Renaissance des Operaismus? - Wildcat Nr. 64, März 1995, S. 99-110 [w64opera.htm]


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Renaissance des Operaismus?

Operaismus und Arbeiteruntersuchung

1989 leitete Sergio Bologna einen Vortrag über Gramscis »Americanismo e Fordismo« mit einer Zustandsbeschreibung der italienischen Linken ein: Er erinnerte zunächst an die Jahre 1969-73, als in Italien wie in keinem anderen Land der Welt die »Fabrik als Ort der Selbstorganisation der Arbeiterklasse und der Entwicklung neuer Verhaltensweisen, als Labor der neuen Subjektivität« eine »Hegemonie« über die ganze Gesellschaft und das Parteiensystem ausübte. Heute dagegen werde die Arbeit in schon grotesker Weise politisch ausgegrenzt, die Arbeiterklasse als umweltfeindlich und korporativ abgestempelt, als Hindernis für soziale und technische Innovationen. »Keiner spricht mehr von 'Arbeitern' als Kollektiv, man spricht immer von einzelnen Gruppen.« Bologna wertet dies als »kulturelle Krise«.

Einerseits mache sich in breiten Schichten der Bevölkerung Rassismus bemerkbar; andererseits sei ein neuer Anti-Rassismus entstanden: »Während die Linke ihre traditionelle Basis verdrängt, ist sie gleichzeitig von einem philantropischen Aktivismus den neuen Immigrierten gegenüber regelrecht besessen. Die einheimischen Schichten des Proletariats fühlen sich dadurch noch mehr ausgegrenzt und können ausländerfeindliche Reaktionen brüten [...] Einen großen Beitrag zur kulturpolitischen Ausgrenzung der Arbeiterklasse haben die neuen 'Umweltfreunde' und ein Teil der Grünen mit ihren Vorstellungen von der Arbeiterklasse als Hindernis für umweltfreundliche Innovationen geleistet.« Sie verdrängten die Tatsache, daß in den 70er Jahren einst die ArbeiterInnen selbst eine Bewegung gegen die krankmachenden Auswirkungen der Fabrik hervorgebracht hätten.

Bittere Worte eines »angeschimmelten« Operaisten [1] über die italienische Linke, die ihre Vergangenheit und ihre Analyseinstrumente mit weitem Schwung weggeworfen hat und deren Kult des Bewußtseins den Haß der Mittelschicht auf die Arbeiter durchscheinen läßt. [2]

Fünf Jahre später, im November '94, war auf einer kleinen Konferenz, organisiert von den Zeitschriften Collegamenti/Wobbly und Per il '68 eine neue Entwicklung auszumachen: eine Rückbesinnung auf die »Arbeiteruntersuchung« und die Wiederaufnahme einer Diskussion, die durch die Repression 1979 ff. gewaltsam abgebrochen war.

Rechtzeitig zu diesem Termin gab es auch neue Veröffentlichungen, die die damaligen Initiativen in ihrer Widersprüchlichkeit und ihrem Experimentalcharakter darstellen - und ohne die organisationsbedingten Verkürzungen. Auf der Konferenz berichteten GenossInnen, die schon Ende der 50er Jahre dabei waren, den »Jungen« von ihrer Praxis der »Arbeiteruntersuchung« in den Textilfabriken und in der Auto- und Elektroindustrie. Ein Diskussionsbeitrag verglich die Ausgangssituation Anfang der 60er Jahre mit der Situation heute und stellte mehrere Ähnlichkeiten fest:

Die damaligen Umwälzungen waren für eine kleine Gruppe von Sozialisten und Kommunisten, die theoretisch verunsichert waren und denen die überlieferten Ideologien zur Erklärung nicht ausreichten, Ende der 50er Jahre der Anstoß für eine grundlegende Untersuchungsarbeit.

Aber die Geschichte wiederholt sich nicht! Jeder wirtschaftliche Aufschwung bringt zwar eine Zunahme von potentieller Arbeitermacht, doch ist es nicht ausgemacht, daß daraus Kämpfe entstehen. Die Situation heute schreit danach, einen ähnlich radikalen Versuch der Neuorientierung zu versuchen, wie ihn die Militanten der Arbeiteruntersuchung damals angepackt haben. Nur so können wir die wirklichen Bedingungen der Ausbeutung in ihrer Konflikthaftigkeit begreifen und Potentiale für eine Veränderung entdecken.

Was heißt militante Untersuchung?

Untersuchung ist etwas Konkretes, das alle Revolutionäre machen sollten und meist auch gemacht haben. Gegen die bürgerlichen Ideologien und das Korsett des orthodoxen Marxismus die wirklichen Verhältnisse untersuchen - so wie es auch Marx gemacht hat. Wobei wir mit der marxistischen Ideologie genauso umgehen müssen, wie Marx mit der bürgerlichen Wissenschaft.

