhr die PCF und der Zentralapparat der PCF beschlossen, sich an die Spitze der Aktionen zu stellen, sich den Streiks nicht entgegenzustellen und sogar die Schleusen zu <0x00F6>ffnen. Was wir bei Alsthom gesehen und erlebt haben, geschah genauso am selben Tag zur selben Stunde in den ersten Fabriken, die losgelegt hatten, vor allem in der Banlieue von Paris. Die PCF und 1968 Man muss wissen <0x2013> und das k<0x00F6>nnen heute nur noch die <0x00E4>lteren Genossen bezeugen <0x2013> dass die PCF damals eine enorme Kampfmaschine war; die <0x00FC>berwiegende Mehrheit der Betriebsr<0x00E4>te war ihr fast hegemoniales Jagdquartier; alle Industrievororte der Gro<0x00DF>st<0x00E4>dte waren mit wenigen Ausnahmen in der Hand der PCF; wer sich noch daran erinnert, der G<0x00FC>rtel von Paris war gespickt mit Industrie; das war ihre Dom<0x00E4>ne; und der gewerkschaftspolitische Apparat hatte zwar einen Teil seines Hochmuts aus den Jahren 45-50 verloren, aber er war auch <0x00FC>berall in den Gro<0x00DF>betrieben einflussreich; und die z<0x00E4>hlten als Arbeiteravantgarde. Durch die st<0x00E4>ndige N<0x00E4>he ihres Apparats wusste die PCF zentral, direkt auf der Ebene des Politb<0x00FC>ros, was in der Arbeiterklasse vorging und konnte entsprechend Initiativen zu ergreifen. An diesem 16. Mai hatte die PCF auf h<0x00F6>chster Ebene entschieden, sich nicht von der Arbeiterwelle <0x00FC>berrollen zu lassen; gerade hatte sie im Studentenmilieu und bei den <0x00BB>Intellektuellen<0x00AB> allen Einfluss verloren; man wollte nicht dasselbe Missgeschick bei der Arbeiterklasse erleiden. Die PCF machte aus ihrem Herzen eine M<0x00F6>rdergrube und beschloss, sich <0x00FC>berall an die Spitze der Ereignisse zu stellen. Alsthom war weniger als hundert Meter vom Rathaus von Saint-Ouen entfernt, wo seit Jahren Etienne Fajon Abgeordneter und B<0x00FC>rgermeister war, im <0x00FC>brigen Direktor der Humanit<0x00E9>. Die politischen Milieus nannten ihn wohl zu Recht <0x00BB>das Auge Moskaus in Frankreich<0x00AB>! Es gab also auf h<0x00F6>chster Ebene eine unmittelbare Verbindung zum Apparat der PCF. Es ist au<0x00DF>erdem bekannt, dass die PCF auf der Ebene des Politb<0x00FC>ros eine direkte Verbindung zu Aktivisten in einem Dutzend gro<0x00DF>er proletarischer Konzentrationen des Landes hatte. Sorgf<0x00E4>ltig ausgesuchte Aktivisten, die manchmal nicht einmal den anderen Aktivisten im Betrieb bekannt waren, die oft keine gewerkschaftliche Funktion bekleideten (um sicherzustellen, dass sie nicht beeinflusst w<0x00FC>rden), die nur die Aufgabe hatten, das Politb<0x00FC>ro direkt <0x00FC>ber die Reaktionen in der Arbeiterklasse zu informieren. Alsthom geh<0x00F6>rte nicht zu diesem Dutzend von Betrieben, Renault Billancourt sehr wohl! Um auf den Streik zur<0x00FC>ckzukommen: am Donnerstag, den 16. Mai wussten wir nicht, dass die ArbeiterInnen von Sud-Aviation in Nantes seit dem 14. Mai im Besetzungs-Streik waren und dass Cl<0x00E9>on auch am 15. Mai losgemacht hatte. Wir hatten nur geh<0x00F6>rt, dass die NNMP in Paris im Streik w<0x00E4>ren. Wir waren <0x00FC>berzeugt, die ersten zu sein. <0x00BB>War die Perspektive der Generalstreik?<0x00AB> Sicherlich waren unter uns einige, die daf<0x00FC>r waren, aber wir haben nicht dar<0x00FC>ber nachgedacht, und das hat uns nicht einmal ber<0x00FC>hrt, also wie man dahin kommen k<0x00F6>nnte und wie sich das entwickeln k<0x00F6>nnte. In den darauffolgenden vier Tagen war der gro<0x00DF>e Mai 1968, den man ein wenig entmystifizieren muss, um die Dinge zu verstehen. Ich glaube mich zu erinnern, dass seit Freitag, 17. Mai der Apparat der PCF nach und nach die Kurve gekriegt hat, aber vor allem am darauffolgenden Montag hatte die Einflusspyramide Boden gewonnen; <0x00FC>berall waren CGT/PCF in der Initiative, vom gr<0x00F6><0x00DF>ten bis hin zum kleinsten Unternehmen; aus freien St<0x00FC>cken oder unter Zwang: <0x00FC>berall wurde gestreikt. Und in einer gro<0x00DF>en Zahl von Betrieben, auch den gro<0x00DF>en, befanden sich die Arbeiter<0x00AD>Innen auf einmal im Streik, den der Gewerkschaftsapparat proklamiert hatte. Ich glaube nicht, dass man Beispiele nennen k<0x00F6>nnte, wo die ArbeiterInnen sich gegen den Streik ausgesprochen haben. Denn sie waren massenhaft und <0x00FC>berall f<0x00FC>r den Streik; aber in der <0x00FC>berwiegenden Mehrheit der Betriebe hatte der Reifeprozess des Arbeiterbewusstseins, um zu einem wirklich effektiven Angriff auf das Unternehmersystem zu kommen, noch nicht angefangen oder er war erst in den Anf<0x00E4>ngen. Das ist wichtig, wenn man verstehen will, warum es 1968 kei<0x00AD>ne unabh<0x00E4>ngigen Organisationsformen der Arbeiterklasse gegeben hat. Von dem Augenblick an, da die PCF beschlossen hatte, die Schleusen zu <0x00F6>ffnen, war die CGT von einem Ende des Landes zum anderen Meisterin der Bewegung von A-Z und fast nirgends war sie <0x00FC>berrannt worden. An die Sitzungen des Streikkomitees bei Alsthom habe ich wenige genaue Erinnerungen. Ich erinnere mich nur an ein paar aufgeregte Episoden; <0x00FC>brigens haben ich und die mir am n<0x00E4>chsten stehenden Kumpels davon abgesehen, uns unabh<0x00E4>ngig zu organisieren. Die erste Entscheidung der PCF war, dass die Frauen abends die Fabrik verlassen m<0x00FC>ssen. Nachts keine Frauen (manchmal f<0x00FC>hren sich diese wilden Arbeiter wie Schweine auf!) Auf diesem Niveau behandelte die PCF 1968 die Frage der Frauenemanzipation. Und sofort die Tore schlie<0x00DF>en, Wachschutz (f<0x00FC>r den Fall, dass man uns die Fabrik klaut), Streikausweise, Stempel (des Betriebsrats, weil man keine anderen hatte!) und der ganze Aufbau eines gro<0x00DF>en b<0x00FC>rokratischen Apparats; kostenloses Kantinenessen f<0x00FC>r alle (das leitete der Betriebsrat). Abends sind ungef<0x00E4>hr 100-150 Arbeiter geblieben, darunter unsere kleine Truppe und der gesamte Gewerkschaftsapparat, und diese Zahl hat sich w<0x00E4>hrend des ganzen Streiks kaum ver<0x00E4>ndert; der Apparat kontrollierte alles.38 Aber tags<0x00FC>ber musste man die Kontrolle <0x00FC>ber die Fabrik <0x00FC>bernehmen. Ein Typ kam uns zuvor, als gegen 15 Uhr die beiden Direktoren und der Chef des Werkschutzes noch in der Fabrik waren. Wir sind also zu viert als Patrouille hin, um sie rauszuwerfen. Wir waren sofort flankiert von einem Verantwortlichen der Gewerkschaft. Wir trafen sie auf dem Weg zur Rue des Bateliers. Die Unterhaltung war kurz. Der Stalinist begann sich anzudienern: <0x00BB>Monsieur, ich informiere Sie...<0x00AB>, aber er hatte keine Zeit, seinen Satz zu beenden. Ein Genosse rief: <0x00BB>Seid Ihr die Direktoren?<0x00AB> (wir hatten sie noch nie gesehen), <0x00BB>Ihr habt f<0x00FC>nf Minuten Zeit, um Euch zu entfernen. Und den Werkschutzchef (den kannten wir) wollen wir auch nicht mehr sehen.<0x00AB> Vorher wandte sich noch einer der Direktoren an den Stalinisten und bat ihn, die Bewachung der elektrischen Schwei<0x00DF>station zuzusichern. Mit 25 die Direktoren aus der Fabrik zu werfen, das geh<0x00F6>rt zu den kleinen Vergn<0x00FC>gen, die man nicht verpassen sollte, wenn sie sich anbieten. Es war nichts Gro<0x00DF>artiges, aber immerhin. Etwas bewegter wurde eine Sitzung des <0x00BB>Streikkomitees<0x00AB>, als die PCF beschloss, die roten Fahnen an den Toren zu entfernen und den dreifarbigen Lappen an ihre Stelle zu h<0x00E4>ngen. Auch das geschah meiner Erinnerung nach in allen Betrieben am selben Tag; aber an vielen Orten wurde das Rot bis zum Schluss bewacht. Am n<0x00E4>chsten Morgen waren die Fahnen am Tor Richtung Rathausplatz ersetzt worden. Welche Anschei<0x00DF>ereien! Das dringlich zusammengerufene Streikkomitee brachte alle klassischen Argumente vor: <0x00BB>Wir sind Franzosen!<0x00AB> <0x00BB>Das ist eine revolution<0x00E4>re Fahne<0x00AB> <0x00BB>Das ist die Fahne der Versailler!<0x00AB> <0x00BB>Man darf die nicht schockieren, die nicht revolution<0x00E4>r sind.<0x00AB> <0x00BB>Du verwechselst das mit der Kaserne der CRS!<0x00AB> usw. Und einmal warf uns ein Stalinist entgegen, der au<0x00DF>erdem Gemeinderat in Fajon war: <0x00BB>Alle Symbole sind Interpretationssache. Eine rote Fahne macht man auch hinten an die LKWs, um vor Gefahren zu warnen.<0x00AB> Aber damals waren schon nur noch Stalinisten und wir in diesem <0x00BB>Streikkomitee<0x00AB>, denn so schnell, wie sie die Fabrik verlassen hatten, haben die ArbeiterInnen auch die Sitzungen <0x00BB>von Gewerkschaft und Streikkomitee<0x00AB> verlassen. Wir haben uns ein wenig gegenseitig aufgestachelt; ich ziehe die rote Fahne auf und du h<0x00E4>ngst wieder die andere auf .... wir h<0x00E4>ngen beide auf; als h<0x00E4>tte das nicht gehei<0x00DF>en: <0x00BB>Es lebe die Republik!