Wildcat-Zirkular Nr. 34/35 - März 1997 - S. 104-116 [z34antik.htm]


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In den letzten Zirkularen wurde öfters betont, daß die linke Diskussion in anderen Ländern weitaus fortgeschrittener sei als in unseren Gefilden. Das schlug sich dann auch darin nieder, daß wenig 'Eigenproduktion' und sehr viel Übersetztes im Zirkular zu finden war. Unsere Erklärungsmuster, unsere Waffen der Kritik der kapitalistischen Weltgesellschaft scheinen stumpf geworden zu sein. In den ersten Ausgaben des Wildcat-Zirkulars haben wir so erst einmal versucht zu sichten, welche Erklärungsansätze auf dem linken Theorie-Markt sich so tummeln. Die Regulationstheorie und der Keynesianismus wurden kritisiert und die Diskussion mit GenossInnen über autonom-sozialrevolutionäre Theorie (Autonomie, Materialien für einen neuen Antiimperialismus) wurde als wichtig befunden. Der Text versucht, diesen abgerissenen roten Faden wieder aufzunehmen, in der Hoffnung eine allgemeine Diskussion fernab der Empirie zu entfachen, die zu einem Klärungsprozeß führen kann.

Über Antikapitalismus

Das Geplappere über das angeblich neue Gesicht des Kapitalismus will nicht aufhören. Nun sind es Schlagworte wie Globalisierung, zeitliche Beschleunigungen, dominierendes Finanzkapital, die vorgaukeln sollen, es hätte sich substanziell etwas im und mit dem Kapitalismus verändert. Jedermann kann auftrumpfend erklären, daß der Kapitalismus ja längst nicht mehr derjenige der Zeiten des alten Marx ist. Doch ist tatsächlich alles so neu am aktuellen Kapitalismus?

Die einen heben auf seine Globalität ab und scheinen zu vergessen, daß Globalität schon im Begriff des Kapitals angelegt ist. Das 'automatische Subjekt' alias Kapital kennt keine Grenzen und nationale Zugehörigkeit. Außerdem war der Kapitalismus schon immer als Weltsystem zu begreifen. Über die nicht unbedingt neue, aber doch ungewohnt intensive Beschäftigung des Kapitals mit sich selbst in der Geldform, scheinen viele den Blick dafür zu verlieren, daß das Kapital nach wie vor Arbeit einsaugt - z.B. in der »Welt in Umwälzung«, in Asien. Neu ist auch an den aktuellen Versuchen, den Zirkulationsvorgang, die Transportarbeit, extrem zu verbilligen, das heißt: unter anderem die Löhne zu drücken, den Streß zu heben, nichts. Konkret kann das Kapital als Bewegung der Verwertung des Werts aufgrund der moralischen und sozialen Schwäche des Proletariats lästige Reproduktionskosten streichen, und die Arbeiterinnen und die Arbeiter können auf das Existenzminimum runtergedrückt werden, da die Höhe des Lohnes eben auch von moralischen und sozialen Komponenten festgelegt wird.

Der Kapitalismus entfaltet sich eben aktuell zu seinem Begriff. Die Akkumulation, also die Selbstvermittlung des Kapitals mit sich selbst, zieht ihren Kreis immer enger, die zeitliche Durchlauflänge des Wertes auf dem Markt - bis der Wert also realisiert wird - soll vermindert werden, die Umschlagszeit des Kapitals soll gegen Null gehen. So brutal für die Transportarbeiter oder die EDV-Arbeiterinnen, so wenig spektakulär und neu ist dieses Phänomen.

Und tatsächlich kann man jedem, der wissen will, was Kapitalismus ist, nach wie vor Charlie Chaplins »Modern Times« empfehlen - von Arbeitslosigkeit, Hunger, immer schnelleren Maschinenlaufzeiten, Zwang zur Arbeit, um am gesellschaftlichen Reichtum wenigstens ein klein wenig Teil zu haben, wird dort nämlich eindrucksvoll und aktueller denn je erzählt.

Nur eines wird dem Cineasten sofort ins Auge stechen: die streikenden, solidarisch stehlenden, sympathischen Individuen sind tatsächlich von vorgestern. Und genau dies ist das erschreckend Neue: Die Erwartungen und Imperative des Kapitals scheinen die Köpfe der Menschen der nachfaschistischen BRD-Gesellschaft in der Folge einer totalen Subsumtion nahezu restlos besetzt zu haben. Dazu - zu der eigentlichen Krise revolutionärer 'Politik' - weiter unten mehr. Zu Beginn erst einmal eine Auseinandersetzung mit der neuen linken Begeisterung für die Arbeit.

Antikapitalismus als Lob der Arbeit?

1. Die Orthodoxie

»Antikapitalismus pur kann zu den seltsamsten Ausformungen führen, auf der nationalen Seite zu völkischem Antikapitalismus, Nationalbolschewismus und ähnlichem, auf der Linken zu Proletkult.«

(Hermann L. Gremliza, Konkret-Kongreß)

Wer so spricht, der möchte zwar etwas Antikapitalismus nach wie vor im Tornister der linken Theorie und Analyse mit sich herumschleppen, der möchte aber auch - quasi als Verdauungsschnaps - den radikalisierten Antifaschismus des Antideutschtums im Gepäck haben, wie es an der publizistischen Stoßrichtung der Konkret abzulesen ist.

