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07.10.2022

Wahlen in Italien

Viele haben uns nach einer Einschätzung der Wahlergebnisse in Italien gefragt. Die Wahlbeteiligung war sehr niedrig; die Rechtskoalition hat in allen Provinzen außer Campanien gewonnen. Gerade im Norden gab es einen Erdrutschsieg der faschistischen Fratelli d'Italia.

Die ersten Einschätzungen aus der italienischen Linken teilen sich in zwei Lager: die einen sagen, das Wahlergebnis ist nur eine Umstrukturierung innerhalb der italienischen Rechten, die politisch nicht viel verändern wird. Die anderen befürchten jetzt einen starken Rechtsruck: offensiveres Auftreten rechter Schläger, weiterer Rechtsruck im Polizeiapparat, ...

Als ersten Beitrag zur Diskussion der Wahl veröffentlichten wir einen Einwurf Sergio Bolognas.

USA über alles!

Sergio Bologna

Lasst uns eine schöne Oppositionsbewegung aufbauen, wir gründen die »Linke« neu!

Dokumente und Appelle werden verfasst, die Rechte, ihre Programme und ihre Aufrufe aufs Genaueste untersucht – all das kostet wenig Mühe. Man macht Umzüge, Kundgebungen, Sit-ins. Opposition machen ist bequem, befriedigend, man wird wieder jung. Aber das ist es nicht, was es braucht, um die Dinge wirklich zu ändern.

Um die Dinge zu ändern, ist es nötig, das Vertrauen der Arbeiter zurückzugewinnen, der unteren Mittelschicht, der Prekären, der Arbeitslosen; man muss sich in ihre Welten, ihre Umgebung begeben, nicht mit Versprechungen, sondern mit Aktionen, die etwas bringen, um Nähe, Solidarität, Diskussion und Erneuerung zu schaffen. Eine harte, kontinuierliche, dunkle Arbeit, die einem niemand dankt, und die Jahre braucht, bevor sie Resultate liefert; eine Arbeit, die viel zu wenige weitergemacht haben – und dann oft Händchen haltend mit der katholischen Nächstenliebe. Viele dieser Leute haben nicht gewählt. Aber das ist der Weg, den wir einschlagen müssen, anstatt den Transgender hinterherzulaufen. Eine Linke gibt es nur auf einer Klassenbasis, niemals auf biologischen Grundlagen.

Bringt Antifaschismus heute etwas? Bis zu einem gewissen Punkt. Meloni bewegt sich in internationalen Kreisen, die von denen kontrolliert werden, die die EU zerstören wollen, die Krieg wollen, die die USA als herrschende Macht wollen. Meloni stellt sich an die Seite von Liz Truss, die den Platz von Boris Johnson eingenommen hat, von CDU-Chef Friedrich Merz, der Merkel in ihrer Partei verdrängt hat. Meloni ist nicht Orban, hämmert euch das in den Schädel! Sie ist von der neuen atlantischen Doktrin angeheuert worden. Draghi wird respektiert, aber er hat weder eine Partei noch eine Bewegung im Rücken, politisch zählt er nichts, er hat keine Gefolgschaft. Meloni hat eine – wenn auch ziemlich kaputte – Partei, und sie hat Gefolgschaft. Deshalb lieber Meloni (Gott, Vaterland, Familie) als Draghi. Und dann hat er ja auch noch den Euro gerettet, für die neuen Falken ein Makel.

Meloni hat wenig mit Faschismus zu tun. Er ist ihre Schminke, nicht ihre Substanz. Der wirkliche Kapitalismus von heute ist nicht faschistisch, er ist »nachhaltig« (»Wir fokussieren uns auf die Nachhaltigkeit, nicht weil wir Umweltschützer sind, sondern weil wir Kapitalisten sind«, schrieb Larry Fink, der Gründer von Blackrock, 2022 in seiner Botschaft an die Firmenchefs der ganzen Welt), der Kapitalismus von heute wendet sich an die »Talente«, nicht an die Schläger. Über das Mantra der Nachhaltigkeit bilden sich heute die neuen Eliten. Das scheint im Widerspruch zu ihrer Kriegstreiberei zu stehen, aber das tut es nicht. James Burnham veröffentlichte sein »Regime der Manager« (Original: »The Managerial Revolution«) 1941, mitten im Krieg. Das Buch hat eine ungewöhnliche Geistesverwandtschaft mit der »digitalen Revolution« von Fink.

Die Sabotage an den Nord Stream-Pipelines ist ein point of no return. Seine Anonymität ist die Chiffre des Dritten Weltkriegs. Meloni hat noch nicht einmal ihren Einberufungsbescheid erhalten, ist aber bereits in vorderster Front, unter dem Kommando von Uncle Sam.

 
 
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