<0x00AB> Auf der anderen Seite, an dem 27-Meter-Tor an der Rue des Bateliers, hing nie eine Trikolore. Eine Truppe von Jungs hatte das Tor <0x00FC>bernommen und daraus ihr Hauptquartier gemacht; Jungs aus der Kesselschmiede, der Spulenwicklerei, und diese kleine Bande war nicht schlecht. Dort waren die Arbeiter unter sich und akzeptierten deren Beschl<0x00FC>sse nicht. Da wurde gegrillt <0x2013> und das war ein bisschen sympathischer als das andere Tor, wo die Werkschutzh<0x00FC>tte von der PCF bewohnt wurde. Die Demonstrationen Sehr oft ging es abends in Paris ab; wir fuhren vom Betrieb aus mit dem Auto (wir hatten den Benzinvorrat der Fabrik requiriert) zu den Demos. Wenn die Stalinisten uns vorbeifahren sahen, waren sie gr<0x00FC>n vor Zorn. Wie viele wir waren? Das hing davon ab, wann wir schliefen. Manchmal nur ein Auto voll, aber wir sind auch mit bis zu 20 Leuten aus der Fabrik raus. Das begeisterte uns viel mehr, als die Fabrikmauern anzuschauen. Wenn wir dann gegen Morgen zur<0x00FC>ck kamen, brauchte es nat<0x00FC>rlich nicht viel, um uns zu reizen. Es ging gleich los mit Anschnauzereien. Zur selben Zeit, sagen wir in den ersten drei Wochen, wurden die Verbindungen nach au<0x00DF>en enger, vor allem zu einer Bande von Gentlemen, die nicht in der Fabrik arbeiteten, die wir bei den Linksradikalen aufgegabelt hatten: ein Sekret<0x00E4>r der Kommunistischen Jugend von Saint-Ouen und Genossen aus der Stadt, alles Leute aus St-Ouen, die mehr oder weniger zur Kommunistischen Jugend geh<0x00F6>rten oder dazu geh<0x00F6>rt hatten und im Mai 68 auf unsere Seite <0x00FC>bergewechselt waren. W<0x00E4>hrend im Betrieb zwischen PCF und uns bewaffneter Friede herrschte <0x2013> wenn sie sich mit uns h<0x00E4>tten pr<0x00FC>geln wollen, w<0x00E4>re das nicht einfach f<0x00FC>r sie gewesen <0x2013> war au<0x00DF>erhalb, in der Stadt, Krieg zwischen uns. Wir hatten einen Treffpunkt eingerichtet auf dem Rathausplatz vor der Banque de France (die sp<0x00E4>ter zum Gemeindezentrum geworden ist), und die Arbeiterstimme hatte ein Agitationsblatt f<0x00FC>r die Stadt herausgebracht, das wir auf den M<0x00E4>rkten und in den Sozialwohnungen verteilten. Aber auch dort war die Bev<0x00F6>lkerung im weitesten Sinn nicht bereit, sich zu beteiligen. Als wir die Parole aufbrachten: <0x00BB>F<0x00FC>r die Arbeitermacht muss das Rathaus zur Sorbonne werden!<0x00AB>, hat die F<0x00FC>hrungsebene aus dem Rathaus sofort das Ger<0x00FC>cht verbreiten lassen, wir wollten das Rathaus angreifen. Sie sind mit Lautsprecherwagen durch die Stadt patrouilliert, um ihren Dreck auszusch<0x00FC>tten. Man muss sich an die Atmosph<0x00E4>re erinnern, es gab Flugblatt auf Flugblatt gegen die <0x00BB>Autoz<0x00FC>ndler<0x00AB>, die linksradikalen Taugenichtse und den Abschaum; Stalin war noch sehr lebendig. Aber das zog nicht so sehr, auch nicht bei der Bev<0x00F6>lkerung. Niemand versammelte sich vorm Rathaus, und ihre Mobilisierung war geplatzt. Im Gegenzug war die Truppe Linksradikaler von Saint-Ouen entfesselt; sie verteilten nun auf der Vortreppe des Rathauses, um zu provozieren. Den ganzen Monat Mai <0x00FC>ber war das die Atmosph<0x00E4>re in Saint-Ouen: Rempeleien auf dem Rathausplatz, Verleumdungen, wie du mir, so ich dir. Die PCF sicherte die zweite Flanke ihrer Politik gegen<0x00FC>ber dem Staat: man musste ihr verzeihen, sich an die Spitze des Generalstreiks gestellt zu haben, den sie gut im Zaum hielt, weil sie gleichzeitig die <0x00BB>Force de Frappe<0x00AB> (Streitmacht) gegen die Linksradikalen war. Die franz<0x00F6>sische Bourgeoisie hat sich im <0x00FC>brigen nicht geirrt; Ende 68 r<0x00E4>umte sie den Gewerkschaften neue Rechte ein. 24. Mai: de Gaulles R<0x00FC>ckkehr Als de Gaulle am 24. Mai seine R<0x00FC>ckkehrrede hielt, waren die Kumpels von Alsthom auf der Demo vor dem Gare de Lyon. Alle h<0x00F6>rten and<0x00E4>chtig seiner Rede zu, und als er fertig war, erhob sich ein gewaltiges Geschrei. <0x00BB>Wir pfeifen auf seine Rede<0x00AB>, <0x00BB>Die Macht sind wir; der Bettschei<0x00DF>er39 ist er!<0x00AB>; dann pr<0x00FC>gelten wir uns wie jedes Mal mit der CRS. Wir waren etwa 20 von Alsthom, ausger<0x00FC>stet mit Kn<0x00FC>ppel und Helm. An diesem Abend war ich vollst<0x00E4>ndig von der Gruppe Arbeiterstimme abgeschnitten. Die Viertel rund um die Bastille waren schwarz vor Menschen. Es war unm<0x00F6>glich, sich zu treffen. Ich sprach also eine Gruppe an, die dort stand und einen organisierten Eindruck machte. Wir boten unsere Dienste an. Der wackere Typ, der so aussah, als h<0x00E4>tte er das Kommando inne, war v<0x00F6>llig ratlos. Auf seine Antwort warte ich bis heute. An jenem Tag haben wir uns nicht schlecht mit den CRS gepr<0x00FC>gelt: Vorsto<0x00DF>, R<0x00FC>ckzug, neuer Vorsto<0x00DF> ... das wurde zur Gewohnheit. Die Demos im Mai 68 waren so. Die CRS waren organisiert, aber auf der Seite der Demonstranten gab es keinerlei Zentralisierung; so schlug man sich, wie man konnte, um m<0x00F6>glichst unbeschadet davon zu kommen; alles war total improvisiert. Es gab viele Demos im Mai und Juni in Paris. <0x00DC>brigens waren das oft keine Demonstrationen, sondern man lief mehr oder weniger spontan die Stra<0x00DF>e hinunter, sehr h<0x00E4>ufig abends. Eines Abends trafen wir uns mit den Leuten aus der Kesselschmiede auf der Stra<0x00DF>e vor der <0x00C9>cole de m<0x00E9>decine. Die CRS postierten sich vor der Kirche Saint-Germain-des-Pr<0x00E9>s, aber sie waren vollkommen eingekreist. Sie hatten die Busse im Kreis ganz eng aufgestellt und die Front bewegte sich nicht. Der Wahlkampf lief bereits. An den Stra<0x00DF>en standen die St<0x00E4>nder mit den Wahlplakaten. Das waren gute Schutzschilder: zwei Kerle trugen sie und die anderen marschierten hinterher... An diesem Abend hat, glaube ich, die CRS zum ersten Mal in Paris massiv Offensivgranaten eingesetzt. Aber bei Gegenwind nutzte das Gas nichts. Und weil sie im Kreis waren, standen die Demonstranten zwangsl<0x00E4>ufig im Gegenwind. Als die ersten Offensivgranaten knallten, fragten wir uns, was das nun war, und sehr schnell erinnerte man sich an die Armee, die <0x00C4>ltesten mussten erkl<0x00E4>ren, dass man vor allem nicht versuchen darf, sie aufzuheben und zur<0x00FC>ckzuwerfen. So brachten wir mehrere Stunden damit zu, vorzusto<0x00DF>en und zur<0x00FC>ckzuweichen. Ich glaube, das ging bis in den fr<0x00FC>hen Morgen so. Grenelle, Billancourt und Citro<0x00EB>n Am Morgen des 27. Mai hatten wir eine bewegte Nacht mit zwei anderen Kumpels aus dem Betrieb hinter uns. Wir wachten um 11 Uhr auf und machten uns zur Kantine auf, um Essen abzufassen. Nat<0x00FC>rlich stie<0x00DF>en wir auf die PCF/CGT-Truppe, die alle ein Gesicht zogen. Wir schauten sie erstaunt an, und einer von der CGT, einer von den zwei, drei Korrekten, die es gab, erkl<0x00E4>rte uns mit Tremolo in der Stimme, dass S<0x00E9>guy in Billancourt ausgebuht worden war. Das war nicht schlecht, <0x00BB>Gut gemacht, dass Ihr eins auf die Schnauze gekriegt habt<0x00AB>. Dann gingen wir fr<0x00FC>hst<0x00FC>cken. Das war am Vortag von Grenelle. S<0x00E9>guy war nach Billancourt und Krasucki zu Citro<0x00EB>n gegangen, um das Ergebnis ihrer Verhandlungen mit der CNPF (Nationale Unternehmervereinigung) vorzustellen. Beide wurden sowohl bei Citro<0x00EB>n als auch bei Renault ausgebuht und ausgepfiffen. Sp<0x00E4>ter haben wir erfahren, dass die CGT schon <0x00FC>ber den Streik hatte abstimmen lassen, bevor S<0x00E9>guy in Billancourt ankam. Sie hatten also den Schlag vorausgesehen und einen Plan B vorbereitet. Aber bei Citro<0x00EB>n hatte man nicht vorher abstimmen lassen, und so wurden die CGT und Krasucki ausgepfiffen. Krasucki hat sich sofort wieder gefangen und am Mikro versichert: <0x00BB>Das ist der Vorschlag, aber die CGT hat nichts unterschrieben.<0x00AB> Von da an waren S<0x00E9>guy und Krasucki, wenn sie in den Betrieben auftraten, immer die, die in Billancourt und bei Citro<0x00EB>n ausgepfiffen worden waren... Charl<0x00E9>ty Wer hat die gro<0x00DF>eKundgebung im Stadion von Charl<0x00E9>ty organisiert? Wir wussten es nicht, aber das war <0x00FC>berhaupt nicht wichtig. Es waren die <0x00BB>Linksradikalen<0x00AB>, wir waren 20-25 aus der Fabrik in Charl<0x00E9>ty. Es war eine wirklich unabh<0x00E4>ngige Kundgebung und auch gute Stimmung, zumindest als wir dorthin kamen. Denn auf der Versammlung haben sie dann verschiedene Politiker sprechen lassen, darunter Barjonet, bis vor kurzem Apparatschik der CGT, und Maurice Labi. Ich tobte vor Wut. Diejenigen, die vorgaben, die Revolution zu verk<0x00F6>rpern, rollten diesen Dreckskerlen den Teppich aus. Ich br<0x00FC>llte wie am Spie<0x00DF>; das nutzte nichts, umso schlimmer. Denn ich kannte beide. Vor allem Labi, mit dem die Genossen von Rh<0x00F4>ne-Poulenc und ich ein paar Jahre zuvor aneinandergeraten waren (er war Sekret<0x00E4>r der Chemiegewerkschaft der FO). Dieser verreckte Reformist und Vertreter eines total integrierten Syndikalismus nach deutschem Muster wagte es, von der Revolution zu sprechen. Nur meine Kumpels aus der Fabrik verstanden nicht, warum ich so in Rage war, sie wussten nicht, wer das war. Ich konnte es ihnen erst sp<0x00E4>ter erkl<0x00E4>ren. Wir sind kurz nach unserer Ankunft in Charl<0x00E9>ty wieder aufgebrochen, es gab keine Perspektive, keine Klarheit, nichts. Wie der ganze Mai 68. Eine gewaltige Massenbewegung, vor allem im Studentenmilieu; der gr<0x00F6><0x00DF>te Streik (oberfl<0x00E4>chlich betrachtet), den das Land je gesehen hat. Aber nicht das bewusste Auftreten einer organisierten Klasse. Opportunisten und Erzstalinisten stellten sich als Revolution<0x00E4>re dar, in der Version Selbstverwaltung, Maoisten, Gewerkschaftstrotzkisten. De Gaulle ist verschwunden ... und kommt zur<0x00FC>ck Die Pilgerreise de Gaulles40 in den Osten ist im Betrieb praktisch nicht diskutiert worden. Man scherte sich <0x00FC>berhaupt nicht darum. Und sp<0x00E4>ter wurden dann fantastische Interpretationen formuliert, er habe sich von seinem alten Kumpel Massu tr<0x00F6>sten und zusichern lassen, dass die Armee auf seiner Seite st<0x00FC>nde, falls es eine revolution<0x00E4>re Drohung g<0x00E4>be. Vor allem die Gewerkschaftsapparate stellten das so dar, um den R<0x00FC>ckzug zu rechtfertigen, der sich ank<0x00FC>ndigte. Man durfte nicht zu weit gehen, damit die Armee nicht eingreift... usw. Lieber de Gaulle verspotten, er habe sich der Treue seiner F<0x00FC>hrungsebene versichern m<0x00FC>ssen, als glauben zu machen, dass er nicht w<0x00FC>sste, dass die PCF die Leitung der Aktionen <0x00FC>berall in den Betrieben und den Stadtvierteln innehat, und dass das Risiko einer Arbeiterrevolution deshalb gering war. De Gaulle wusste sehr gut, welche Grenze die PCF nicht <0x00FC>berschreiten w<0x00FC>rde. <0x00DC>ber Wochen hatte sie gl<0x00FC>hende Pfeile auf die Linksradikalen abgeschossen, de Gaulle wusste, dass er auf die PCF