Antikapitalismus pur ist ihm jedenfalls suspekt. Was Antikapitalismus pur allerdings sein soll, ist hierbei die Frage. Geht es um die korrekten Mischverhältnisse?

Nein, es zeigt sich bei einem derartigen Verständnis von Antikapitalismus, der in Proletkult enden kann, daß diese Alt-Linken nach wie vor der marxorthodoxen Vorstellung vom Antagonismus Arbeit-Kapital verhaftet sind.

Wer - wie Gremliza - Antikapitalismus in der Linken in Proletkult münden sieht, hat zwar aufmerksam den hegemonialen 'Antikapitalismus' einer ML-Linken studiert, doch bleibt er selbst noch dieser Sichtweise verhaftet, weil er nicht begriffen hat, daß die Arbeit und das variable Kapital integraler Bestandteil des Kapitalverhältnisses sind. Mit diesen Scheuklappen behaftet, ist es nur folgerichtig, daß Gremliza davon ausgeht, daß die realsozialistischen Länder, in denen der Proletkult blühte, antikapitalistisch waren. Doch so wird er es aber auch nie schaffen, einen Begriff von Antikapitalismus zu entwickeln, der sich löst von den marxistisch-leninistischen Arbeitsdiktaturvorstellungen und dem üblen Erbe des Sozialdemokraten Marx, der in der Entwicklung der Produktivkräfte einen notwendigen Gang der Geschichte erkennen mochte und oftmals seine Ambivalenz zwischen Arbeitskritiker und Arbeitstheoretiker zu Gunsten von letzterem auflöste - eine Haltung, an der die Bolschewisten mit ihrer Entwicklungsdiktatur und der Arbeitshypostasierung à la Stachanow andocken konnten.

Jeder Antikapitalismus, der diesen Namen auch verdient, kommt deshalb an der Kritik der Arbeit selbst nicht vorbei. Kommunismus ist die Selbstnegierung des Proletariats als (mehrwertschaffende) Klasse.

Andernfalls - und einige Konkret-Linke stehen dafür beispielhaft: vom SU-Groupie Gremliza bis zum Ulbricht-Fan Sahra Wagenknecht - wird das ideologische Herrschaftsinstrumentarium 'Marxismus' weitergeführt, mit Verklärung des östlichen Staatskapitalismus verbunden (bei Gremliza mit einer scharfen Prise Antideutschtum angereichert, bei Wagenknecht noch ganz aus altem Holz geschnitzt).

Um es deutlicher zu sagen: ein Antikapitalismus, der die Arbeit und die Produktivkräfte überhöhte und nicht als integralen Bestandteil des Kapitalverhältnisses kritisiert, gehört auf den Müllhaufen der Geschichte. Wer diesen - die Wertvergesellschaftung nicht kritisierenden - Antikapitalismus mit Antideutschtum oder ähnlichem lediglich verdünnen will, liegt falsch, denn er verkennt den unmittelbaren Zusammenhang von Wertproduktion und der realen wie ideologischen Funktion des Staates als 'ideeller' Gesamtkapitalist.

Detlef Hartmann brachte die Haltung derjenigen, die Marxismus als Herrschaftsinstrument weiter benutzen, folgendermaßen kritisch auf den Punkt:

»... den undifferenzierten Begriff der Klasse nicht aus den Kämpfen gegen die technologischen Potenzen der produktiven Unterwerfung zu gewinnen, sondern aus seinen produktiven Funktionen, und dadurch Technologie ideologisch zu neutralisieren; den Begriff des Widerspruchs nicht aus dem revolutionären Prozeß gegen die Intensivierung der Gewalt der Produktivkräfte und die kapitalistische Vergesellschaftung ausbeutender Organisation zu gewinnen, sondern zur Entfesselung, zur Emanzipation der Produktivkräfte und ihrer organisatorischen Potenzen gegen längst überholte Eigentumsfunktionen zu pervertieren...« (ak 362)

2. Negris Leninismus im bunten Kostüm der Postmoderne

Es war lange Zeit das Verdienst des Operaismus, den Kampf gegen die Arbeit (die sich am geschichtsträchtigsten in den süditalienischen WanderarbeiterInnen und ihren Kämpfen ausdrückte) gegen die Marx-Orthodoxie und deren Arbeitsfetischismus verteidigt zu haben. [1] Um so mehr nimmt es wunder, daß wir von einem bekannten autonomen Theoretiker heutzutage eine geballte Ladung Unverständliches geliefert bekommen - Toni Negri in der Beute von Winter 96/97:

Zuerst bezieht er sich auf diese Klassenkämpfe, die die Verweigerung und den Kampf gegen die Arbeit als Inhalt hatten, um zu folgendem Schwenk zu kommen: »Die Verweigerung der Arbeit bedingte die Modifikation der Arbeitsorganisation und macht die Entwicklung der 'intellektuellen Arbeit' möglich, die eine Erfindung der Bosse war. Aber offenkundig hat es einen Sieg der Arbeiterinnen und Arbeiter gegeben.«

