fi Wildcat.aktuell

.aktuelles

23.08.2017

Dieselgate:

Gutes Klima nur ohne Arbeiterklasse?

Nun kommt auch noch raus, dass deutsche Automultis sich jahrelang abgesprochen haben, um Produktionskosten niedrig und Gewinne hoch zu halten. Wir sind komplett überrascht!

Die Autoindustrie hat eine lange Geschichte von Zwangsarbeit, Umweltzerstörung, Rüstungsproduktion, Zusammenarbeit mit Militärdiktaturen usw. So manches davon ist auch nach dem bürgerlichen Gesetzbuch kriminell. VW do Brasil arbeitete z. B. während der Militärdiktatur 1964-85 mit der Polizei zusammen, denunzierte widerständige Arbeiter, die dann verhaftet und gefoltert wurden – alles mit Wissen der Wolfsburger Zentrale. Auf ähnliche Weise arbeitete Daimler-Benz mit der argentinischen Militärdiktatur zusammen. Vor zwei Wochen wurde das Projekt »VW-Rindersteaks« bekannt:1 in den 70er-Jahren wollte VW Brasilien ins Fleischgeschäft einsteigen – auf Einladung der brasilianischen Militärregierung, die mit Steuererleichterungen lockte. Dafür wurden im brasilianischen Regenwald 140 000 Hektar gerodet. Tausende Leiharbeiter und Zwangsarbeiter wurden unter unmenschlichen Bedingungen ausgebeutet, einige sollen sogar bei Fluchtversuchen ermordet worden sein.

Politikversagen

Der Dieselgipfel Anfang August hatte keine substanziellen Ergebnisse: teure Motorumbauten abgelehnt, stattdessen ein Software Patch und Kaufanreize für neue Autos. »Für die einen gelten Gesetze, für die anderen werden Gipfel veranstaltet« kommentierte die Zeit (2.8.17) den Gipfel und die Tatsache, dass sich die Bundesregierung – gegen EU-Recht – strikt weigert, Bußgelder gegen die illegalen Machenschaften zu verhängen. Als Gesamtkapitalist sollte sie eigentlich verhindern, dass wegen der falschen Weichenstellung der Automultis Deutschlands »Vorsprung durch Technik« verloren geht. Der Spiegel kommentierte, die Politik habe »versagt«, denn sie müsse die Autoindustrie »vor sich selber schützen und zu effektiven Maßnahmen zwingen« (3.8.17). Die FAZ drückte es so aus: »Wer die Automobilwirtschaft schlechtredet, betreibt ein Programm zur Deindustrialisierung. Wahr ist aber, dass die großen Hersteller mehr Impulse aus der Politik und der Gesellschaft brauchen, damit sie nicht erstarren.« (14.8.17)
Der Gipfel verpasste die Chance, die Autoindustrie mit ökologischen Argumenten zu strukturellen Modernisierungen zu zwingen.

Es ist eine Frage der gesetzlichen Regulierung.

Technisch wäre es möglich, den 125 Jahre alten Dieselmotor verhältnismäßig sauber zu bekommen. Aber das ist bei PKWs nicht vorgeschrieben, deshalb stößt ein Smart mit Dieselmotor viermal soviel Stickoxide aus wie ein Daimler-LKW!2 Und direkteinspritzende Benziner stoßen ohne Partikelfilter 10- bis 100mal so viele Partikel aus wie Dieselmotoren, bei denen Partikelfilter vorgeschrieben sind.3

2011 hatte eine NABU-Studie verglichen, dass die 15 größten Schiffe der Welt so viel Schwefeloxide wie alle damals betriebenen Autos ausstoßen. Mittlerweile stieg die Zahl der Autos um 150 Mio. auf insgesamt 950 Mio. – die Containerschiffe sind derweil doppelt so groß geworden, 2016 ging das größte Kreuzfahrtschiff der Welt in Betrieb. Während der Schwefel-Anteil bei Diesel-Autos auf 0,001 % beschränkt ist, dürfen Schiffe mit 3,5%igem Anteil fahren, in Hafennähe wurde dies 2015 auf 0,1 % beschränkt – noch immer hundertmal so viel wie beim Auto. Schweröl ist der dreckigste aller Kraftstoffe. Hinter der glänzenden Fassade der Luxus-Kreuzfahrtschiffe stecken schwimmende Müllverbrennungsanlagen.4 Der schädliche Ausstoß von Flugzeugen ist zwar nicht dermaßen übel, aber übler als beim Auto.