z<0x00E4>hlen konnte. Er brauchte die Armee nicht oder irgendjemand anderen. Er hatte sie 20 Jahre vorher als Minister gehabt, und er <0x00BB>hatte nie Grund zur Klage gehabt<0x00AB> (die Formulierung ist von ihm). Und als er wieder auftauchte und allgemeine Wahlen ank<0x00FC>ndigte, hat die PCF sofort die Gelegenheit genutzt. Die besseren Viertel demonstrieren De Gaulle41 hatte dazu aufgerufen, auf den Champs Elys<0x00E9>es zu demonstrieren. Dar<0x00FC>ber wurde im Betrieb diskutiert. Von Seiten PCF und CGT herrschte Funkstille. Keinerlei Anweisung. Nichts. Das war ein weiterer Beweis an de Gaulle, dass die PCF absolut keinen Krawall wollte, komme was wolle. Wir fanden uns wieder hereingelegt wie zwei runde Puddinge. Soweit ich mich erinnere, war das <0x00FC>berall der Fall. Die Genossen waren nat<0x00FC>rlich bereit zu einer Gegendemonstration; <0x00FC>brigens auch ein paar nicht <0x00FC>ble Typen der PCF, aber niemand von denen, die das vielleicht h<0x00E4>tten tun k<0x00F6>nnen, ergriff die Initiative; vor allem die Chefs der linksradikalen Studenten und die PCF nat<0x00FC>rlich auch nicht. So waren wir darauf beschr<0x00E4>nkt, am Radio zuzuh<0x00F6>ren, was passierte. Wir waren in der Zwickm<0x00FC>hle. Wenn es an diesem Tag eine Gegendemonstration gegeben h<0x00E4>tte, h<0x00E4>tte es Krawall gegeben; ich glaube sagen zu k<0x00F6>nnen, dass die Leute aus den Vorst<0x00E4>dten gekommen w<0x00E4>ren; und nicht, um vor den Angriffen der CRS davonzulaufen! Bewaffnung Eine Weile nach dem Streik gab es <0x00BB>Augenzeugenberichte<0x00AB> von Stalinisten oder assimilierten Linksradikalen, die behaupteten, dass Waffen herumgegangen seien. Das sind entweder Mythenbildungen oder Fantastereien, oder beides. Bei Alsthom wurde von den Arbeitern an dem 27-Meter-Tor (Rue des Bateliers) die Frage aufgeworfen, Material vorzubereiten, um sich im Fall eines Angriffs verteidigen zu k<0x00F6>nnen. Das gab sofort einen Anschiss von der CGT: au<0x00DF>er Frage; und als die Jungs fragten, was sie denn machten sollten, wenn die CRS kommt, war die Antwort klar und unmissverst<0x00E4>ndlich: kein gewaltsamer Widerstand. Die Jungs haben sich dann gefragt, warum sie die Tore <0x00FC>berhaupt bewachen. Wenn man das tat und sich dann ohne Widerstand zur<0x00FC>ckzieht, wenn ein Angriff kommt, war es wirklich der M<0x00FC>he nicht wert. W<0x00E4>hrend des ganzen 68 habe ich nicht ein einziges Mal von Waffen sprechen h<0x00F6>ren. Und wir waren in einer Fabrik, die an der Spitze einer Vorstadt mit einer gewissen Reputation stand. Im <0x00FC>brigen: Waffen gegen wen? Der Feind war nicht in den besseren Vierteln, sondern vor allem in den Fabriken selbst; PCF und CGT f<0x00FC>llten ihre Rolle der politischen Polizei der Bourgeoisie in der Arbeiterklasse aus (so sahen wir das damals), sie hatten die Streikleitung inne und hielten die Pferde im Zaum. Die Nicht-Streikenden Nat<0x00FC>rlich arbeitete in der Fabrik niemand mehr, aber nicht alle Lohnabh<0x00E4>ngigen waren im Streik. Von den ArbeiterInnen dr<0x00E4>ngte niemand darauf, die Arbeit wieder aufzunehmen. Versuche gab es aber auf Seiten der Vorgesetzten und in der Chefetage. Um den 10. Juni herum haben diese Herren begonnen, sich vor dem Gewerkschaftshaus zu versammeln; als ich das erfuhr, bin ich mit einem Typen aus der Kesselschmiede eines Morgens dorthin. Es hatten sich dort etwa hundert Kasper versammelt und zwei oder drei Typen aus der betrieblichen Angestelltenvertretung der CGT, die sie auf demokratische Weise zu <0x00FC>berzeugen versuchten, nichts gegen den Streik zu unternehmen. Sie f<0x00FC>hrten sich auf wie Bl<0x00F6>dk<0x00F6>pfe, um sich als verst<0x00E4>ndnisvolle Demokraten darzustellen, w<0x00E4>hrend die anderen immerzu <0x00BB>Abstimmung! Abstimmung!<0x00AB> skandierten. Dann ergriff ich das Wort. Diese kleine Welt kannte mich nicht und ich kannte sie auch nicht. Sie haben mir zugeh<0x00F6>rt. Ich erinnere mich gut daran, was ich erz<0x00E4>hlt habe: <0x00BB>Ihr wollt eine Abstimmung?<0x00AB> <0x00BB>Ja<0x00AB> <0x00BB>Ja<0x00AB>, antwortete die Zuh<0x00F6>rerschaft. <0x00BB>Aber die ArbeiterInnen haben bereits abgestimmt. Wir sind keine Wetterh<0x00E4>hne und wir werden das nicht r<0x00FC>ckg<0x00E4>ngig machen. Ihr wollt ein Ende des Streiks. Ich bin Arbeiter in einer Werkshalle und rede jetzt Klartext mit Euch. Das Jahr <0x00FC>ber k<0x00F6>nnt Ihr in Mu<0x00DF>e arbeiten, und wir, wir schinden uns in der Werkshalle. Jetzt arbeitet niemand, weil wir beschlossen haben zu streiken. Und wenn hier welche den Helden spielen und den Streik brechen wollen, dann werden sie von uns einen Tritt in den Arsch kriegen.<0x00AB> Hier hielt ich inne. Sie waren so <0x00FC>berrascht, dass sie nicht einmal aus Reflex protestierten. Die Stalinisten wussten nicht, wohin sich verkriechen. Der Kumpel, der mit mir war, gab mir ein Zeichen, nun zu verschwinden (es war tats<0x00E4>chlich etwas riskant). Und dabei blieb es. Man hat nie wieder was von den Nicht-Streikenden reden geh<0x00F6>rt. Die Wiederaufnahme der Arbeit steht bevor Es waren nicht die Streikgegner (anti-gr<0x00E9>vistes), die auf die Wiederaufnahme der Arbeit dr<0x00E4>ngten; das war die CGT. Das muss um den 15. Juni herum gewesen sein. Es gab kein Streikkomitee mehr oder <0x00E4>hnliches, sondern nur die CGT und uns. Ein Flugblatt der CGT k<0x00FC>ndigte an, dass das Exekutivkomitee der CGT eine Abstimmung f<0x00FC>r oder gegen die Weiterf<0x00FC>hrung des Streiks organisierte. Eine geheime Abstimmung, an der alle teilnehmen sollten, also Streikende und Nicht-Streikende. Wir haben uns ernsthaft angebr<0x00FC>llt, aber die <0x00BB>Gewerkschaftsaktivisten<0x00AB> haben massiv die geheime Abstimmung verteidigt. Die Masse der ArbeiterInnen war gekommen (fast die H<0x00E4>lfte der Fabrik). Einige Gewerkschaftsmitglieder waren auf all das nicht stolz... Aber zur allgemeinen <0x00DC>berraschung stimmte die Mehrheit f<0x00FC>r die Fortf<0x00FC>hrung des Streiks. Sogar unter den Umst<0x00E4>nden, unter denen abgestimmt wurde, gab es eine Mehrheit von Streikenden. Also haben wir weiter gemacht. Aber es war offensichtlich, dass <0x00FC>ber kurz oder lang die Fabriken die Arbeit wiederaufnehmen w<0x00FC>rden. Der Umfang des Generalstreiks begann ernsthaft zu schrumpfen. Die Technik der PCF und der Gewerkschaften nach den Vertr<0x00E4>gen von Grenelle, die den Streik in so viele Partikularstreiks zerst<0x00FC>ckelt haben wie es Betriebe gab, indem sie Verhandlungen auf Betriebsebene er<0x00F6>ffneten, trug Fr<0x00FC>chte, und in dem Ma<0x00DF>, wie jeder Unternehmer ein paar Br<0x00F6>sel zugestehen musste, rief die CGT zur Wiederaufnahme der Arbeit auf. Alsthom Saint-Ouen war nun seit f<0x00FC>nf Wochen im Streik. Als am 24. Juni die allgemeine Stimmung nicht mehr gut war, rief die CGT dazu auf, den Streik zu beenden. Das geschah vor den B<0x00FC>ros drinnen in der Fabrik. Dort waren viele Leute versammelt. Es gab keine Abstimmung, nichts. Nur eine endlose Rede des Gewerkschaftschefs. Als er seine Einseiferei beendet hatte, bin ich zusammen mit ein paar Kumpels auf die Vortreppe, die Stalinisten schalteten das Mikro ab. Das gab Proteste von unten. Ich hab dann ohne Mikro gesprochen, alle waren total still. Im Gegensatz zu dem, was die CGT sagte, hatten wir den Streik nicht gewonnen. Diejenigen, die das Wahlspektakel im Austausch gegen den Generalstreik akzeptiert haben, waren verantwortlich f<0x00FC>r die Niederlage. Wir mussten neu anfangen in den zuk<0x00FC>nftigen K<0x00E4>mpfen und dabei die Lehren aus dem ziehen, was geschehen war. Und ohne Begeisterung sind dann alle zur<0x00FC>ck in die Werkshallen. Fazit Der stalinistische Poker Das Verhalten von PCF und der CGT nach der ersten Streikwoche ist eines der markantesten Ereignisse des Mai/Juni 68: n<0x00E4>mlich die Bewegung in der Flut eines bewusst ausgel<0x00F6>sten und kontrollierten Streiks zu ersticken. Obwohl die Geschichte und vor allem die Wiederaufnahme der Arbeit im Juni der Strategie von PCF und CGT in dem Sinne Recht gaben, dass es keine oder wenige <0x00DC>berschreitungen gab, war die Gefahr real (und sie ist immer gegeben), dass eine Generalstreikbewegung Energien freisetzt, die ihren Initiatoren aus der Hand gleiten. Aufgrund welcher Analyse wurde am 17. Mai die Entscheidung getroffen, den Generalstreik auszurufen? Die Streikbewegung, die am 14. Mai bei Claas und Sud Aviation begann, griff in der Folge auf Renault Cl<0x00E9>on <0x00FC>ber und breitete sich wie ein <0x00D6>lfleck aus, blieb aber quantitativ (200<0x2009>000 Streikende am 17. Mai) wie qualitativ minorit<0x00E4>r. Sicher fehlen pr<0x00E4>zise Zahlen, doch der Streik fand in den Fabriken, in denen er ausbrach, keine Mehrheit, vor allem nicht hinsichtlich der aktiven Teilnahme. In vielen F<0x00E4>llen haben zwar junge, entschlossene Arbeiter die Aktion ausgel<0x00F6>st (leuchtendes Beispiel Cl<0x00E9>on), ihnen schlossen sich dann <0x00E4>ltere Arbeiter an, die oft CGT-Mitglieder waren. Kurz gesagt: ein Streik von Minderheiten, der aber die wohlwollende Passivit<0x00E4>t der anderen Arbeiter der betroffenen Betriebe genoss. Dennoch war die Bewegung schon am Ansteigen und lie<0x00DF> Entwicklungsm<0x00F6>glichkeiten erahnen (siehe weiter hinten die Beispiele zur Aktion des CATE Censier). Man kn<0x00FC>pfte Kontakte nach au<0x00DF>en, und viele Betriebe waren bereit, in den Streik zu treten, was sie zwischen dem 18. und dem 21. Mai auch taten. Nur hat dann der Generalstreik, der bei der SNCF, der RATP und in den Schl<0x00FC>sselsektoren ausgerufen wurde, wo der Apparat von PCF/CGT die Hegemonie aus<0x00FC>bte, sie aus dem Vordergrund verschwinden lassen (au<0x00DF>er wenn sie geographisch in der N<0x00E4>he lagen). Der Beschluss der CGT wurde also zu einer g<0x00FC>nstigen Zeit getroffen und