Flugi zur Krise (zum Verteilen vor Betrieben)

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ALLES IN FRAGE STELLEN?

Was da gerade über uns hereinbricht, gilt als schwerste Krise seit der Weltwirtschaftskrise in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts. Damals war der Finanzkrach 1929 erst das Vorbeben der großen Krise, in der sich in Deutschland z.B. die Arbeitslosigkeit in zwei Jahren vervierfachte und es zu großem Elend kam. Also kommen die dicken Brocken in den nächsten zwei oder drei Jahren auf uns zu.

Haben die, die uns regieren und beherrschen, eigentlich noch einen Plan?

* Viele hundert Milliarden Euro sollen einen Flächenbrand löschen, der an immer neuen Stellen aufflackert.

* In den Talkshows sehen wir die fassungslosen Gesichter der »Experten«, die jahrelang immer so forsch Bescheid zu wissen vorgaben.

* Panik flackert in den Augen der Politiker, wenn sie ihre eilends zusammen gezimmerten Ermächtigungsgesetze bekanntgeben. Man meint fast ihren Angstschweiß zu riechen, während sie zusehen müssen, wie ihre scheinbar so fest gefügte Welt sich aufzulösen droht. Und es muss noch viel mehr krachen, damit diese Arschgesichter ihre Arroganz verlieren!

ABER:

Die Krisen treffen meistens uns, dafür sorgen Unternehmer und Politiker schon! Nach der letzten Krise wurde Hartz IV eingeführt, die Arbeitsbedingungen massiv verschärft, der Niedriglohnsektor gewaltig ausgeweitet, Strom- und Gaspreise krass verteuert…

Diesmal ist nichts mehr sicher, weder Arbeitsplätze, noch der Studienkredit, und schon gar nicht die Altersvorsorge.

[Einschub: Krise vor Ort und direkte Ansprache – also z.B. an die Techniker bei BSH]

Was passiert gerade? Kracht hier alles zusammen? Stellt das alles in Frage? Ja, es würde alles in Frage stellen. Das ist kaum vorstellbar. Können wir uns aber vorstellen, gemeinsam gegen die Auswirkungen dieser Krise zu wehren? Darüber haben wir uns ein paar Gedanken gemacht:##

Das ist keine »Finanz- sondern eine Weltwirtschaftskrise«

Die Asien-Krise 1997 betraf nur eine Weltregion. Der Absturz der New Economy betraf nur eine Branche. Diesmal sind wir am Beginn einer Weltwirtschaftskrise. Die Arbeitslosigkeit steigt gewaltig an (im Weltmaßstab und in Deutschland: allein im Perlflussdelta in China sollen bis Jahresende zweieinhalb Millionen ArbeiterInnen rausgeschmissen werden), die deutsche Autoindustrie und ihre Zulieferer sind bereits dabei, zigtausende von uns auf die Straße zu setzen.

Bisher trifft die Krise viel stärker diejenigen, denen es sowieso schon schlechter geht: Leiharbeiter werden rausgeschmissen, viele rutschen in die Überschuldung, können ihre Miete nicht mehr zahlen, haben kaum noch Geld für vernünftige Lebensmittel. Im Vergleich dazu geht es den Stammbelegschaften mit wochenlanger Kurzarbeit noch relativ gut. Aber denkt nur nicht, dass das nur Leiharbeiter betrifft! Wir stehen erst am Anfang der Krise.

Sie versuchen, uns (die ArbeiterInnen rund um den Globus) das Ganze bezahlen zu lassen.

Die rot-grün-schwarzen Bundesregierungen haben hedgefonds und hochspekulative Papiere legalisiert, sie haben alles getan, damit »Finanzinvestoren« Betriebe und kommunale Infrastruktur aufkaufen und ausplündern konnten. Zu diesem Zweck haben sie die Zinsen so niedrig gehalten, dass ein Sparbuch weniger als die Inflationsrate abgeworfen hat; sie haben die Riesterrente eingeführt usw. usw. Sie haben selbst genau das angerichtet, was wir jetzt ausbaden sollen!