Der Stickstoffdioxid-Grenzwert an Straßen wurde in Deutschland auf 40 Mikrogramm pro Kubikmeter festgesetzt. In geschlossenen Räumen liegt er fast 24 Mal so hoch: bei 950 Mikrogramm pro Kubikmeter. So viel erlaubt das Bundesgesundheitsblatt Innenraumluft als »Maximale Arbeitsplatz-Konzentration« (MAK).5

Komische Umweltschützer

Umweltschützer und Linke kämpfen gegen den Individualverkehr – aber meist ohne soziale Forderungen wie Nulltarif in den Öffis. Winfried Wolf und die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordern Fahrverbote. Labournet ärgert sich über stillhaltende Bürger und den »Flankenschutz« für den »Fetisch Auto«. Andere zücken die ganz schweren Waffen: »Die Ideologie des Autos, als totale, todesverachtende Einigkeit von Wirtschaft, Politik und Bevölkerung, hat den Faschismus vollinhaltlich beerbt...« (ND, 5.8.17).

Die DUH, Slogan »Dieselabgase töten«, hat aus dem Kampf gegen den Dieselmotor und für das E-Auto ein Geschäftsmodell gemacht. Sie bekommt seit Jahren Geld von Toyota (die selber nur noch zwei Dieselmotoren im Angebot haben und bisher in der BRD prozentual nur etwa halb so viel Dieselfahrzeuge verkauft haben wie die deutsche Konkurrenz) – und bestreitet knapp 30 % ihres Budgets mit Abmahnungen!6

E-Auto
Feinstaub entsteht zu mehr als der Hälfte durch Reifenabrieb und beim Bremsen, also auch beim E-Auto. Dieses braucht auch nicht weniger Platz. Seine CO2 -Bilanz sieht nicht viel besser als beim Verbrenner aus, wenn man die Produktion der Akkus mitrechnet.

Die weltweit größte E-Auto-Flotte fährt in China; dort verordnet und subventioniert der Staat das E-Auto und ist gleichzeitig selbst der beste Kunde. Dort hat das E-Auto aber auch die schmutzigste Bilanz, weil der Strom aus Kohlekraftwerken kommt. Am »saubersten« fährt man E-Auto in Frankreich – weil der Anteil des Stroms aus Atomkraftwerken am höchsten ist. Welche ökologischen Folgen die Herstellung von Batteriemassen hat und was deren spätere Entsorgung kostet, kann noch niemand sagen.

Fahrverbote
verhindern nicht, dass reiche Leute mit Chauffeur und dickem Auto viele Kilometer fahren. Grenzwerte und Typeneinstufungen sind der Trick. Ein Porsche Cayenne hat womöglich Euro 6, der alte Euro-4-Kadett, mit dem jemand zur Arbeit fährt, braucht trotzdem nur ein Drittel soviel Kraftstoff. Wenn man den Schadstoffausstoß ins Verhältnis zum Einkommen setzt, dann ist die Klimabilanz der obersten Einkommensgruppen – die öfter mit Flugzeug, Yacht und Luxusschiff unterwegs sind, sowie überhaupt mehr reisen – weit schlechter als jene der unteren Einkommensgruppen. Fahrverbote treffen eher die Arbeiter.

Die falschen Ziele

Der aktuellen Skandalisierungen (Dieselgate, Kartell, Rindfleisch…) führen nicht dazu, dass Winterkorn und Zetsche in den Knast kommen, die Umwelt geschont, Mobilität für alle zugänglich wird… – sondern sie sind die Begleitmusik dazu, dass die letzten gut bezahlten Arbeiterjobs abgeräumt werden und dass »die Steuerzahler«, also wiederum die Arbeiter, die Zeche zahlen. In diesem Sinn ist die Anti-Diesel-Kampagne einiger Umweltverbände und Medien tatsächlich ein »Krieg gegen den Industriestandort«. Eine linke Perspektive müsste darin bestehen, zusammen mit den Autoarbeitern gegen die Autoindustrie zu kämpfen. Eine Arbeiterperspektive könnte darin bestehen, ihr angesammeltes Know how gegen das Kapital zu wenden; das hieße Arbeitsplatzabbau bekämpfen, für Arbeitszeitverkürzung und gleiche Bedingungen sorgen – und möglichst saubere Verkehrsmittel state of the art produzieren. Gutes Klima ist nur mit der Arbeiterklasse und ihrem Wissen durchsetzbar.