Offensichtlich, denn wir leben ja laut Negri schon im Kommunismus, wie er seit einigen Jahren nicht müde wird zu behaupten. Dieser Sieg basiere auf der weitgehenden »Autonomie« der Arbeit, insbesondere der »immateriellen Arbeit«, »die heute als grundlegendes Moment der in der Produktion tätigen Arbeitskraft dient. Und daher kann von 'immateriell Arbeitenden' gesprochen werden, die aufgrund ihrer intellektuellen Fähigkeiten immer mehr gefordert sind. (...) Wir sprechen (...) von 'immaterieller Arbeit', um zu sagen, daß es sich nicht mehr um Arbeit auf der Basis eines rein physischen Verhältnisses in der vom Kapital beherrschten Organisation der Arbeitsprozesse handelt. Die Vorherrschaft des Kapitals besteht, aber diese kapitalistische Vorherrschaft basiert auf einer Autonomie der Arbeit, die sich außerhalb ihrer konstituiert.« Negri weigert sich, Kapitalismus als Totalität zu begreifen, stattdessen läßt er sich dazu hinreißen, das Kapital als »etwas rein Parasitäres« zu bezeichnen. Exakt dieses Verständnis von unproduktiven Couponschneidern (= Kapitalisten) kontra schöpferischer Potenz der Arbeit läßt sich aber schon bei Lenin nachlesen.

Negri bezieht sich allerdings ganz unorthodox auf postmoderne Theorie und findet z.B. bei Foucault sehr viel Sympathisches wie »Brüche, Sprünge und Autonomien« und die daraus resultierende Möglichkeit, »Mikropolitik« zu betreiben, die sich allerdings mit Klein-Kleinst-Bewegungen bescheidet und der Revolution eine Absage erteilt. Er findet aber auch reichlich Metaphysisches über »die Macht des Lebendigen«, was ihn immer weiter weg vom Materialismus führt. Bereits der Antihegelianer Foucault wehrte sich gegen das Begreifen von Gesellschaft als Totalität. Daher auch das theoretische Rumgestolpere von Negri: wie soll es denn bitteschön eine Autonomie der Arbeit im Kapitalismus geben? Es gibt die abstrakte Arbeit und die konkrete. Die abstrakte Arbeit - also die unterschiedlichen Privatarbeiten, die durch den Markt vermittelt gesellschaftliche Arbeit sind - hat aber total die konkrete Arbeit okkupiert. Genauso wie der Tauschwert den Gebrauchswert okkupiert hat - ohne daß damit der Gebrauchswert verschwunden wäre. Denn Waren ohne Gebrauchswert würden auf dem Markt nicht gekauft, d.h. ihr Wert würde nicht realisiert.

Negri sieht aufgrund einer bestimmten Arbeitsorganisation die Möglichkeit des Kommunismus gegeben. Er sieht in der Koproduktion und der produktiven Kooperation eine gesellschaftliche Utopie: »Es gibt diese Macht des Kapitals, die allgemeine produktive Ebene zu entwerfen, aber diese allgemeinen produktive Ebene ist zugleich ziemlich autonom gerade durch das Vermögen der Menschen, sich die 'Werkzeuge der Arbeit' anzueignen, und durch das Vermögen, solidarische Beziehungen innerhalb der Koproduktion und der produktiven Kooperation einzugehen. Und das alles bestimmt die Situation, die vollkommen neu ist.«

Wieder mal ist alles vollkommen neu... Aber was ist denn neu an einer Situation, in der die Leute in der Gruppenarbeit ausgepowert werden und ihr ganzes kreatives Potential nicht mal mehr in den heimischen Modelleisenbahnbau oder in den Schrebergarten, sondern ausgerechnet in die Arbeit selbst legen? (Und wehe, der Kollege macht das nicht...!)

Die Gruppenarbeit in den neuen Fabriken widerlegt doch nicht Marx, sondern bestätigt erneut seine allgemeinen Ausführungen: »Als unabhängige Personen sind die Arbeiter Vereinzelte, die in ein Verhältnis zu demselben Kapital, aber nicht zueinander treten. Ihre Kooperation beginnt erst im Arbeitsprozeß, aber im Arbeitsprozeß haben sie bereits aufgehört, sich selbst zu gehören. Mit dem Eintritt in denselben sind sie dem Kapital einverleibt. Als Kooperierende, als Glieder eines werktätigen Organismus, sind sie selbst nur eine besondre Existenzweise des Kapitals.« [2]