Das Rettungspaket der Banken ist eine unerhörte Frechheit! 500 Mrd. Euro sind etwa ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts der BRD. Kredite sind Ansprüche auf Gewinne aus zukünftiger Arbeit. Wir müssten also vier Monate lang komplett für umsonst arbeiten, um diese Summe zusammenzubringen! Ab 1. Januar 15,5 % Krankenkassenbeiträge! Dass sie gleichzeitig die Arbeitslosenversicherung absenken und die Kurzarbeit verlängern, zeigt, wie genau sich der Staat den Unternehmerinteressen anschmiegt. Die Gas- und Strompreise werden weiter erhöht, obwohl Erdöl, Stahl usw. massiv billiger geworden sind. Das sind alles keine Naturgesetze oder Sachzwänge, sondern gezielte Politik.

Sie wollen das Banksystem retten, damit die Politiker an der Macht bleiben und man uns weiter ausplündern kann. Und die Banken verteilen die Fördermilliarden als Boni an die Manager und als Dividendenzahlungen an die Aktienbesitzer! Jetzt schieben sie ein Konjunkturprogramm nach: ein bisschen Gebäudesanierung, ein paar Milliarden für die Autoindustrie und Spritschlucker, Subventionen für Hausbesitzer… Klientelpolitik, die der CDUSPD im Wahljahr 2009 helfen soll. Lächerlich angesichts der Dramatik der Krise!

Was ist mit unserem »Kapitalbedarf«?

SPD und Grüne haben mit Hartz IV dafür gesorgt, dass der Niedriglohnsektor in Deutschland so stark wie in keinem anderen Land wächst. Bereits Ende 2007 haben rund 1,3 Millionen Erwerbstätige aufstockendes ALG II bezogen, trotz Vollzeitjob! Trotz Boom hatten wir auch in den letzten Jahren Reallohnverluste. Laut Statistischem Bundesamt können in der BRD inzwischen drei Millionen Haushalte (jeder zwöflte!) ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen, weitere 1,5 Millionen Haushalte kommen gerade so über die Runden, eine kaputte Waschmaschine kann dort die Balance kippen. Die offizielle Hauptursache für Überschuldung ist »Arbeitslosigkeit«. Also die übliche Mischung aus miesen, schlecht bezahlten Jobs, ALG, Leiharbeit usw.

Größere Lohnerhöhungen als die von der IG Metall geforderten 8 Prozent sind nötig! Wie wäre es mit 500 € mehr für alle und Abschaffung der Leiharbeit?!

Geld kann nicht arbeiten…

Der Dummspruch »mein Geld arbeitet für mich« ist jetzt aufgeflogen! Entweder jemand lässt andere für sich arbeiten oder man muss selbst arbeiten, es gibt keine andere Möglichkeiten. Das Gerede vom »freien Spiel der Märkte« ist zerplatzt, stattdessen wird dieser Sachverhalt jetzt wieder beim Namen genannt: »Kapitalismus«. Ein System, das auf Ausbeutung unserer Arbeit beruht.

Durch die Krise werden die Verhältnisse klarer, doch es ist keinesfalls ausgemacht, ob wir gerade den Anfang vom Ende des Kapitalismus erleben, oder ob der Kapitalismus strahlender und mörderischer denn je aus der Krise hervorgehen wird. Das hängt ganz wesentlich von uns ab!

Es wird Zeit, dass wir das alles selbst in die Hand nehmen!

Die tiefe Krise zeigt auch, dass dem Kapital die Optionen ausgehen. Wir, die ArbeiterInnen überall auf dem Globus haben mit unseren Ansprüchen an ein gutes Leben das Kapital in die Klemme getrieben: Weil sie aus den Fabriken nicht genug Profit herausquetschen konnten, mussten sie immer riskanter auf den Finanzmärkten spekulieren.

Wir sind es aber auch, die Tag für Tag den gesellschaftlichen Reichtum produzieren. Wir halten bereits die Weltgesellschaft am Laufen. Aber können wir uns wirklich vorstellen, die Welt selbst zu regieren? Die Idee, so naheliegend sie ist, erscheint zunächst ungeheuerlich: ohne Regierungen und Staaten, ohne Banken und Geld - wie kann das gehen? Gibt es dann morgens Brötchen? Fahren die U-Bahnen? Wir werden es nicht wissen, solange wir nicht ernsthaft und gemeinsam überlegen, wie es gehen könnte. Klar scheint: Es ist ja nicht nötig, dass jemand morgens um 2:37 Uhr Schichtwechsel hat! Oder dass jemand 40 Jahre lang acht Stunden am Tag in jeder Minute dieselben 73 Schrauben anzieht.