»Grenzen des Wachstums«

Alle Öko-Kampagnen stehen in der Tradition des Club of Rome – und nicht in der Tradition z. B. der Arbeiter von Mestre, die sehr viel früher gegen die ökologischen Aspekte der kapitalistischen Entwicklung gekämpft haben.7

Nachdem der Massenarbeiter höhere Löhne und allgemein bessere Arbeitsbedingungen erkämpft hatte, kam in den 1970er Jahren die Krise, der Ölpreis stieg. Im Westen wurde zum Verzicht aufgerufen, US-Präsident Nixon verkündete über das Fernsehen, dass ab nun weniger geheizt und langsamer gefahren werden muss, weil die Ressourcen knapp werden. Eine von der Volkswagen-Stiftung finanzierte Studie des Club of Rome rechnete aus, dass die Vorräte aufgebraucht sein werden, wenn auf der Erde weiterhin so viele Menschen geboren werden, die so viel essen und so viel verschmutzen, usw. Diese Studie »Grenzen des Wachstums« bekämpfte mit ökologischen Argumenten die gestiegenen Ansprüche der Arbeiterklasse. Der durch höhere Löhne ermöglichte Konsum (z. B. Autokauf) würde den Planeten zerstören. Die »Grenzen des Wachstums« sollten der Arbeiterklasse zeigen, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

Mobilität

Wie kein anderes Gesellschaftssystem hat sich der Kapitalismus »Mobilität« auf die Fahnen geschrieben. Und scheinbar ging die Entwicklung nach Veröffentlichung dieser Studie genauso weiter: 1972 wurden weltweit 36 Mio. Kfz (PKW, LKW, Busse) produziert – 2016 wurden 95 Mio. Kfz gefertigt. Die Weltbevölkerung hat sich seit 1970 verdoppelt, die Produktion hat sich mehr als verdreifacht.8 Aber in Wirklichkeit hat sich die Mobilität zunehmend polarisiert: Einerseits die weltweite Verfügbarkeit von Gütern und die weltweite Mobilität der Oberschichten und Hochqualifizierten. Aber deren Mobilität ist nur möglich, weil es den anderen unmöglich ist, sich so viel zu bewegen – das würde den Planeten tatsächlich ruinieren! Die Mobilität ist noch ungleicher als die Verteilung der Einkommen. Immer mehr Menschen – auch in Deutschland – können sich Mobilität gar nicht mehr leisten, fahren z. B. nicht mal mehr in Urlaub, oder können sich nicht auf bessere Jobs bewerben, weil sie die täglichen Transportkosten dorthin nicht bezahlen können.

Überakkumulation

Die Autoindustrie ist überakkumuliert. Das drückt sich in Überkapazitäten aus. Überkapazitäten führen zu Überproduktion und Absatzkrisen. Zwischen Autoproduktion und Absatz klafft weltweit ein Loch von 2,6 Mio. PKW (oica.net) – umgerechnet in Fabriken wären das etwa neun volle Autowerke inklusive Zulieferer, die man schließen müsste, wobei in den offiziellen 69,5 Mio. Neuzulassungen im letzten Jahr viele hineingeschwindelte stecken (eigene Käufe der Autokonzerne, Firmenflotten, Staatskäufe…). Gegen die Autoabsatzkrise 2007/2008 sind die USA und europäische Regierungen mit Kaufanreizen relativ erfolgreich vorgegangen. Anfang 2009 kam die Abwrackprämie von 2500 € und verschaffte den Autohäusern in der BRD ein fantastisches Geschäftsjahr: 2009 wurden hier 3,8 Millionen Neuwagen verkauft – mehr als je zuvor und je danach. Diese staatlichen Eingriffe haben ein Geschäftsmodell von »Kostensenkung bei garantierter Abnahme« noch einmal um ein paar Jahre verlängert. War die Autoindustrie mal maßgeblich verantwortlich für die kapitalistische Entwicklung, so ist sie seit »lean production« ihr größter Bremser.