Die Bedürfnisse der Arbeiterinnen und Arbeiter nach mehr 'Selbstbestimmung', das Bedürfnis, die stumpfe Fließbandarbeit hinter sich zu lassen, sind 'produktiv' in der Gruppenarbeit von oben aufgegriffen worden. Der Operaismus hat diese Funktion des Klassenkampfes als Modernisierungsfaktor und Triebfeder der technologischen Entwicklung schon immer betont (und damit auch das dynamische, kämpferische Moment, das in der Marxschen Kritik der politischen Ökonomie fast ganz herausgefallen ist, wieder in die revolutionäre Theorie mit hineingenommen). Die Fremdheit gegenüber der fremdbestimmten Ausbeutung am Fließband des Fordismus wurde unter maßgeblicher Initiative der Gewerkschaften in technologische Entwicklung und neue Arbeitsmodelle überführt. Das zweifelhafte Ergebnis ist eine wiedergewonnene 'Arbeiterwürde' und eine verstärkte Selbstdefinition über die Arbeit. Darin sehe ich die Krise der Arbeiterklasse: in ihrer aktuell nicht vorhandenen Fremdheit gegenüber der zur 'Arbeitswelt' verniedlichten Ausbeutungssphäre.

Doch die Kritik der Arbeit ist nicht nur in den beschriebenen Arbeitsmodellen in der Automobilindustrie erst einmal suspendiert: Immer mehr Menschen müssen das machen, was Bürgergeldlobbyisten, gutmeinende evangelische Pfarrer und Linksgewerkschaftlerinnen fordern: 'ohne Arbeit leben lernen'. Tatsächlich müssen sie mit immer prekärerer Arbeit leben lernen. Die Arbeitslosigkeit sitzt natürlich den Arbeiterinnen und Arbeitern im Nacken. Allerdings mit dem zweifelhaften Ergebnis, daß die Hinterfragung der Lohnarbeit selbst überhaupt nicht mehr denkbar erscheint und jede Position, die einen 'Kampf gegen die Arbeit' proklamiert als abseitig empfunden wird, ja nicht einmal nachvollzogen werden kann. Obwohl das Kapital nicht mehr die Reproduktion der vielen Arbeitslosen und working poor garantieren kann, ist das Alltagsbewußtsein paradoxerweise um so stärker angekettet an die Arbeit und die Arbeitsgesellschaft (disponible Zeit wird nicht mehr als Reichtum empfunden, sondern als Qual). Verdrängungsmechanismen greifen um sich; den wenigen Kindern, die sagen, daß der Kaiser nackt ist (oder ausgezogen werden müßte), wird augenblicklich der Hosenboden versohlt - Angst im Kapitalismus führte schon immer zur Aggressivität der Integrationswilligen.

... Auf der Suche nach dem Subjekt der Befreiung...

Das Problem der antikapitalistischen sozialrevolutionären Linken ist, daß sich Klasse als kämpfende Klasse gegen die Imperative von Staat und Kapital in den Metropolen gerade nicht formiert, die wohlfahrtsstaatliche Fixierung nicht überwunden wird und ein Hinterfragen der Mehrwertproduktion ausbleibt. Je wahrscheinlicher die eigene Überflüssigkeit fürs Kapital wird, desto weniger trachtet der Arbeiter danach, sich aus seiner Funktion als variables Kapital zu lösen. [3] Die vereinzelten Streikberichte lösen bei uns ja auch berechtigterweise nur noch Achselzucken aus, geht es doch nicht einmal mehr um den besseren Verkauf der Ware Arbeitskraft als notwendig immanente Bewegung des Kapitals (Klassenkampf als Motor des Kapitals).

Vielleicht ist es ein Problem der Wahrnehmung und des Pessimismus der metropolitanen Linken. Doch vielleicht liegt es auch an der Unterschätzung der Ideologien, der Denkformen also, die durch die kapitalistische Gesellschaft produziert werden - und die Wertkritiker wie die Freiburger Initiative Sozialistisches Forum ins Fadenkreuz ihrer praktischen Kritik (der Ideologiekritik) nehmen. Dabei begreifen sie Wert nach Karl Marx als gesellschaftsstrukturierende Zentralkategorie: nicht als ökonomische Größe, sondern als gesellschaftliches Verhältnis.

3. Adornos Wertkritiker...

Der Wert sitzt demnach auch in den Köpfen. Die Wertkritiker machen die künstliche Trennung in Basis und Überbauphänomene nicht mit. Mit Marx' Ausführungen über den »Fetischcharakter der Ware und sein Geheimnis« versuchen sie den »Zauber und Spuk« im Kapitalismus der von der Ware verursacht wird, in den Blick zu bekommen. »In der kapitalistischen Warengesellschaft hat sich der Prozeß der Produktion und Reproduktion des materiellen Lebens den Bedürfnissen der Menschen gegenüber verselbständigt. Produkte der menschlichen Hand werden im Tauschprozeß zu selbständigen Dingen, zu Wertgegenständen, die eine von der Tätigkeit der Menschen losgelöste Eigendynamik zu besitzen scheinen. Die Gesetze des anonymen Marktes erscheinen als blinde, naturhafte Gewalten, hinter denen sich in Wahrheit gesellschaftliche Machtverhältnisse verbergen. Alle auf dem kapitalistischen Markt zirkulierenden Güter hören auf, anschaulich konkrete Gegenstände zu sein und erstarren zu Waren. Deren Wertform wird nicht als ein Ausdruck gesellschaftlicher Verhältnisse, sondern als Eigenschaft der Dinge selbst erfahren. In Analogie zu dieser Fetischisierung der Warenwelt werden die Produkte des menschlichen Denkens zu selbständigen Mächten, die die Geschichte zu lenken scheinen, verdinglicht.« [4]