funktionierte als pr<0x00E4>ventive Gegen-Bewegung. Nat<0x00FC>rlich hat sich kein Arbeiter dar<0x00FC>ber beklagt, von den PCF/CGT-Truppen zum Streik getrieben worden zu sein (zum Beispiel am Morgen des 18. Mai in Seine Saint-Denis), doch in diesen Betrieben gab es von Anfang an wenige <0x00BB>aktive<0x00AB> Streiks, sondern eine weiche Besetzung unter Kontrolle der CGT. Doch kommen wir zum 17. Mai zur<0x00FC>ck. Die CGT verf<0x00FC>gte wegen ihrer landesweiten Verbreitung und ihren Hunderttausenden von Mitgliedern <0x00FC>ber wesentlich mehr Sensoren als alle anderen, um die Situation nach dem 13. Mai einzusch<0x00E4>tzen. Vor allem ist da die zeitweilige Schw<0x00E4>che der Exekutive, von der abwechselnd einer der beiden K<0x00F6>pfe abwesend war (Pompidou war vom 3. bis 10. Mai auf Staatsbesuch in Afghanistan, dann de Gaulle vom 14. bis 20. Mai in Rum<0x00E4>nien) und ihre Vertreter waren nicht genauso kompetent: sie haben die Krise bei den Studenten nicht kommen sehen und es nicht geschafft, die Situation zu befrieden, die am 10. Mai in der Barrikadennacht gipfelte. Pompidous schlauer R<0x00FC>ckzug am 11. Mai (Wiederer<0x00F6>ffnung der Sorbonne, Freilassung der Festgenommenen), der auf die mangelnde Schlagkraft der Studentenbewegung setzte (was tats<0x00E4>chlich zutraf), wurde von der Bev<0x00F6>lkerung und vor allem der Arbeiterklasse als Niederlage der Macht gesehen, dieser Macht, die fast unbesiegbar, allm<0x00E4>chtig zu sein schien. Die Studenten hatten gezeigt, wie weit man gehen konnte und dass es sich auszahlte, einschlie<0x00DF>lich der Gewalt gegen die Polizei. Einer Polizei, die in Paris Herr der Lage blieb und gr<0x00F6><0x00DF>ere Blessuren vermied. F<0x00FC>r viele Arbeiter, die CGT-Mitglieder eingeschlossen, war das der Moment, den man sich zunutze machen musste. Die Demonstrationen am 13. Mai waren zwar ein Erfolg, kaschierten aber ein wenig, dass sich an den Streiks weniger Leute beteiligten. Sie machten es jedoch m<0x00F6>glich, dass Tausende von Arbeitern in Kontakt zu den Studenten traten <0x2013> und sei es auch nur oberfl<0x00E4>chlich <0x2013> und eine andere Musik h<0x00F6>rten als die <0x00F6>den Schlager der Gewerkschaftskundgebungen. Die PCF, deren Studentenorganisation UEC seit 1965 massiv Mitglieder an der Uni verloren hatte, hat die Bewegung von Beginn der Studentenunruhen an nicht unterst<0x00FC>tzt (und das ist milde ausgedr<0x00FC>ckt, siehe den Artikel von Georges Marchais in der Humanit<0x00E9> vom 3. Mai), sondern versuchte, sie so weit wie m<0x00F6>glich zu bremsen. Die M<0x00FC>he war vergeblich und hat die PCF nur noch mehr diskreditiert. Doch der Universit<0x00E4>tsbereich interessierte sie wenig. Ein anderes Problem war es aber, wenn eine <0x00E4>hnliche Bewegung im Arbeitermilieu ausbrach, dann war die PCF, und im geringeren Ma<0x00DF>e der CGT, in ihrer Existenz bedroht. Und zum Ungl<0x00FC>ck der Stalinisten schien genau das einzutreten: der Streik brach ohne irgendeine gewerkschaftliche Anweisung aus und weitete sich aus. Am Anfang stellten sich die Stalinisten also taub oder widersetzten sich autonomen Versuchen (siehe das Beispiel Alsthom), aber nach dem 17. Mai machten sie eine Kehrtwendung. Der Nutzen war ein doppelter: <0x2022> Der Streik wurde ihr eigener. Die CGT-Aktivisten, die die Gelegenheit ausnutzen wollten, waren beruhigt, und gegen<0x00FC>ber Regierung und Staat konnte sich das Paar PCF/CGT als Garant zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Herr des Schicksals der <0x00BB>Arbeiterherden<0x00AB> rechtfertigen. <0x2022> In der ersten Phase war die Operation gelungen, die <0x00BB>linke<0x00AB> Gefahr im Arbeitermilieu war gebannt. Nun ging es darum, durch st<0x00E4>ndigen kontrollierten Druck von Staat und Unternehmern Vorteile zu erlangen, um sich f<0x00FC>r die Wiederaufnahme der Arbeit einzusetzen. Die Fakten geben dieser Sichtweise Recht, auch wenn die Ablehnung des Abkommens von Grenelle in den meisten Betrieben am 27. Mai sie scheinbar entkr<0x00E4>ftet. Scheinbar, denn wenn man genauer hinsieht, ging die Bewegung ab dem 3. Juni zur<0x00FC>ck. Und nach der Arbeitsaufnahme bei der SNCF und vor allem bei der RATP nach dem 6. Juni war diese Tendenz unumkehrbar, und auch wenn der Point-of-no-return erst am 14. Juni erreicht war, <0x2013> trotz der spektakul<0x00E4>ren Ereignisse bei Renault-Flins und Peugeot-Sochaux und verschiedenen, von der CGT gewaltsam erzwungenen Arbeitsaufnahmen; am Schluss waren nur noch die sympathischen Unbeugsamen <0x00FC>brig. Warum gelang die Wiederaufnahme der Arbeit? Die CGT hatte es geschafft, in den von ihr kontrollierten Schl<0x00FC>sselindustrien (SNCF, EDF, GDF, Bergbau) <0x2013> von wenigen Ausnahmen abgesehen <0x2013> das wieder zu stoppen, was sie ausgel<0x00F6>st hatte. Dann war der Streik von der <0x00FC>bergro<0x00DF>en Mehrheit der Streikenden, die sich nicht aktiv beteiligten, nicht gewollt: es gab <0x00FC>berhaupt keinen Grund, warum sie sich am Tag der Arbeitsaufnahme in w<0x00FC>tende Streikende verwandeln sollten (hier wieder abgesehen vom Gegenbeispiel Peugeot-Sochaux, wo die Arbeiter, die f<0x00FC>r die Wiederaufnahme der Arbeit gestimmt hatten, wieder in den Streik traten, um sich mit den CRS zu schlagen. Das war zwar ein Sieg der milit<0x00E4>rischen Organisation, der mit dem Tod zweier Arbeiter bezahlt wurde, doch er m<0x00FC>ndete in keine Anwandlung von politischer Autonomie der Arbeiter). Nach mehr als zwei Wochen Streik wurde die M<0x00FC>digkeit au<0x00DF>erhalb der Betriebe sp<0x00FC>rbar: die Angst vor dem Unbekannten, der Lohnverlust42; all das lie<0x00DF> die Gem<0x00E4><0x00DF>igten, die Z<0x00F6>gernden wieder in die Normalit<0x00E4>t zur<0x00FC>ck kippen. Schlie<0x00DF>lich sollten an den wenigen Orten, an denen die Arbeiter organisiert und entschlossen waren, die Solisten von PCF/CGT ihre Partituren <0x2013> Hinterlist, freundlicher oder entschiedener Druck oder Demoralisierung <0x2013> wunderbar spielen, weil es nur schwache Erfahrungen von Arbeiterautonomie gab. Die Arbeiterautonomie Nachtr<0x00E4>glich nach Spuren von Arbeiterautonomie in einer Bewegung zu suchen und dann zu konstatieren, dass es daf<0x00FC>r keine oder nur wenige Beispiele gibt, mag einfach erscheinen. Doch das ist leider die einzige Methode, um die Illusionen (f<0x00FC>r die man fr<0x00FC>her oder sp<0x00E4>ter immer bezahlen muss) <0x00FC>ber die Praxis und die Eigenschaften einer Bewegung wegzufegen. Bedauerlicherweise haben diejenigen, die vor 40 Jahren am ehesten dazu in der Lage gewesen w<0x00E4>ren <0x2013> wir denken an die Genossen vom CATE Censier <0x2013> es nicht getan. Sie lie<0x00DF>en sich nicht von triumphalistischen Illusionen t<0x00E4>uschen, haben aber dennoch die Waffe der Kritik an den Grenzen der Bewegung nicht angelegt. Zu der quantitativen Schw<0x00E4>che43 der Bewegungen, die gegen<0x00FC>ber den Gewerkschaften <0x2013> und zwar allen Gewerkschaften, denn im Mai/Juni 68 spielte die CFDT eine dissonante Partitur gegen<0x00FC>ber der CGT, um die Energien der Basis besser einfangen und als Staatsgewerkschaft einen besseren Platz an der Sonne erreichen zu k<0x00F6>nnen <0x2013> Autonomie bewiesen, kam noch eine qualitative Schw<0x00E4>che hinzu, haupts<0x00E4>chlich aufgrund der Unerfahrenheit der Aktivisten und der Arbeiter, die durch die Besonderheit des Mai/Juni 68 noch verst<0x00E4>rkt wurde: dass es n<0x00E4>mlich ein riesiger passiver Streik war. Wir werden weiter unten die Erfahrung des CATE Censier analysieren, die am ehesten der Tendenz zur Arbeiterautonomie nahe kommt. Damit meinen wir, dass Arbeitergruppen sich selbst gegen Parteien und Gewerkschaften in Basis- oder Aktionskomitees (die Bezeichnung ist unwichtig) organisieren und f<0x00E4>hig sind, auf den Streik einzuwirken, die besonderen mit den allgemeinen Bedingungen des Kapitalismus zu verbinden und ihre Praxis als politische zu denken. Solche F<0x00E4>lle waren im Mai/Juni 68 zwar selten, daf<0x00FC>r tauchten gleichzeitig zwei <0x00BB>Avatare<0x00AB> auf: Die Selbstverwaltung (die 1973 in den Streik bei LIP in Besan<0x00E7>on m<0x00FC>nden sollte) und die Mystifizierung der <0x00BB>zentralen Streikkomitees<0x00AB>. Die Selbstverwaltung. Mythos und Wirklichkeit 1968 wurde viel von Selbstverwaltung gesprochen. Das entsprach zwar dem Programm der PSU, mancher Anarchisten oder unter dem Begriff <0x00BB>Arbeiterkontrolle<0x00AB> der Trotzkisten, doch dieser Begriff bedeutet w<0x00F6>rtlich die Ausbeutung der Ausgebeuteten durch sie selbst. In den meisten F<0x00E4>llen handelte es sich darum, die unbedingt notwendige Produktion durch die Arbeiter sicherzustellen44, oder die Produktionswerkzeuge instand zu halten45 oder die Benzinversorgung zu sichern46. In Clermont (Oise) f<0x00FC>hrte das Personal des psychiatrischen Krankenhauses auf eigene Faust die 40-Stunde-Woche an f<0x00FC>nf Tagen ein. Komplexere Aktionen fanden statt in den Observatorien von Meudon und von Puy de Dome, wo ein <0x00BB>Selbstverwaltungsrat<0x00AB> gegr<0x00FC>ndet wurde. Die Forscher und Techniker dachten dar<0x00FC>ber nach, wie sie die Methoden der Leitung und der Gruppenarbeit verbessern k<0x00F6>nnten. In Saclay gingen sie in dieselbe Richtung. Die hohe Qualifikation des Personals und die Erfahrung mit Gruppenarbeit beg<0x00FC>nstigten in diesen F<0x00E4>llen diese Versuche. Der weitestgehende Versuch in <0x00BB>Selbstverwaltung<0x00AB>, wenigstens wurde er als solcher vorgestellt, fand bei der CSF in Brest statt, wo die CFDT die wichtigste Gewerkschaft war. Diese Selbstverwaltung betraf eigentlich nur die Ingenieure (im Verh<0x00E4>ltnis zur Direktion) oder die Techniker (im Verh<0x00E4>ltnis zur Direktion oder zu den Ingenieuren), w<0x00E4>hrend die Mehrheit der Arbeiter nur der Arbeit entfliehen und sich nicht als produktive