Aktuell versucht die Autoindustrie erneut, ihre Absatzdelle mit Kaufprämien auszubügeln (das wird wahrscheinlich gelingen). Im Gegensatz zur Abwrackprämie müssen sie es diesmal selber zahlen. Dass es bis jetzt nur eine Delle ist, liegt an China, das mittlerweile 28 Prozent des globalen Absatzes aufnimmt; BMW, Daimler und VW verkaufen sogar fast jeden dritten Neuwagen dort.

Beispiel Volkswagen:
Man hat in den letzten Jahren die Entwicklungsarbeit umstrukturiert, Fabriken schneller als bisher hochgezogen (Audi Puebla wurde im Rekordtempo von dreieinhalb Jahren gebaut, das US-Werk Chattanooga wurde erweitert), noch mehr Modelle auf den Markt gebracht, gleichzeitig aber die verbauten Teile vereinheitlicht. Wo man sich nicht auskennt, gab es strategische Zukäufe (u. a. der Uber-Konkurrent Gett aus Israel); wo man sich auskennt, fährt man Sparprogramme. Im Silicon Valley wurde das neue Electronics Research Laboratory bezogen. Für E-Mobility will der VW-Chef eine eigene, 13. Marke im Konzern.

Aber eine Strategie ist nicht zu erkennen, Innovationen Fehlanzeige, die Entwicklungschefs kommen und gehen. Die Absätze sinken; im ersten Halbjahr 2017 hat Renault-Nissan am meisten verkauft (in den letzten Jahren waren entweder VW oder Toyota erster).

Autoarbeiter als Teil des Kapitals

Klassenmäßig gesehen hat Überakkumulation den Kern, dass festangestellte Arbeiter mit hohen Rentenansprüchen ebenfalls zu den Fixkosten zu rechnen sind. Seit den 80er Jahren versucht die Autoindustrie von dieser Überakkumulation runterzukommen durch mehr Leiharbeit, mehr Zulieferer, mehr Zeitverträge.

In den USA haben GM & Co. die globale Krise vor zehn Jahren genutzt, um gut bezahlte Autojobs im Norden wegzuräumen. Es wurden Fabriken geschlossen, Bereiche ausgelagert, neue Fabriken im Süden der USA und in Mexiko gebaut. Im Resultat stiegen die Kapazitäten. In Europa wurden weniger Fabriken geschlossen, dafür umso mehr in Osteuropa hochgezogen.

Seit den Kämpfen des Massenarbeiters probieren die Automultis, die Fabriken kleiner und die Produktion schlanker zu machen. Das klappt aber nicht im ausreichenden Maß, noch immer werden mehrere tausend Arbeiter für eine »vollwertige« Autofabrik mit Rohbau, Lackiererei und Montage gebraucht – zudem hat sich gezeigt, dass ein Auto nicht profitabel und ohne Mängel zu produzieren ist, wenn die Zulieferer weit weg sind und die Teile um den Globus geschickt werden müssen; deshalb siedeln sich wieder mehr Zulieferer direkt um die großen Autowerke an: sie bekommen die Arbeiterkonzentrationen nicht aufgelöst – allerdings haben sie diese durch unterschiedliche Bedingungen massiv gespalten.

Technisch gesehen gibt es bessere Lösungen als das E-Auto (z. B. synthetische Kraftstoffe). Politisch gesehen sowieso (Nulltarif in den Öffis). Aber das E-Auto ist die perfekte kapitalistische Lösung: es kann in wesentlich kleineren Fabriken zusammengeschraubt werden, es hält an der Struktur des Individualverkehrs fest – und die letzten Kerne relativ gut bezahlter Industriearbeit können abgeräumt werden. Das steckt hinter dem Hype um Tesla und das Google-Auto.