Toni Negri behauptet im Gegensatz dazu ja seit den 70ern, daß das Kapital nur noch als Kommando existiere und das Wertgesetz aufgrund der autonomen Klassenkämpfe in die Luft geflogen sei. Hier stellt sich doch die Frage, ob nicht viel eher die Wertvergesellschaftung im oben beschriebenen Sinne total geworden ist. Die Auseinandersetzung mit den Wertkritikern der unterschiedlichen Couleur (Postone, Joachim Bruhn (ISF), aber auch Robert Kurz), die alle drei eine kritische Marxlektüre pflegen, wäre sicherlich angesagt.

Der Blick der Wertkritiker (beispielsweise der Berliner bahamas oder der Freiburger ISF) auf die kapitalistische Gesellschaft scheint auch durch die aktuelle Flaute, was revolutionäre Bewegungen anbelangt, sehr viel Plausibiliät zu bekommen. Die wertkritische Schule, die sich auf die Kritische Theorie um Adorno/Horkheimer bezieht, bietet mit ihrer Analyse von Wertvergesellschaftung und daraus unmittelbar (in Folge einer Verdopplung der Warenform in Denkform) resultierendem »notwendig falschen Bewußtsein« (Marx) eine kohärente Erklärung, warum alles so Scheiße ist. Sie führt die Misere, daß die Arbeiterklasse dem Kapital nicht den Garaus macht, darauf zurück, daß zum einen die Reproduktion des Einzelnen im Kapitalismus nur über den Umweg der Beihilfe des Einzelnen zur Akkumulation des Kapitals zu haben ist, und daß zum anderen der Arbeiter selbst den Fetischformen (z.B.: Lohnfetisch) der kapitalistischen Vergesellschaftung aufsitzt. Die Subsumtion unter das Kapitalverhältnis im entwickelten Kapitalismus ist total geworden.

Marx beschreibt im Kapitel über die ursprüngliche Akkumulation die zuerst formelle Subsumtion der Klassenreproduktion über die gewaltsame Zerstörung nicht-kapitalistischer (Re-)Produktionsweisen; die Arbeiter lernen aber mit der Zeit die Regeln des Spiels - Gewalt ist zur Kettung der Arbeiter ans Kapital nicht mehr nötig:

»Im Fortgang der kapitalistischen Produktion entwickelt sich eine Arbeiterklasse, die aus Erziehung, Tradition, Gewohnheit die Anforderungen jener Produktionsweise als selbstverständliche Naturgesetze anerkennt. Die Organisation des ausgebildeten kapitalistischen Produktionsprozesses bricht jeden Widerstand, die beständige Erzeugung einer relativen Überbevölkerung hält das Gesetz der Zufuhr von und Nachfrage nach Arbeit und daher den Arbeitslohn in einem den Verwertungsbedürfnissen des Kapitals entsprechenden Gleise, der stumme Zwang der ökonomischen Verhältnisse besiegelt die Herrschaft des Kapitalisten über den Arbeiter. Außerökonomische, unmittelbare Gewalt wird zwar immer noch angewandt, aber nur ausnahmsweise. Für den gewöhnlichen Gang der Dinge kann der Arbeiter den 'Naturgesetzen der Produktion' überlassen bleiben, d.h. seiner aus den Produktionsbedingungen selbst entspringenden, durch sie garantierten und verewigten Abhängigkeit vom Kapital.« [5]

Allerdings kannte Marx noch nicht den Faschismus, er hätte ihn lediglich als 'Barbarei' bezeichnen können. Der NS hat die ArbeiterInnenklasse zu 'Humankapital' erzogen und formiert und damit die totale Subsumtion erreicht. Allerdings überhaupt nicht 'stumm' und über einen sehr intensiven Gebrauch außerökonomischer, unmittelbarer Gewalt. Auf der anderen Seite hat der NS Antwort auf die Unfaßbarkeiten, Unwägbarkeiten und Undurchschaubarkeiten des Marktes gegeben. Die abstrakte Seite des Kapitals wurde im Juden personifiziert, die konkrete - die Arbeit - hypostasiert, und die Zirkulationsspäre weitgehend kassiert.