Arbeiter betrachten wollten. Aus diesem kurzen Bericht (heute kann man sich nicht mehr vorstellen, welch eine unverh<0x00E4>ltnism<0x00E4><0x00DF>ige Bedeutung der Selbstverwaltung in Brest zugeschrieben wurde) l<0x00E4>sst sich schlie<0x00DF>en, dass es haupts<0x00E4>chlich nur darum ging, das Arbeitsger<0x00E4>t instand zu halten und zu sch<0x00FC>tzen, um <0x2013> recht h<0x00E4>ufig <0x2013> die R<0x00FC>ckkehr zur Normalit<0x00E4>t vorwegzunehmen. Und was gibt es denn Sch<0x00F6>neres als diese Arbeiter, die es genauso gut k<0x00F6>nnen wie der Chef <0x2026> ohne ihn? Die zentralen Streikkomitees Das bekannteste und am meisten mystifizierte Beispiel ist Nantes. Nach den Demonstrationen am 24. Mai verbarrikadierte sich der Pr<0x00E4>fekt in seinem Amtssitz, wo sich die Mehrheit der Angestellten im Streik befand. Die Polizei trat nicht mehr <0x00F6>ffentlich auf; die Stadtverwaltung war in der Krise, denn ein Teil ihrer Mitglieder hatte gerade den R<0x00FC>cktritt erkl<0x00E4>rt. Das CCG (Comit<0x00E9> centrale de gr<0x00E8>ve, zentrales Streikkomitee, Aktions<0x00AD>einheit aus CGT-FO-CFDT)48 richtete sich daraufhin im Rathaus ein und stellte Dienstleistungen wie Beerdigungen oder Standesamt sicher. Das CCG deckte die dringenden F<0x00E4>lle ab, die staatlicherseits nicht mehr erf<0x00FC>llt wurden. Am 27. Mai feierte das CCG seine Gr<0x00FC>ndung mit einem Umzug von 50<0x2009>000 Menschen; am 31. Mai rief es zu einer neuen Demonstration auf und 30<0x2009>000 folgten noch seinem Aufruf. Doch am 3. Juni beschloss es, die politischen Funktionen an die Stadtverwaltung zur<0x00FC>ckzugeben, r<0x00E4>umte das Rathaus und bot die meisten seiner Dienstleitungen im Sitz der Bauerngewerkschaften an. Als Symbol der Zeit <0x00FC>bernahm der Pr<0x00E4>fekt sofort wieder die Kontrolle <0x00FC>ber die Benzinverteilung. Die Aktionskomitees Im Rahmen dieses Textes ist es nicht m<0x00F6>glich, die Geschichte der nach dem 10. Mai entstandenen Aktionskomitees (Comit<0x00E9> d<0x2019>action, CA) nachzuzeichnen. Der Zeitzeugenbericht <0x00FC>ber das Aktionskomitee von Montreuil liefert Hinweise auf ihre St<0x00E4>rken und Schw<0x00E4>chen. Das inter<0x00AD>essanteste49 war das Aktionskomitee Arbeiter-Studenten (Comit<0x00E9> d<0x2019>action travailleurs <0x00E9>tudiants, CATE), auch CA Censier genannt nach der besetzten Literatur-Fakult<0x00E4>t in Paris, die vom 12. Mai bis zum 16. Juni 1968 als Versammlungsort diente. Das sp<0x00E4>tere CATE setzte sich seit seiner Gr<0x00FC>ndung durch eine Handvoll Genossen von den linken Gr<0x00FC>ppchen ab und beschloss, in den Betrieben zu intervenieren, um Verbindungen (und Aktionen) zwischen Arbeitern und Studenten oder externen Aktivisten zu entwickeln. Die Hauptinitiatoren waren Unorganisierte, aber auch Aktivisten von La Vieille Taupe, und sp<0x00E4>ter des GLAT. In den ersten Tagen wurden Flugbl<0x00E4>tter verteilt und Kontakte zu den Arbeitern gekn<0x00FC>pft, in der Hoffnung, anschlie<0x00DF>end Aktionskomitees in den Fabriken zu gr<0x00FC>nden, als der Streik noch in seinen ersten Anf<0x00E4>ngen war. So die FNAC Ch<0x00E2>telet (Kontakt am 17., Gr<0x00FC>ndung eines CA am 21. Mai), dann die BHV (mit der Schaffung des gemeinsamen Bulletins La Base), die Druckerei L<0x2019>illustration in Bobigny am 17., die Druckerei Lang (19. Arrondissement) und vor allem die NMPP50 (Paris-R<0x00E9>aumur und Bobigny) und Rh<0x00F4>ne-Poulenc in Vitry, zusammen mit Citro<0x00EB>n Balard und dem RATP-Depot Lebrun (13. Arrondissement) die Orte, an denen das CATE den gr<0x00F6><0x00DF>ten Einfluss haben sollte. Die ersten Aktionen des CATE begleiteten also die ersten Streiks oder Streikversuche vor dem 18. Mai, als die CGT beschloss, den Generalstreik auszurufen, um die Bewegung zu ersticken. Wertvolle Zeitzeugenberichte zeigen, dass es eine schwache Minderheit von Arbeitern gab (ca. 10 Prozent pro Betrieb, laut Baynac), die bereit waren, ohne Unterst<0x00FC>tzung durch die Gewerkschaften loszuschlagen. Bei Citro<0x00EB>n (15. Arrondissement) war das CATE dank pers<0x00F6>nlicher Kontakte schon am 18. Mai pr<0x00E4>sent und beteiligte sich an der Ausl<0x00F6>sung des Streiks am 20. Mai. Unter Einbeziehung der Immigranten, die 60 Prozent der Belegschaft ausmachten, verteilte es ein viersprachiges Flugblatt (spanisch, portugiesisch, arabisch und serbokroatisch), in dem es zum Streik und zur Organisierung aufrief. Solange noch nicht gestreikt wurde, lie<0x00DF> die CGT sie machen (sie dr<0x00E4>ngten auf die Besetzung der Fabrik) und <0x00FC>bernahm dann ihre Forderungen. Doch ab dem 21. Mai, als der Streik stand, besetzte die CGT die Tore und hinderte sie k<0x00F6>rperlich am Betreten der Fabrik.51 Doch die Kontakte gingen drau<0x00DF>en weiter. Das CATE entwickelte mehrere Aktionen zur Kontaktaufnahme zwischen Arbeitern der verschiedenen Citro<0x00EB>n-Werke (Levallois, Saint-Ouen, Nanterre), indem sie die Einwandererwohnheime in den Vorst<0x00E4>dten besuchte.52 Als die CGT am 22. Juni mit der Direktion <0x00FC>ber die Wiederaufnahme der Arbeit verhandelte, schaffte es das CATE, diese zwei Tage lang zu behindern. Das CATE war sich <0x00FC>ber die Grenzen des Generalstreiks vom 18. Mai bewusst und verteilte mehrere Flugbl<0x00E4>tter, in denen es dazu aufrief, <0x00BB>den passiven Streik zu einem aktiven Streik zu machen<0x00AB>, doch abgesehen von Rh<0x00F4>ne-Poulenc in Vitry, wo die Streikbeteiligung 50 Prozent53 erreichte und wo das CATE einen gewissen Einfluss erlangt hatte (wobei es allerdings von einer eher <0x00BB>basisnahen<0x00AB> CFDT profitierte, die der CGT gegen<0x00FC>ber feindlich eingestellt war), und in der Lage war, am 24. Mai in der Fabrik eine Versammlung mit 300 Arbeitern abzuhalten, und am 28. Mai einen Versuch der CGT abwenden konnte, die Arbeit aufnehmen zu lassen54, waren die Ergebnisse entt<0x00E4>uschend, und es gab kein Echo zugunsten dieses <0x00BB>aktiven Streiks<0x00AB>. Doch das war die Natur der Bewegung, um die es hier geht: vor dem 18. Mai, als der Streik au<0x00DF>erhalb der Gewerkschaftsparolen los ging, war er fast <0x00FC>berall (in unterschiedlichem Ausma<0x00DF>) minorit<0x00E4>r, und die entschlossenen Arbeiter haben sich nicht alle hinrei<0x00DF>en lassen, mehr zu tun, als f<0x00FC>r den Streik zu stimmen und wieder nach Hause zu gehen oder sich an den Demonstrationen zu beteiligen; nach dem 18. Mai, als es der CGT gelungen war, den Streik durchzusetzen, war die Mehrheit der Arbeiter zwar nicht gegen den Streik, doch sie zogen es vor, zu Hause zu bleiben. Das CATE besch<0x00E4>ftigte sich nicht nur mit der Pariser Region, sondern stellte sich ab dem 20. Mai das Problem der Kontakte in die Provinz: ab dem 21. Mai wurden Teams losgeschickt nach Troyes (in die Textil<0x00AD>industrie), Dijon, Metz und Montpellier. Das war auch die Gelegenheit, Kontakte zu Bauern zu kn<0x00FC>pfen, um die Versorgung der Aktionskomitees und des CATE sicherzustellen. Ansonsten gr<0x00FC>ndete das CATE ein <0x00FC>berbetriebliches Komitee, das sich am 28. Mai bei Nord Aviation in Ch<0x00E2>tillon traf, um die Anstrengungen der Aktionskomitees der einzelnen Betriebe zu koordinieren und ein Flugblatt zu verteilen <0x00BB>Verteidigen wir unseren Streik<0x00AB>. Es traf sich danach t<0x00E4>glich und brachte Aktivisten aus einem Dutzend Betrieben der Pariser Region55 zusammen. Anfang Juni war das Ziel, sich der von der CGT betriebenen Wiederaufnahme der Arbeit zu widersetzen. Die am 6. Juni eingeleitete Wiederaufnahme der Arbeit bei der RATP, wurde zum bestimmenden Thema des CATE. Am Montag, den 10. Juni, versammelten sich 400 Besch<0x00E4>ftigte der RATP (von 36<0x2009>000) in Censier; sie waren vom Aktionskomitee RATP zusammengerufen worden, um die Weiterf<0x00FC>hrung des Streiks zu organisieren. Es ging darum, der Offensive der CGT zu begegnen, die auf Druckaus<0x00FC>bung gegen die Streikenden, ihrem Informationsmonopol und <0x2013> wenn n<0x00F6>tig <0x2013> der L<0x00FC>ge oder Faustschl<0x00E4>gen beruhte. Dennoch f<0x00FC>hrten am 10. Juni elf von 22 Busdepots, neun von 14 Metrolinien und eine von sieben Werkst<0x00E4>tten den Streik fort; ihre Vertreter trafen sich im Censier. Trotz der Begeisterung dieser Aktionskomitees zerrannen die Energien mangels Perspektive schnell; und abgesehen vom Depot Lebrun, das noch eine Ehrenrunde einlegte, war die Wiederaufnahme der Arbeit ab dem 12. Juni durchgesetzt. Das Ende des Streiks bei der RATP f<0x00FC>hrte zum Ende des CATE, das Censier am 16. Juni verlie<0x00DF>.56 Baynac liefert in seinem Buch keine genauen Zahlen, wie viele am CATE beteiligt waren, doch man kann folgendes annehmen: ca. 500 Beteiligte, Arbeiteraktivisten aus einem Dutzend Betrieben (mindestens f<0x00FC>nf pro Betrieb) und Kontakte zu ungef<0x00E4>hr 30 anderen, ein gewisser Einfluss in mehreren Betrieben (Rh<0x00F4>ne-Poulenc, RATP Depot Lebrun) und ein hartn<0x00E4>ckiger Wille, die Selbstorganisation zu f<0x00F6>rdern. Die Frage der Gewalt Die Gewaltfrage sollte ebenfalls untersucht werden. In Paris wie in der Provinz waren die Auseinandersetzungen, die sich nach dem 13. Mai entwickelten, v<0x00F6>llig unorganisiert und gingen nicht <0x00FC>ber kleine Bezugsgruppen hinaus, die sich verabredeten, um gemeinsam zu den Demonstrationen zu gehen. Die Demonstrationen dienten als Anlaufstelle und letztendlich als Moment der Auseinandersetzung mit den Repressionskr<0x00E4>ften. Den jungen Arbeitern, die es ablehnten, sich an den Fabrikbesetzungen zu beteiligen, oder die davon ausgeschlossen waren, dienten die Demonstrationen als Anlaufstelle, wo sie Dampf ablie<0x00DF>en. Gegen<0x00FC>ber einer Macht, die, obwohl die Repressionskr<0x00E4>fte angesichts der Anzahl der Demonstrationen ersch<0x00F6>pft waren, ihre Taktik verbesserte (so gelang ihr am 24. Mai