Wenn das Geld in den letzten Jahren sowieso nur Spielgeld war – und diese Spielchen nun so furchtbar zusammengekracht sind - können wir uns dann nicht vorstellen, die gesellschaftliche Produktion ohne Geld aufrechtzuerhalten? Müssen wir uns das nicht sogar vorstellen? Anstatt in Demut abzuwarten, dass die Krise mal wieder auf unserem Rücken ausgetragen wird, sollten wir anfangen ein Wörtchen mitzureden!

Denkt mal drüber nach! Und redet mit Euren Kollegen. Wir melden uns demnächst wieder.

Vielleicht seid Ihr in vier Wochen schon in Kurzarbeit.

Wer das Flugblatt trotzdem kriegen möchte, soll uns eine Email schicken: sprinterzero….

ALLES in Frage stellen.

[die Idee ist, im ersten Flugi nur die Fragen aufzumachen und die Kaputtheit des Systems, das Drängende usw. zu bringen – im zweiten Flugi dann – sozusagen unter der Parole: Du bist nicht allein - wir sind nicht allein – der Frage nachzugehen, wo überall Kämpfe laufen usw.]

wie können wir das sofort erkennbar machen, dass das erste und das zweite flugi zusammengehören?

Zweites Flugi

direkt an der Frage anknüpfen – DENN:

1) DIE DRINGLICHKEIT

Das, was ist, hat uns nicht zu bieten als Krisen und Kriege (immer öfter, immer tiefer, immer blutiger). Auch deshalb müssen wir uns Gedanken drüber machen, wie man den Laden ohne bedrucktes Papier schmeißen kann.

2) DIE MÖGLICHKEIT

Wir haben im ersten Flugi behauptet, das hängt von uns ab!

dazu wollen wir nun ein paar Anhaltspunkte liefern, die in diese Richtung weisen:

- Solche Prozesse sind auf dem Weg … [Caff.: Kämpfe im Süden …]

3) DIE KONTERREVOLUTIONÄREN KRÄFTE

es gibt aber auch viele, die dagegen arbeiten:

- Abschnitt zur Staatsfrage, die neuen Kontrollgesetze, Aufrüstung der Polizei, Militär im Innern, Überwachung usw.

- Militäreinsätze im »Ausland« (rausarbeiten, dass sie dort wie hier gegen das Proletariat gerichtet sind und z.B. wunderbar mit den Drogenbossen zusammenarbeiten)

-> das Recht auf proletarische Gewalt

In der Auseinandersetzung mit all den »Rettern«, die ihre Pläne präsentieren, und in der Selbstkritik der Bewegungen wird die soziale Revolution ihre konkreten Optionen formulieren müssen.

Schluss:

- gegen die Verzichtsideologie! [aber keine Verelendungstheorie!]

So wie der Zusammenbruch von BenQ zeigte, dass der Lohnverzicht ein paar Jahre zuvor für die Katz war, räumt der weltweite Zusammenbruch jetzt mit den jahrelangen Lügen auf, wenn die Opel-Arbeiter auf Lohn verzichten, könne sich Opel gegen Ford besser behaupten und ihre Arbeitsplätze seien sicher. Die Call Center werden nicht nur in den USA und in Deutschland geschlossen, weil irgendwelche Asiaten ihnen die »Arbeit wegnehmen«, sondern auch in Indien. Die Krise zeigt, dass die ganzen Jahre die Standort-Ideologie, des »Kampfs um Märkte« in erster Linie Verzichtsideologien waren.

[das lässt sich auch auf die nationalstaatliche Ebene heben: es gibt keine ’gewinner-nationen‘… => die Krise ist weltweit – die Bedingungen sind weltweit – der Kampf dagegen…]

- Beispiele von Widerstand (Wasserpreise reduzieren [Paderborn], Kampf gegen Privatisierung [Freiburg], Kampf gegen Rausschmiss von Leiharbeitern [Italien] … China?? …)

bisherige »abgetrennte« Widerstandsformen (»Wasserpreise reduzieren«, »gegen Privatisierung« …) können sich in der Krise radikalisieren und zusammen kommen…