Nach der totalen Subsumtion des Einzelnen im Nationalsozialismus unter Staat und Kapitalverhältnis, ist die Klassenreproduktion an die Akkumulationsbewegung des Kapitals gekettet. Die Vorstellungen und Erwartungen der Subjekte sind davon restlos geprägt: »Die totale Organisation der Gesellschaft durchs big business und seine allgegenwärtige Technik hat Welt und Vorstellung so lückenlos besetzt, daß der Gedanke, es könne überhaupt anders sein, zur fast hoffnungslosen Anstrengung geworden ist.« schreibt Theodor W. Adorno 1942 unter dem Eindruck des Faschismus. [6]

4. ... und Herzens Sozialrevolutionäre

Auch von einer sozialrevolutionären, sozialhistorisch argumentierenden Linie her stoßen wir auf dieses Problem: In dem geschichtlichen Blick auf Chancen und lost causes, die im Klassenkampf lagen, und in denen sich die Klasse aus dem Lohnfetisch löste und der kapitalistischen Verwertungslogik eine eigene revolutionäre Logik entgegensetzte, begegnen uns Bewegungen, deren revolutionäre Dynamik tatsächlich genau darin bestand, daß die Subjekte nicht oder nur peripher unter das Kapitalverhältnis subsumiert waren und in der Folge der Akkumulationsdynamik unter Druck gerieten:

In Rußland machten nicht die Bolschewiki die Revolution, sondern die bäuerlichen Massen und die Bauern-ArbeiterInnen in den Städten, die auf Grund des Inwertsetzungsdrucks revolutionär wurden. Sie standen den Entwicklungsdiktatoren Leninscher Prägung genauso feindlich gegenüber wie den zaristischen Modernisierern um Witte und Stolypin. [7]

Die von der Sozialdemokratie angefeindeten Maschinenstürmer zogen ihre Legitimation des Angriffs auf die kapitalistische Maschinerie aus der zu einer revolutionären Größe gewordenen moral economy der vorkapitalistischen Gesellschaft.

Das Problem ist tatsächlich, daß die revolutionären Subjekte in den Archiven verstauben und, in der Beschäftigung mit den lost causes die Gefahr entsteht, sentimentalen Historizismus zu betreiben und sich geschichtspessimistisch auf die Seite der 'romantischen Verlierer', deren Niederlagen mitnichten so romantisch waren, zu stellen und dabei einsehen zu müssen, daß mit fortschreitender kapitalistischer Vergesellschaftung und ideologischer Durchdringung die Möglichkeit der Revolution paradoxerweise zu verschwinden droht: »Der Antagonismus wird zunehmend in arbeitsteilige Verhältnisse zerstreut, die eine antagonistische Vergesellschaftung zu verunmöglichen scheinen. Die konsistenten Subjekte, auf die sich Blanqui, Weitling oder die Narodniki bezogen, sind im Prozeß der arbeitsteiligen Vergesellschaftung aufgelöst« [8]

Obwohl sowohl bei aktuellen sozialrevolutionären Theorien wie bei den Neo-Marxisten der Adorno-geschulten Wertkritik ein Fortschrittspessimissmus vorherrscht, können sozialrevolutionäre Theoretiker wie Detlef Hartmann natürlich in keinster Weise mit den Wertkritikern des Subsumtions- und Verdinglichungsmarxismus in einen Topf geschmissen werden. Während die Wertkritiker nur die blinde Verwertung des Werts kennen und an jedem Tag und überall nur Charaktermasken und variablem Kapital begegnen, enttarnt Detlef Hartmann die 'Marktwirtschaft' als gewaltsamen Wertschöpfungsprozeß, der nach dem Schumpeterschen Verständnis der 'schöpferischen Zerstörung' funktioniert soll, und er enttarnt den Begriff der Charaktermaske als Entschuldungsfloskel und theoretische Liquidierung der revolutionären Subjektivität. Die sozialrevolutionäre Position betont die revolutionären Brüche und Sprünge und steht dabei selbst in einer 'postmodern' genannten Tradition. In diesem Sinn war auch der erste, der »Leben als Sabotage« propagierte, der französische Philosoph Michel Foucault: »Es ist falsch, 'mit jenem berühmten Nach-Hegelianer' [gemeint ist Marx] zu sagen, daß die konkrete Existenz des Menschen die Arbeit ist. Denn das Leben und die Zeit des Menschen sind nicht von Natur aus Arbeit, sie sind: Lust, Unstetigkeit, Fest, Ruhe, Bedürfnisse, Zufälle, Begierden, Gewalttätigkeiten, Räubereien etc. Und diese ganze explosive, augenblickhafte und diskontinuierliche Energie muß das Kapital in kontinuierliche und fortlaufende auf dem Markt angebotene Arbeitskraft transformieren.« [9]

Während die Wertkritiker den 'stummen Zwang der Verhältnisse' betonen und das Kapital als gesellschaftliches Verhältnis begreifen, welches 'hinter dem Rücke der Akteure' agiert, betont die sozialrevolutionäre und aus der Tradition des Operaismus kommende Strömung den direkten Zwang, die Disziplinierung über Technologie usw. Ist die wertkritische Annahme, daß sich die Warenform bruchlos im Bewußtsein widerspiegelt, erkenntnistheoretisch richtig, bedeutete dies das dead end der Hoffnung auf Revolution. Der Fehler der wertkritischen Marxlektüre besteht darin, aus Kategorien und Begriffen (Wert und Ware) die Wirklichkeit restlos ableiten zu wollen - verbunden ist dies mit der Unterordnung des Abweichenden unter das gewählte Erkenntnisschema.