in Paris die Verhinderung der Ausweitung der Demonstration <0x00FC>ber die erlaubten Grenzen hinaus oder am 17. Juni die Einkesselung der Gegend um Flins), schufen die entschlossenen Demonstranten kein Koordinationsinstrument (ganz zu schweigen von einer Zentralisierung). Das Niveau an Gewalt ist gewiss nicht das entscheidende Element, um die Qualit<0x00E4>t einer Bewegung einzusch<0x00E4>tzen, doch die Tatsache, dass die Minderheit der k<0x00E4>mpferischen Arbeiter diese Frage nicht mit ihrem Kampf gegen die Unternehmer und die CGT verband, war eine Beschr<0x00E4>nkung der Bewegung. Was bleibt vom Mai 1968? Was die Lage der Arbeiter betrifft, eine Lohnerh<0x00F6>hung von mindestens zehn Prozent, die dann innerhalb von zwei oder drei Jahren von der Inflation aufgefressen wurde, und eine sehr konsequente Erh<0x00F6>hung des Mindestlohns SMIC um 35 Prozent. Aber in der Industrie hatte der SMIC wenig Bedeutung, da die Reall<0x00F6>hne dort weit h<0x00F6>her lagen. Betroffen davon waren dagegen viele Kleinbetriebe und vor allem die Landarbeiter. F<0x00FC>r die Zeit unmittelbar nach 68 ist das fast alles. Man kann nicht sagen, dass die Anerkennung und die Rechte der Gewerkschaften in den Unternehmen (Gesetz vom 28. Dezember 68) und die den Gewerkschaften in die Hand gegebenen Mittel Errungenschaften der Arbeiterklasse sind. W<0x00E4>hrend des Streiks im Mai 68 haben sich die Arbeiter zwar nicht gegen diese Forderungen gestellt, doch es waren Forderungen der Gewerkschaftsapparate und nicht die ihren. Das <0x00FC>bersetzte sich in eine st<0x00E4>rkere Integration der Gewerkschaften in den Staat, mit vom Apparat ernannten Gewerkschaftsdelegierten, immer mehr Stunden f<0x00FC>r das Funktionieren ihres Apparats usw. ... Und wenn dadurch auch <0x2013> was nicht zu vernachl<0x00E4>ssigen ist <0x2013> in vielen Kleinbetrieben die Bildung von Gewerkschaftsgruppen erm<0x00F6>glicht wurde, die es bis dahin nicht gab, alles im Rahmen der allgemeinen Entwicklung der Gewerkschaften hin zu einer st<0x00E4>rkeren Integration in den Staat, dann war das recht wenig Positives f<0x00FC>r die Arbeiterklasse. In den Jahren nach 68 kam es jedoch zu einer betr<0x00E4>chtlichen Verringerung der Arbeitszeit; zwar nicht nur aufgrund des Streiks, doch auch wegen ihm. Bei Renault machte man vor 1968 noch 48 Stunden; in einem Laden wie Alsthom St-Ouen 47,5 Stunden, und so war das so gut wie <0x00FC>berall in den Betrieben, ohne die <0x00DC>berstunden am Samstag mitzuz<0x00E4>hlen, was oft zu einer Wochenarbeitszeit von 55-56 Stunden f<0x00FC>hrte. In den vier oder f<0x00FC>nf darauffolgenden Jahren sank die Arbeitszeit auf ca. <0x00BB>40 effektive<0x00AB> Stunden. Da die Unternehmer nie verdaut hatten, dass die Pausen gesetzlich bei den Schichtarbeitern in die Arbeitszeit einberechnet waren, sank die reale Arbeitszeit meistens auf 42 Stunden. Vergessen wir nicht, dass sich in den Jahren nach 68 die Schichtarbeit breit entwickelt hat. Die wirkliche Errungenschaft von 1968 f<0x00FC>r unsere Klasse lag woanders. N<0x00E4>mlich darin, dass <0x00FC>berall, in allen Fabriken, Minderheiten von Arbeitern entstanden, die mehr oder weniger mit dem Gewerkschaftsapparat gebrochen hatten. Da gab es einen wirklichen Wandel, und in den zehn Jahren nach 68, in den 70er Jahren, sind wichtige Streiks g<0x00E4>nzlich oder teilweise dem Apparat von PCF und CGT entglitten, und es gab wirklich gro<0x00DF>e Streiks in jenen Jahren. Von 1968 bis <0x2026> 1971 Das Paradox vom Mai/Juni 68 liegt darin, dass er als Bewegung keine Anzeichen von Autonomie hervorbrachte, so wie es in den Jahren danach dann geschah: Streikwelle im Fr<0x00FC>hjahr 1971 (deren Galionsfigur der Kampf der angelernten Arbeiter (OS) bei Renault Le Mans war); 1972 Girosteel, Penarroya, Le joint Fran<0x00E7>ais, Alsthom, Chausson usw. bis 1974 mit dem Streik bei der Post und den Banken. Knapp drei Jahre nach dem Mai/Juni 68 gab es im Fr<0x00FC>hjahr eine Streikwelle, die vielleicht der Ausdruck der Arbeiterautonomie war, die im Mai 68 nicht oder nur sehr wenig zum Ausbruch gekommen war. An Pfingsten 1971 befanden sich im ganzen Land ein Dutzend Fabriken im Streik, <0x00FC>berall mit der erkl<0x00E4>rten Feindschaft des Apparats von PCF und CGT. Dieses Mal war keine Rede davon, sie durch Ausweitung zu ersticken. Presse und Fernsehen verh<0x00E4>ngten eine komplette Nachrichtensperre <0x00FC>ber diese Streiks; das Fernsehen war 1968 ges<0x00E4>ubert worden, und die Zeitungen, die 1968 beschuldigt worden waren, dem Beginn der Streiks zu gro<0x00DF>en Raum gew<0x00E4>hrt zu haben, sprachen nicht mehr dar<0x00FC>ber.58 <0x00DC>berall fand man Minderheiten von Proletariern vor, die 1968 entstanden waren, Minderheiten zwar, doch 1971 waren sie entscheidend. Die Zeitung Lutte Ouvri<0x00E8>re (Arbeiterkampf, die Nachfolgerin der aufgel<0x00F6>sten Gruppe Arbeiterstimme) schrieb in einem ihrer Editorials im Fr<0x00FC>hjahr 1971, eine Arbeiteravantgarde sei in den Fabriken im Entstehen, die gro<0x00DF>e Hoffnungen erweckte. Das stimmte. Die wirkliche Errungenschaft des Mai/Juni 68 f<0x00FC>r die ArbeiterInnen liegt dort; danach sind diese Minderheiten von ArbeiterInnen, die das Ger<0x00FC>st wirklich revolution<0x00E4>rer Arbeiterkomitees h<0x00E4>tten bilden k<0x00F6>nnen, von der Bildfl<0x00E4>che verschwunden und in den Gewerkschaften verloren<0x00AD>gangen. Manche gingen in die CFDT, die 1968 linker als die CGT wirkte, und sogar in die CGT, die es einige Jahre sp<0x00E4>ter verstand, einen Schwenk vorzunehmen und die von ihr als <0x00BB>Linksradikale<0x00AB> Bezeichneten nicht mehr ausschloss, ihnen sogar Posten anbot, in denen diese sich aufrieben, im Glauben, sie k<0x00F6>nnten die konterrevolution<0x00E4>re Natur der Gewerkschaften <0x00E4>ndern, indem sie die verantwortlichen Posten <0x00FC>bernahmen. Tatsache ist, dass sie zu Gewerkschaftern wurden und nicht etwa, dass die Gewerkschaften ihre Natur ge<0x00E4>ndert h<0x00E4>tten. Ein gro<0x00DF>er Teil ist zu LCR oder LO oder zu den Maoisten gegangen, und der allergr<0x00F6><0x00DF>te Teil ist nirgendwohin gegangen. <0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0x2009><0xF03C> Anhang Aktion Nr. 1 Kettenhunde Die Bewegung gegen die Repression hat alle Ordnungsh<0x00FC>ter gezwungen, sich zu distanzieren. Studenten, ihr seid auf der Titelseite der Zeitungen. Seht her, wie <0x00FC>ber euch gesprochen wird. Mehrere Hundertschaften der Gardes Mobiles haben am letzten Freitag einer Handvoll Studenten bei ihrem traditionellen Krawall um die Sorbonne herum getrotzt. <0x00BB>Diese St<0x00F6>renfriede vergessen etwas zu sehr, wer sie sind, n<0x00E4>mlich immer noch Privilegierte. Die Demonstranten der Bastille haben sie neulich daran erinnert und so wie <0x203A>B<0x00FC>rgers<0x00F6>hne<0x2039> behandelt. Ich wei<0x00DF> nicht, ob unter ihnen viele <0x203A>B<0x00FC>rgers<0x00F6>hne<0x2039> waren, ich w<0x00E4>re dar<0x00FC>ber aber nicht sonderlich erstaunt.<0x00AB> Paris Jour. Eine Fakult<0x00E4>t macht viel von sich reden: Nanterre la Folie. Wissen Sie, wie die Studenten dort leben? Inmitten der Elendsviertel, in denen das Subproletariat dahinvegetiert, hat das B<0x00FC>rgertum allen Komfort installiert, den es seinen Kindern schuldet. <0x00BB>Wenn sie m<0x00FC>de sind, k<0x00F6>nnen sich die Bewohner von Nanterre in ihrem, ihrer Meinung nach, bescheidenen Zimmer ausruhen. Sie wissen, die Art von Zimmer, die in einem Hotel 3500 alte Francs pro Nacht kostet: gro<0x00DF>e Glasfenster, Korktafeln, an denen man alles M<0x00F6>gliche aufh<0x00E4>ngen kann, ein durch eine Wand abgetrennter Waschraum, Warm- und Kaltwasser, Steckdose f<0x00FC>r den Elektrorasierer. Auf dem Flur: Duschraum. Telefon und K<0x00FC>chenzeile mit K<0x00FC>hlschrank und Herd, und nat<0x00FC>rlich ein Fahrstuhl. Da es Intellektuelle sind, k<0x00FC>mmern sich Putzfrauen jeden Tag um die Reinigung alle Zimmer ... F<0x00FC>nf-Sterne-Komfort..<0x00AB> Paris Jour. Doch in den Worten des Dekan Grappin ist diese Erfahrung gescheitert: <0x00BB>Die Kombination zwischen Wohnort und Fakult<0x00E4>t war ungl<0x00FC>cklich. Der Campus ist, ich wage es nicht zu sagen, zu einem Hexenkessel geworden, zu einem in sich abgeschlossenen Raum, an dem sich alle Ger<0x00FC>chte entwickelt haben.<0x00AB> L<0x2019>Aurore. Die <0x00BB>B<0x00FC>rgers<0x00F6>hne<0x00AB> verkennen das Problem, sie beleidigen die Erinnerung ihrer Eltern, die so viele Opfer brachten, um ihnen diese Bedingungen eines paradiesischen Lebens zu garantieren. <0x00BB>Ich war auch Student, ich habe den Eindruck, die Studenten von heute haben ein leichtes Leben. Wir hatten <0x2013> bis auf einige Privilegierte <0x2013> keine Studentenwohnheime. Wir lebten meistens in Zimmern ohne Heizung. Wir hatten keine von diesen Mensen, wo man heute f<0x00FC>r 1,50 Francs ein anst<0x00E4>ndiges Essen bekommt. Eure Wohnheime w<0x00E4>ren f<0x00FC>r uns das Paradies gewesen. Also arbeitet und bleibt ruhig.<0x00AB> Camille Leduc, Paris Jour. Doch manchmal kann der Krawall zum Drama werden. Den Unruhestiftern ist das egal. Sie sind es ja nicht, die die kaputten Schaufenster bezahlen m<0x00FC>ssen. Das Volk ist zutiefst desorientiert, doch die guten Franzosen sind auf der Hut, sie protestieren energisch gegen die Provokateure, die ihre Befehle aus dem Ausland bekommen. <0x00BB>Einige kleine Gr<0x00FC>ppchen:<0x00AB> Anarchisten, Trotzkisten, Maoisten, <0x00BB>die in der Regel aus S<0x00F6>hnen des Gro<0x00DF>b<0x00FC>rgertums bestehen und vom Anarchisten Cohn-Bendit angef<0x00FC>hrt werden, nehmen M<0x00E4>ngel der Regierung zum Vorwand f<0x00FC>r ihre Umtriebe, die darauf abzielen, das normale Funktionieren der Fakult<0x00E4>t zu verhindern: Besch<0x00E4>digung von R<0x00E4>umen, Unterbrechen der Vorlesungen, Aufruf zum Examensboykott usw.