Autoarbeiter im Kampf

Im Februar hatte Daimler in Stuttgart mit Stellenabbau beim »Umschwung zur E-Mobilität« gedroht, außerdem werde man die Batterieproduktion größtenteils außerhalb des Haustarifvertrags aufziehen. Daraufhin kam es zu einigen heftigen Betriebsversammlungen; in Reaktion darauf organisierte der Betriebsrat im Juni im Daimler Motorenwerk Untertürkheim einen Überstundenboykott. Raus kam die Zusage, die Batterieproduktion am Standort und im Tarifvertrag aufzubauen. Das wurde aber mit »Maßnahmen zur Steigerung der Flexibilität und Effizienz« erkauft – fast gleichzeitig kam die Ankündigung, dass Daimler für 655 Millionen Euro eine Batteriefabrik in China baut. Letztlich wissen alle, dass die 19 000 Arbeitsplätze in Untertürkheim auf mittlere Sicht massiv abgebaut werden. Eine Lokalzeitung malte die Zukunft Stuttgarts als »Detroit«.

In den letzten Autoarbeiter-Streiks in Osteuropa waren die Krise der Autoindustrie und das E-Auto hingegen kein Thema. Beim VW-Streik in Bratislava und beim Fiat-Streik in Kragujevac ging es hauptsächlich um den Lohnunterschied zwischen West- und (Süd-)Osteuropa. Die Arbeiter akzeptieren nicht mehr, dass sie nur ein paar 100 km voneinander entfernt das selbe Produkt fertigen und teilweise Lebensmittel zu den selben (oder sogar höheren) Preisen kaufen müssen – aber einen Bruchteil ihrer Kollegen in Deutschland verdienen.

Leider entfalten diese Streiks bisher keine große Durchschlagskraft. Vor dem Hintergrund sinkender Absätze bei steigenden Produktionskapazitäten laufen sie sogar Gefahr, dem Kapital in die Hände zu spielen, weil – wie im Fall von Fiat Kragujevac – viel Geld von unten nach oben umverteilt wird, damit die Fabrik nicht schließt. Finanziell wäre es besser gewesen, Fiat nicht ins Land zu holen und den Arbeitern die vielen Subventionen direkt als Arbeitslosengeld zu bezahlen. Der serbische Staat schenkte dem Konzern 50 Mio. Euro in bar, gab Grundstücke, 300 000 m² Fabrikhallen, baute Straßen und Anschlüsse, erlässt Fiat für 10 Jahre Lohnsteuer sowie Sozialbeiträge und legt 11 000 Euro für jede Neueinstellung drauf. Ein Arbeiter verdient nicht mal 350 Euro im Monat.

Der erste Streik in Bratislava seit Bestehen des Werks markiert eine Wende, was die Kampfbedingungen angeht. Seit den 90ern haben die deutschen Automultis die Verlagerung nach Osteuropa erfolgreich als Druckmittel gegen ihre heimischen Belegschaften eingesetzt – doch nun werden Arbeitskräfte knapp, die Löhne steigen. Nach sechs Tagen Streik gab es in Bratislava 14,12 Prozent mehr Lohn (allerdings in drei Stufen); eine Einmalzahlung von 500 Euro; zwei Urlaubstage mehr (einen 2018, einen weiteren 2019); Erhöhung der Bezahlung im Krankheitsfall auf 60 Prozent des Durchschnittslohns (bisher 20); außerdem wurden die zweite und dritte Lohngruppe weggekämpft, statt 679 brutto Einstiegslohn gelten nun 834 €.

Der Bau neuer, zusätzlicher Fabriken – VW in Polen, JLR in der Slowakei, Magna in Slowenien – verschärft nicht nur die Überproduktion, sondern auch den Arbeitskräftemangel. Das Druckmittel Osteuropa bröckelt. Es sollte bei BMW, Daimler und VW in der BRD nun deutlich mehr drin sein, als gegen Werkverträge und für Festanstellung zu klagen. Deutlich mehr nötig ist auf jeden Fall, für die Autoarbeiter geht es ums Ganze.

23.08.2017

english version

 
 
 [Seitenanfang] [Startseite] [Archiv] [Bestellen] [Kontakt]