Beide Theorieansätze - der wertkritische wie der sozialrevolutionäre - treffen sich jedoch, wo es um die (Un)Möglichkeit eines revolutionären Prozesses von seiten der dem Kapitalverhältnis unterworfenen Arbeiter geht. Detlefs Wut auf die Verhältnisse läßt ihn lediglich immer neue revolutionäre Subjekte suchen, die (noch) nicht vollkommen in das Kapitalverhältnis eingebunden sind (im Trikont die Bauern-ArbeiterInnen, die dem Streß der ursprünglichen Akkumulation [modisch auch enclosures genannt] ausgesetzt sind, in den Metropolen die Ausgegrenzten und Gesäuberten aus den Innenstädten). Als linksradikaler Geschichtler begibt gerade er sich ja auf die sympathische Suche nach den lost causes der Revolution. In seiner Kritik an Karl Heinz Roth kommt Detlef Hartmann (ak 362) zu dem Schluß, daß seit 1848 die Revolution aus Deutschland in die Peripherie auswandern mußte. 1848 war das Ende der Subsistenzunruhen des lebendigen 'Nicht-Werts' und der Beginn der bürgerlichen Konterrevolution und der Schaffung einer restlos innerhalb der Reproduktion des Kapitals sich befindenden Arbeiterklasse. Detlef steht mit dieser Einschätzung in der durchaus ehrenwerten Tradition eines Alexander Herzen und anderer russischer Revolutionäre, die aufgrund der Enttäuschung über die abgebrochene Revolution 1848 einen revolutionären Bruch gegen das marxistisch-lineare Stufenmodell, das die Verbürgerlichung der Arbeiterklasse impliziert, propagierten - und im 'unterentwickelten' Rußland die Voraussetzung hierfür vorzufinden meinten. Die von reaktionären Momenten - im Zuge der Auseinandersetzungen und Kämpfe - entschlackte und die Kollektivität bewahrende Dorfgemeinschaft sollte Modell eines direkten Kommunismus sein, der in Rußland sofort verwirklicht werden könne, ohne durch die »schreckliche Schule des Kapitalismus« zu gehen. Die linken Sozialrevolutionäre und internationalistischen Maximalisten in der russischen Revolution waren die Nachfolger dieser modernen antimodernistischen Vorstellung.

Eine zukünftige revolutionäre Bewegung wird im geistigen Tigersprung in die Vergangenheit dieser gescheiterten und blutig zerschlagenen Bewegungen gedenken und sie gegen die auftrumpfenden, modernistischen Technikfetischisten und Fortschrittsoptimisten verteidigen müssen. Schleicht sich doch beispielsweise bei den Wertkritikern der Nürnberger krisis-Schule eine sozialdemokratische Geschichtsphilosophie in ihre Theorie ein. So sehr sie eine kritische Marx-Lektüre pflegen und die Kritik der Arbeit betreiben, sind sie doch einem linearen Geschichts- und Fortschrittsbild verhaftet. So schreibt Robert Kurz beispielsweise im »Kollaps der Modernisierung«, daß die Menschheit damit konfrontiert sei, »daß sie durch die selbstgeschaffenen Produktivkräfte hinter ihrem Rücken auf der inhaltlich-stofflichen und 'technischen' Ebene kommunistisch vergesellschaftet wurde.« Die 'andere Arbeiterbewegung' wird von ihnen völlig ignoriert, und - den Hut nach wie vor vor Lenin ziehend - behaupten sie, 1917 hätte es noch nicht um Abschaffung der Warenproduktion, sondern erst um ihre volle Entfaltung gehen können - aufmerksam Lenin studiert, kann man da nur sagen! [10]

Die Durchsetzungsgewalt des Kapitalismus hat noch kein Ende genommen (China, Chiapas) - daher drängt sich die Frage auf, ob nur in peripheren Bewegungen das Heil einer konservativen Blokierung gegen die 'schöpferische Zerstörung' des Bauernlegens zu suchen ist. Ich bin in dieser Frage nicht allzu optimistisch. Wer die Entwicklung der palästinensischen Sozialbewegungen beobachtet hat, mußte enttäuscht feststellen, wie der Kampf gegen die Vertreibung von Land und Boden, also von den subsistenten Reproduktionsmöglichkeiten, völkisch und nationalistisch aufgeladen wurde. Eine Tatsache, die auch antisemitischen und religiösen Gruppen enormen Rückenwind verschaffte. Das gleiche läßt sich in Kurdistan beobachten. Außerdem wäre es höchst einseitig, nicht wahrnehmen zu wollen, daß gerade viele junge Frauen als Arbeiterinnen der Enge des patriarchalen Dorflebens entfliehen wollen, also selber eine Entwicklung in Gang setzen und aktiv auch tragen. Subsistenzkitsch ist hier genausowenig angesagt wie die Romantisierung des russischen Dorfes durch die romantizistischen Bauerntümler Ende letzten, Anfang dieses Jahrhunderts.