<0x00AB> L<0x2019>Humanit<0x00E9> Danke und Auf Wiedersehen, Monsieur Roche Am Freitag, den 3. Mai, antwortete die Universit<0x00E4>t mit dem Kn<0x00FC>ppel auf die Aktion der Studenten von Nanterre. Ab 10 Uhr morgens antworten die Studenten aus Nanterre an der Sorbonne auf die Schlie<0x00DF>ung ihrer Fakult<0x00E4>t. Die faschistische Gruppe Occident, die f<0x00FC>r ihre <0x00DC>berf<0x00E4>lle, Brandstiftungen und Kommandoaktionen ber<0x00FC>chtigt ist, nimmt die Schlie<0x00DF>ung von Nanterre zur Kenntnis und k<0x00FC>ndigt an, das Quartier Latin zu <0x00BB>s<0x00E4>ubern<0x00AB>, um <0x00BB>das bolschewistische Gesindel<0x00AB> auszul<0x00F6>schen. Zum Schutz der Sorbonne haben sich an den Toren Selbstverteidigungsgruppen gebildet. Doch der Kampf gegen die autorit<0x00E4>ren Ma<0x00DF>nahmen der Macht ist wichtiger als eine Schlacht mit den faschistischen Gruppen; die Macht erwartet <0x00FC>brigens eine solche Schlacht, die es ihr erm<0x00F6>glichen w<0x00FC>rde, die Aktionen der Studenten auf <0x00BB>interne Rivalit<0x00E4>ten unter Extremisten<0x00AB> zur<0x00FC>ckzuf<0x00FC>hren. Im Hof der Sorbonne <0x2013> 10-12 Uhr Auf den Aufruf der UNEF, des JCR, des MAU und der FER halten die Pariser Studenten eine Solidarit<0x00E4>tsversammlung mit den Studenten von Nanterre ab und schlie<0x00DF>en sich ihnen, der Bewegung 22. M<0x00E4>rz, an. Am Tag zuvor wurde bekannt, dass sieben Studenten der Bewegung 22. M<0x00E4>rz, die wegen ihrer politischen Aktivit<0x00E4>ten vom Ausschluss bedroht sind, vor den Disziplinarrat der Universit<0x00E4>t von Paris vorgeladen wurden. Die Macht, die angebliche Anf<0x00FC>hrer trifft, will die Studenten einsch<0x00FC>chtern. Der Vormittag bleibt ruhig. Der Nachmittag Die Versammlung geht weiter, etwa 1000 Studenten sind gekommen, um gegen die Repression von Seiten der Universit<0x00E4>t und der Polizei zu protestieren. Um 15 Uhr zieht die Gruppe Occident den Boulevard St-Michel hinunter: es sind nur 100 Demonstranten, eingerahmt von drei Reihen Fallschirmj<0x00E4>gern und Nostalgikern des Indochina- und Algerienkriegs, die aus der Provinz und aus Belgien angereist sind, Helme und Kn<0x00FC>ppel in der Hand rufen sie <0x00BB>Vietcong M<0x00F6>rder<0x00AB>. Am Arm tragen sie Abzeichen der faschistischen Bewegung. Sie gehen die Rue des Ecoles in Richtung Rue de la Sorbonne hinauf. Erst in diesem Moment greift die Polizei ein: es gibt keine Festnahmen, sie dr<0x00E4>ngt den <0x00BB>Demonstrationszug<0x00AB> zur<0x00FC>ck, indem sie ihn zur Place Maubert leitet. Ein paar <0x00FC>briggebliebene Faschisten werden bis in die Abendstunden durch das Quartier Latin schw<0x00E4>rmen und versuchen, die Studenten zu provozieren. Danach umstellt die Polizei die Sorbonne, sie n<0x00E4>hert sich den Ausg<0x00E4>ngen: es ist 15.30 Uhr. Drinnen verlangen die Studenten, ihnen einen H<0x00F6>rsaal zu <0x00F6>ffnen und weigern sich, die <0x00D6>rtlichkeiten zu verlassen, wie es die Leitung von ihnen fordert. Rektor Roche ruft die Polizei, um den Eingang der Fakult<0x00E4>t zu schlie<0x00DF>en. Kein Student kommt mehr hinein. Die UNEF, die an der Sorbonne ein Flugblatt verteilt, in dem sie die Provokationen der Gruppen der extremen Linken anprangert, w<0x00E4>hrend das Kommando Occident vorbeizieht, wird ausgepfiffen. 15.30<0x2013>16 Uhr. Alles ist ruhig. Doch der Ton in den Radiosendungen beginnt sch<0x00E4>rfer zu werden: es wird bereits von Krawallen gesprochen. Es wird sogar angek<0x00FC>ndigt, der studentische Ordnungsdienst w<0x00FC>rde die Marmortafeln im Hof der Sorbonne herausbrechen (dabei wurden nur Tische und St<0x00FC>hle aufeinandergestellt, um die Tore zu sichern, als sich das Kommando Occident der Sorbonne n<0x00E4>herte). 16 Uhr. Zweites Treffen zwischen Studenten und Universit<0x00E4>tsleitung. Zweites Ergebnis: die Polizei versperrt nun nicht nur den Zugang zur Sorbonne, sondern sie hindert nun auch die Studenten daran, sie zu verlassen. Da die Studenten sich nicht in einem H<0x00F6>rsaal versammeln k<0x00F6>nnen, veranstalten sie ein Sit-in. Sie diskutieren <0x00FC>ber Aktionsformen und Perspektiven der Studentenbewegung. Wie kann man die eigenen Aktionen mit den Arbeiterk<0x00E4>mpfen verbinden? Wie soll man gegen die Repression k<0x00E4>mpfen? Auf den Stufen sitzend wird <0x00FC>ber die j<0x00FC>ngsten Ereignisse in Nanterre und an der Sorbonne diskutiert. 16.45 Uhr. Die Studenten diskutieren, doch f<0x00FC>r Rektor Roche muss eine Diskussion schon der Beginn eines Krawalls sein. Er ruft die Polizei. Die Sit-ins werden durch den Zwang der Umst<0x00E4>nde unterbrochen. Die Provokation des Rektors ist erfolgreich: auf einen Schlag st<0x00FC>rmt die Polizei mit der Waffe im Anschlag die Sorbonne, als w<0x00FC>rde sie aus dem Sch<0x00FC>tzengraben springen. Es sind 300. Etwas sp<0x00E4>ter folgen ihnen die Brigades d<0x2019>interventions im Kampfanzug (Judo- und Karatetrainer; Spezialeinheiten gegen Aufruhr) und die Gardes mobiles mit dem Gewehrkolben in der Hand. Einigen Studenten gelingt es zu fliehen. Angesichts des Gewaltstreichs verweigern sich die Studenten der Provokation. Um die Vorf<0x00E4>lle zu begrenzen, informiert sich eine Delegation <0x00FC>ber die Absichten der <0x00BB>Vertreter der Ordnung<0x00AB>; diese versprechen, alle ohne Schwierigkeiten gehen zu lassen, wenn kein Widerstand geleistet wird. Der studentische Ordnungsdienst bildet eine Kette zwischen ihren Kommilitonen und den Polizeikr<0x00E4>ften, um Auseinandersetzungen zu verhindern. Trotz des Versprechens werden die ersten Studenten am Ausgang <0x00BB>eingesammelt<0x00AB> und in die Polizeitransporter verfrachtet. Eine neue Provokation. Das Ziel: einen Vorwand zu finden, um die Bewegung zu zerschlagen. Ein Moment des Z<0x00F6>gerns: die M<0x00E4>dchen werden drau<0x00DF>en sofort wieder freigelassen. Es bilden sich Gruppen von Demonstranten. <0x00BB>Unruhestifter<0x00AB>?, <0x00BB>W<0x00FC>tende<0x00AB>?, <0x00BB>Extremisten<0x00AB>? Es sind nicht einmal unbedingt politisierte Studenten, viele von ihnen wollten einfach nur in die Bibliothek. Sie antworten spontan auf die Polizeipr<0x00E4>senz an der Universit<0x00E4>t und schlie<0x00DF>en sich den <0x00DC>briggebliebenen an, um gegen die Verhaftung ihrer Kommilitonen zu protestieren. <0x00BB>Stoppt die Repression<0x00AB>, <0x00BB>CRS = SS<0x00AB>, die Parolen sind schnell gefunden, normal und spontan. Den ganzen Abend <0x00FC>ber breiten sich die Kettenreaktionen aus. Es kommt zu spontanen Demonstrationen, eine ruft die andere hervor. Sie <0x00E4>u<0x00DF>ern die Solidarit<0x00E4>t der Studenten gegen die Willk<0x00FC>r der Polizei. Sie zeigen die tiefen Wurzeln im Studentenmilieu. Alles wird an der Place de la Sorbonne ausgel<0x00F6>st, als die ersten Mannschaftswagen losfahren. Polizeieinsatz zur R<0x00E4>umung des Platzes, Tr<0x00E4>nengasgranaten, die wenigen Demonstranten ziehen sich in Richtung Boulevard St-Michel zur<0x00FC>ck. Spontan, ohne dass eine Parole ausgegeben wurde, sind doch alle Ordnungsdienste, alle politischen und gewerkschaftlichen F<0x00FC>hrer bis 20 Uhr in die Sorbonne eingeschlossen, um dann nach und nach auf die Polizeiwache gebracht zu werden, wo ihre Personalien aufgenommen werden. Andere junge Leute, andere Studenten sammeln sich um die ersten Kerne. Viele sind aufgrund der Radioberichte gekommen, weil sie die Bedeutung der Situation begriffen haben. Die einen gehen bis Luxembourg hinauf, dem brennendsten der hei<0x00DF>en Punkte des Abends (die Demonstration geht bis 23 Uhr), dann zum Port Royal. Andere gehen zur Kreuzung St-Germain. Sie zerstreuen sich und formieren sich wieder zur Demonstration an der Kreuzung St-Jacques, wo sie den Verkehr blockieren. Die Kraft der Polizei ist die Unbeweglichkeit, die Kraft der Demonstranten ist die Beweglichkeit. Es gibt keine direkten Konfrontationen zwischen Polizei und Demonstranten. Letzteren gelingt es, standzuhalten, indem sie mit Wurfgeschossen kontern. Sie rei<0x00DF>en das Pflaster und die Gitter der B<0x00E4>ume heraus, sammeln die Granaten vom Boden auf und werfen sie zur<0x00FC>ck. Sie bauen Barrikaden, ziehen sich bei den Vorst<0x00F6><0x00DF>en der Polizei im Tr<0x00E4>nengasnebel zur<0x00FC>ck, zerstreuen sich und formieren sich wieder neu. Zweimal greifen sie gar selbst an; sie wollen dableiben. Ihre Parole: <0x00BB>Freiheit f<0x00FC>r unsere Kommilitonen! Stopp der Repression! Gaullismus Diktatur!<0x00AB> Alle zur<0x00FC>ck in die Mannschaftswagen; ein Polizist ist w<0x00FC>tend dar<0x00FC>ber, dass er ein Geschoss ins Schulterblatt bekommen hat. Von 21<0x2013>22 Uhr <0x00BB>Pr<0x00FC>gel gegen Demonstranten<0x00AB>. Die Brigades d<0x2019>interventions mischen das Quartier Latin auf. Jeder Zivilist ist verd<0x00E4>chtig. Die Polizei kn<0x00FC>ppelt alles zusammen, was nach Student aussieht. Mancher Passant, der <0x00FC>berhaupt nichts mit der Demonstration zu tun hat, muss drei Stunden auf der Wache verbringen. 40 Studenten fliehen aus einem Polizeitransporter. Wie denn? Es sind nur vier Polizisten im Wagen; in einer abgelegenen Seitenstra<0x00DF>e schlagen sie die Scheiben ein und fliehen. Von nun an stehen die <0x00BB>aufstandsartigen Szenen<0x00AB> im Mittelpunkt. Der vorherrschende Moment des 3. Mai ist die Spontaneit<0x00E4>t des Widerstands gegen die Repression der Polizei. Sie beweist, dass man die Bewegung nicht mit einem Keulenschlag zerst<0x00F6>ren kann. Sie zeigt, wie tief die Studentenkrise wirklich ist. Sie zeigt, dass der Aufruhr nicht nur von <0x00BB>einer Handvoll Tollw<0x00FC>tiger<0x00AB> verursacht wird, sondern ein tiefes Echo in der Masse der Studenten gefunden hat. Der Tag des 3. Mai ist der erste Moment der Radikalisierung des Kampfs. Die Bewegung beginnt sich in die Provinz auszuweiten und findet internationale Unterst<0x00FC>tzung. Wie bei der Demonstration am Freitag: auf die Zerstreuung folgt die Neuformierung der Bewegung, die jedes Mal um neue aktiv K<0x00E4>mpfende anw<0x00E4>chst, die Studenten sind in ein h<0x00F6>heres Stadium der Aktion eingetreten. Montag, 6. Mai Treffen auf dem Boulevard St-Germain, die Demonstranten ziehen in Richtung Place Maubert. Um 15 Uhr erste gewaltsame Zusammenst<0x00F6><0x00DF>e an der Kreuzung St-Germain. Um 16 Uhr hindern 1500 Demonstranten die Polizei zwei Stunden lang in ihrer Bewegungsfreiheit. Eine oder zwei Stunden lang hindern wir sie <0x00FC>ber die gesamte Breite des Boulevard St-Germain daran vorzusto<0x00DF>en. Wir dr<0x00E4>ngen zwei Wasserwerfer zur<0x00FC>ck, die die Demonstranten bespritzt haben (ein Demonstrant ist auf einen hinaufgeklettert und verhinderte, dass der Wasserstrahl gedreht werden konnte). Es flogen auch Pflastersteine, und da wie in allen N<0x00E4>chten die Demonstrationsfront von den Bullen durchbrochen wurde, gibt es stundenlange Auseinandersetzungen mit kleinen Gruppen von 10 bis 100 Demonstranten, die Stunden damit zubringen, in der Nacht zu verschwinden. Die 10. Jugendstrafkammer verurteilt 13 festgenommene junge Leute: vier werden wegen Gewalt gegen Polizeibeamte zu zwei Monaten Gef<0x00E4>ngnis verurteilt, acht andere auf Bew<0x00E4>hrung. Aktion Nr. 2 Die Nacht vom 10. auf den 11. Mai (die sogenannte Barrikaden-Nacht) Die Demonstration beginnt am Platz Denfert Rochereau, aufgerufen hatten die UNF und die SNESup, sie zieht an der von der Polizei bewachten Sant<0x00E9> vorbei, bekundet die Sympathie zwischen Gefangenen und Demonstranten, die Demo soll zum Justizpalast und zum Sender des ORTF gehen, die Br<0x00FC>cken <0x00FC>ber die Seine sind von starken Polizeieinheiten versperrt, die Demonstration setzt sich am Boulevard St-Michel von der Seine bis Luxembourg fest, die Diskussionen laufen gut, angeregt durch kleine Gruppen, auf dem Boulevard, in den Bistros, den Seitenstra<0x00DF>en, andere beginnen das Pflaster aufzurei<0x00DF>en, eine Stra<0x00DF>enbaumaschine wird zur Gare du Luxembourg gefahren, es werden immer mehr Barrikaden gebaut, ganz offensichtlich ohne Sinn, ohne Ordnung und ohne Organisation. Molotow-Cocktails fliegen, die hei<0x00DF>e Phase dauert bis 2 Uhr morgens, w<0x00E4>hrend es Gespr<0x00E4>che zwischen Verantwortlichen der Universit<0x00E4>t und Geismar (SNESup), Cohn-Bendit (Bewegung 22. M<0x00E4>rz) und Sauvageot (UNEF) gab. Ein Aufruf zur Ruhe bringt die W<0x00FC>tenden nicht dazu, das Feld zu r<0x00E4>umen, sie bleiben noch in gro<0x00DF>er Zahl (Tausende) hinter den Barrikaden. Der Befehl zur S<0x00E4>uberung des Viertels wird um 2 Uhr erteilt. Unter gro<0x00DF>em L<0x00E4>rm (ohrenbet<0x00E4>ubende Granaten, Tr<0x00E4>nengasgranaten gegen Molotow-Cocktails, brennende Autos) gehen die Angriffe der Bullen bis 5.30 Uhr weiter, sie werden mit Molotow-Cocktails zur<0x00FC>ckgehalten, die letzten Demonstranten fliehen, die Bullen auf den Fersen, in die <0x00C9>cole Normale in der Rue d<0x2019>Ulm und mit einer Leiter zu den angrenzenden Ordensbr<0x00FC>dern. Staat und Bullen sind wieder Herren des Viertels. M. Maurice Grimaud, der Polizeipr<0x00E4>fekt, liefert am Samstag fr<0x00FC>h die Bilanz der Krawalle: 367 Verletzte wurden in den Krankenh<0x00E4>usern registriert, darunter 251 vom Ordnungsdienst und 102 Studenten. Von diesen 367 werden 54 station<0x00E4>r aufgenommen, darunter 4 Studenten und 18 Polizisten, alle schwer verletzt. Es gab 460 Festnahmen, darunter 61 Ausl<0x00E4>nder. 63 Festgenommene werden der Justiz <0x00FC>berstellt: 26 Studenten, 3 Gymnasiasten und 34 Personen, die keine Studenten sind. Der Sachschaden ist hoch: 60 ausgebrannte Autos, 128 weitere schwer besch<0x00E4>digt. Man kann zu dieser offiziellen Bilanz anmerken, dass etwa die H<0x00E4>lfte der Festgenommenen weder Studenten noch Gymnasiasten sind, die Arbeiterjugend wurde von diesem radikalen Kampf mit seinen gewaltsamen radikalen Mitteln stark angezogen. 1936 Nach Sieg der Volksfront bei den Parlamentswahlen organisierte die PCF Streiks und Fabrikbesetzungen im ganzen Land. Die Regierung unter dem Sozialisten L<0x00E9>on Blum f<0x00FC>hrte die 40-Stunden-Woche und vier Wochen bezahlten Urlaub f<0x00FC>r die ArbeiterInnen ein. <0x00CE>le Seguin: Insel in der Seine zwischen Boulogne-Billancourt und S<0x00E8>vres. Louis Renault erwarb die Insel und errichtete darauf 1929-1934 eine vollst<0x00E4>ndig autonome Autofabrik mit eigenem Elektrizit<0x00E4>tswerk, unterirdischem Testgel<0x00E4>nde und Hafen. Das Werk erstreckte sich <0x00FC>ber die Insel hinaus nach Boulogne-Billancourt (rechtes Ufer der Insel) und am linken Ufer nach Bas-Meudon. Es war damals die gr<0x00F6><0x00DF>te Fabrik Frankreichs mit mehr als 30<0x2009>000 Besch<0x00E4>ftigten. W<0x00E4>hrend des Zweiten Weltkriegs wurde sie von den Alliierten bombardiert. Nach dem Tod Renaults wurde das Unternehmen in staatliche Regie <0x00FC>berf<0x00FC>hrt. Das letzte Auto in Billancourt lief 1992 vom Band. PCF: (Parti communiste fran<0x00E7>ais) Die franz<0x00F6>sische kommunistische Partei wurde 1920 gegr<0x00FC>ndet und trat der Dritten Internationale bei. Nach der Befreiung Frankreichs 1944 trat die PCF zusammen mit anderen Widerstandsgruppen in die erste Nachkriegsregierung unter de Gaulle ein, die sie im Mai 1947 auf Druck der USA verlassen musste, die ihre Marshallplan-Gelder an diese Bedingung kn<0x00FC>pfte. 1946 hatte die Partei eine halbe Million Mitglieder und bekam bei den Parlamentswahlen die meisten Stimmen von allen Parteien. 1958 stimmte die PCF als einzige Partei gegen die R<0x00FC>ckkehr de Gaulles. Sie unterst<0x00FC>tzte <0x00BB>kritisch<0x00AB> die Kolonialkriege in Indochina und Algerien. Die PCF blieb immer Moskau treu, auch beim Einmarsch von Warschauer-Pakt-Truppen in Prag 1968. Humanit<0x00E9>: Parteizeitung der PCF. PSU: (Parti socialist unifi<0x00E9>). Vereinigte Sozialistische Partei. Gegr<0x00FC>ndet 1960 nach dem gaullistischen <0x00BB>Staatsstreich<0x00AB> 1958 aus drei Komponenten: Autonome Sozialisten (PSA), Sozialistische Linke (UGS) und PCF-Dissidenten. Selbstauf<0x00AD>l<0x00F6>sung 1989. CGT: (Conf<0x00E9>d<0x00E9>ration g<0x00E9>n<0x00E9>rale du travail) Hervorgegangen aus der revolution<0x00E4>r-syndikalistischen Bewegung und ihren lokalen <0x00BB>Bourses de travail<0x00AB> (Arbeitsb<0x00F6>rsen; in diesem Text mit <0x00BB>Gewerkschaftshaus<0x00AB> <0x00FC>bersetzt) geriet die CGT nach 1921 mit dem Aufstieg der PCF nach und nach unter deren Kontrolle, v.a. in den Jahren im Untergrund nach ihrer Aufl<0x00F6>sung 1939. Nach dem Krieg st<0x00E4>rkste Gewerkschaft (4 Millionen Mitglieder 1948), 1968 noch 2,3 Millonen. Nach gro<0x00DF>en Mitgliederverlusten in den 80er und 90er Jahren ist die CGT, die ihre organisatorischen Bindungen an die PCF gel<0x00F6>st hat, noch die nach Stimmen gr<0x00F6><0x00DF>te, nach Mitgliederzahlen zweitgr<0x00F6><0x00DF>te Gewerkschaft Frankreichs. Georges S<0x00E9>guy war 1968 Chef der CGT, Henri Krasucki 1982. CFDT: (Conf<0x00E9>d<0x00E9>ration fran<0x00E7>aise d<0x00E9>mocratique du travail) Gegr<0x00FC>ndet 1962, als die Mitglieder des christlichen Gewerkschaftsbunds (CFTC) sich mehrheitlich f<0x00FC>r eine S<0x00E4>kularisierung und die Umbenennung zur CFDT entschieden. Anfangs politisch der Parti socialiste unifi<0x00E9> (PSU) nahestehend, ab 1972 der Parti socialiste. 1968 ca. 600<0x2009>000 Mitglieder, heute mit 800<0x2009>000 Mitgliedern gr<0x00F6><0x00DF>ter Gewerkschaftsbund Frankreichs. FO: (Force ouvri<0x00E8>re) Arbeitermacht. Gewerkschaft, 1947 gegr<0x00FC>ndet von Mitgliedern der CGT, die aus Protest gegen den kommunistischen Kurs austraten und auf politische Unabh<0x00E4>ngigkeit pochten. Politisch dominiert von der Sozialistischen Partei, aber auch trotzkistischen Gruppen. Die meisten Mitglieder kommen aus dem <0x00F6>ffentlichen Dienst. CGC: (Conf<0x00E9>d<0x00E9>ration g<0x00E9>n<0x00E9>rale des cadres). Angestelltengewerkschaft. Damals 200<0x2009>000 Mitglieder. UNEF: (Union nationale des <0x00E9>tudiants de France). Nationale Studentenunion. Gr<0x00F6><0x00DF>ter und <0x00E4>ltester Studierendenverband Frankreichs. Sekret<0x00E4>r: Sauvageot. SNESup : (Syndicat nationale d<0x2019>enseignement sup<0x00E9>rieure). Gewerkschaft der Hochschullehrer und -Assistenten. Leiter: Alain Geismar. UEC: (Union des <0x00E9>tudiants communistes). Studentenverband der PCF. CAL: (Comit<0x00E9> d<0x2019>action lyc<0x00E9>ens). Aktionskomitee der Gymnasiasten. CATE: (Comit<0x00E9> d<0x2019>action travailleurs <0x00E9>tudiants). Aktionskomitee Arbeiter Studenten. MODEF: (Mouvement pour la d<0x00E9>fense des entreprises familiales). Bewegung zur Verteidigung der Familienbetriebe, der PCF nahestehende Bauerngewerkschaft. CNJA: gewerkschafts<0x00E4>hnliche nationale Bauernorganisation, 1957 aus christlichen Gewerkschaften heraus entstanden, 1968 oft der PSU nahestehend. PCI: (Gruppe Lambert) Aus der trotzkistischen Parti Communiste Internationaliste spalteten sich seit 1946 mehrfach Str<0x00F6>mungen ab, .u.a. Socialisme ou Barbarie, die Lambertisten usw.; im Mai 1968 entstand Ligue Communiste R<0x00E9>volutionnaire (LCR). JCR: (Jeunesse communiste r<0x00E9>volutionnaire). Revolution<0x00E4>rer Kommunistischer Jugendverband. IV. Internationale. Voix ouvri<0x00E8>re: (Arbeiterstimme) 1956 gegr<0x00FC>ndete trotzkistische Gruppe, die sich auf Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit konzentrierte. Nach ihrem Verbot 1968 ging daraus die Gruppe Lutte Ouvri<0x00E8>re (LO) (Arbeiterkampf) hervor. La Vieille Taupe: (Der alte Maulwurf) 1965-1973 bestehender linker Buchladen und Treffpunkt, getragen von einer politischen Gruppe. Wichtig f<0x00FC>r die Verteilung von anti-stalinistischer marxistischer Literatur, Zeitungen und Flugschriften. >>