Über Chiapas wird in der bundesrepublikanischen Linken kaum ernsthaft diskutiert. 'Chiapas' ist mehr oder weniger Chiffre für die schlichte Tatsache, daß doch noch irgendwo irgendwas geht. Und wo doch mal genauer diskutiert wird, werden Nonsensbegriffe wie 'Zivilgesellschaft' positiv aufgeblasen, anstatt die reale Begrenztheit der EZLN-Ideologie kritisch zu untersuchen. Es müßte doch auffallen, daß die EZLN genau den Nationalismus des mexikanischen Staates bemüht, der in den 20er Jahren die ideologische Begleitmusik zum mexikanischen Pakt zwischen Gewerkschaftsverbänden, Kapital und liberalem Großgrundbesitz abgab. Die EZLN beruft sich auf die mexikanische Verfassung, die die Revolution institutionalisierte (also abbrach) und - damit verbunden - die (indigene) aufständische Campesino-Bewegung blutig zerschlug.

Ohne revolutionäre Blockaden in den Herzen der kapitalistischen Akkumulation (BRD-Europa, USA, Japan) sind diese Bewegungen, die immer auch sozialrevolutionäre Ziele von direkter Aneignung des Landes in sich tragen und eine Selbstbehauptung von 'Würde', die jenseits der allgemein-kapitalistischen 'Menschenrechte' proklamiert wird, jedenfalls verloren.

Laßt uns daher diskutieren, inwiefern aktuell ein Zusammenhang zwischen metropolitaner Arbeiterklasse und Revolution besteht. Das historische Gedächnis und die Selbstvergewisserung antagonistischer Vergesellschaftung in vergangenen kommunistischen Bewegungen beweisen lediglich, daß es nicht immer so war, wie es ist, und daß es wieder anders kommen kann. Wir müssen also fernab des Allgemeinplatzes, daß wir einen negativen Klassenbegriff gebrauchen müssen, d.h. daß die Arbeiter sich als Klasse selbst zerstören können und damit (mit der Verweigerung der Wertproduktion) auch dem Kapitalismus das Grab schaufeln können, prüfen, inwiefern die aktuelle Produktionsweise Möglichkeiten einer besonderen Rebellionsweise eröffnet. Eine Rebellionsweise, die allerdings gegen die Produktionsweise an sich gerichtet ist und nicht - wie Negri behauptet - mit ihr Händchen haltend einhergeht.

Wo sehen wir denn konkrete Anhaltspunkte, daß die Arbeiter und Arbeiterinnen zur 'kämpfenden Klasse' werden, weil sie nicht mehr Arbeiterklasse des Kapitals sein wollen? Wo sind Bewegungen am Werk, die keine Forderungen mehr in den bürgerlichen Formen von Recht und Geld erheben, sondern sich der Verwertung verweigern? Wo kann sich das Abweichende verdichten zu einer antagonistischen Vergesellschaftung?


Fußnoten:

[1] Daß aus der Beobachtung und dem Wissen, daß die Arbeiterklasse revolutionäre Potenzen hat, wenn sie sich selbst als Klasse zerstören will, eine Revolutionstheorie geschustern wurde, hat sehr viel mit Dogmatismus und dem Bedürfnis zu tun, das Nicht-Ableitbare (die Revolution) doch ableiten zu wollen, aber das ist ein anderes Thema...

[2] Karl Marx, Das Kapital, MEW 23, S. 352f.

[3] Stattdessen wird über rassistische Konformisten-Revolten, über den aggressiven nationalistischen Appell an den »ideellen Gesamtkapitalisten«, den Staat, versucht, die eigene Brauchbarkeit für den Standort zu beweisen.

[4] Kurt Lenk, Ideologie, Ideologiekritik und Wissenssoziologie, S. 27.

[5] MEW 23, Das Kapital, 24 Kapitel, Die ursprüngliche Akkumulation, S. 765.

[6] Adorno, Reflexionen zur Klassentheorie.

[7] Marx selbst könnte eine gewisse Sympathie zu den Vorläufern der russischen Sozialrevolutionäre unterstellt werden, wenn er wie der Narodniki-Theoretiker Tschernyschewski fragt, »ob Rußland, wie die liberalen Ökonomen verlangen, mit der Zerstörung der Bauerngemeinde anfangen und dann zum kapitalistischen Regime übergehen muß, oder ob es im Gegenteil, ohne die Qualen dieses Systems durchzumachen, sich alle Früchte desselben aneignen kann...« Soviel aber nur als Bemerkung zur Diskussion um die »Entwicklung der Produktivkräfte« als fortschrittsoptimistische Ideologie, die der schlechten arbeitsontologischen Seite des Hegelianers Marx geschuldet ist, die durchaus mit dem Marx als Sympathisant der frühen russischen Stadtguerrilla »Narodnaja Wolja« kollidierte.

[8] Materialien für einen neuen Antiimperialismus, Vorwort zum Rußland-Buch, S. 7.

[9] Michel Foucault, Macht und Norm, in: ders. Mikrophysik der Macht, Berlin 1976, S. 117.

[10] vgl. krisis-Redakteur Peter Klein, Die Illusion von 1917, Die alte Arbeiterbewegung als Entwicklungshelferin der modernen Demokratie, Horlemann 1992.


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