Untersuchung machen heißt, die offiziellen Mythen knacken, sich mit realen Menschen auseinandersetzen, ihnen Fragen stellen, ohne vorher zu wissen, was dabei rauskommen soll. Andererseits bedeutet sie auch politisch-theoretische Arbeit. Denn um zu wissen, welche Fragen gestellt werden müssen, sind Hypothesen notwendig. Hypothesen darüber, wie sich Klasse als politisches Subjekt in den Umbruchprozessen neu herstellt.

Als Ansatz für solch eine Untersuchung heute schlagen wir den Text von Karl Heinz Roth vor, in dem er die Hypothese aufstellt, daß sich ein neues Proletariat entwickelt und zwar auf einer weltweiten Ebene. Der Text wurde in den sechs Monaten seit seinem Erscheinen in vielen Diskussionszirkeln - zurecht - auf seine theoretischen und analytischen Schwächen hin abgeklopft. Damit dies aber kein akademisches Hobby bleibt, muß jetzt eine kollektive Untersuchungsarbeit einsetzen, die herauszufinden versucht, wie dieses weltweite »re-making« des Proletariats konkret aussieht. Dazu gehört erstens die Überprüfung der Hypothesen durch massenhafte Diskussionen mit ArbeiterInnen in der modernen Fabrik, prekär Beschäftigten, ImmigrantInnen, sogenannten selbständigen ArbeiterInnen usw. Zweitens die Entwicklung einer genaueren Begrifflichkeit. Und drittens hieße es, selbst aktiv einzugreifen mit Kampfinitiativen und Organisierungsversuchen, um den kollektiven Erkenntnisprozeß zu beschleunigen und die untergründige Tendenz zum Kommunismus, die in den Klassenbewegungen mitschwingt, freizulegen. Mit den ArbeiterInnen Kampfformen finden, die keine Wiederholung der alten sind.

Die Anfänge der Arbeiteruntersuchung in Italien

Wir wollen im folgenden den ersten (die Methode) und den dritten (das Eingreifen) der oben genannten Punkte anhand der Arbeiteruntersuchung in Italien Anfang der 60er Jahre darstellen. Dabei müssen wir auch ein paar Mythen aus dem Weg räumen über die genialen italienischen Operaisten. Weder ist die Arbeiteruntersuchung eine italienische Erfindung und nur in Italien durchführbar; noch konnten die Operaisten mit der Brechstange Kämpfe erzeugen, wo nichts da war - den »archimedischen Punkt« finden (genau so wurde es damals formuliert!), um das System aus den Angeln zu heben. Aber sie waren durch ihre Untersuchungen auf kommende Kämpfe vorbereitet, hatten die Probleme innerhalb der Fabrik analysiert, hatten die Arbeiterdiskussion verfolgt, um die Arbeiterforderungen auf die Flugblätter schreiben zu können und auf Versammlungen als politische Linie durchzusetzen. Sie hatten gelernt, »daß es schon Kämpfe gibt, bevor sie offen ausbrechen«. [3]

Eine Schwierigkeit bei der Rekonstruktion der Arbeiterkämpfe Anfang der 60er Jahre und der Anfänge »operaistischer« Theorie besteht darin, daß diese Geschichte von der Erfahrung des »Heißen Herbstes« 1969 aus, quasi von ihrem Ende her aufgeschrieben wurde. Dabei wurden die Anfänge dieser Bewegung im nachhinein vereinfacht dargestellt, wie z.B. Dario Lanzardo an der späteren Aufbereitung der Ereignisse auf der Piazza Statuto in Turin 1962 zeigt. Er kritisiert an der späteren Geschichtsschreibung, daß sie den Eindruck vermittelt, »der Massenarbeiter« sei als kompakter Block aus der Fabrik in die Innenstadt marschiert und habe gegen die Gewerkschaft revoltiert. In dem Fiat-Werk, von dem der Arbeiterumzug losging, waren gar keine Immigranten aus dem Süden beschäftigt, sondern vor allem qualifizierte piemontesische Arbeiter. An der Demo nahmen ganze 600 Arbeiter teil. An dem anschließenden riot beteiligten sich dann massenhaft junge Leute und BewohnerInnen der umliegenden proletarischen Stadtteile. Wer sie wirklich waren, darüber gab es nur stark politisch gefärbte Ansichten. Aus den Prozeßakten läßt sich jedenfalls ersehen, daß auch jede Menge junger PCI-Mitglieder beteiligt waren, die dadurch Schwierigkeiten mit ihrer Partei bekamen. [4]

Italien erlebte in den 50er Jahren eine epochale Umwälzung. Der Aufbau der Industrie und der Wirtschaftsaufschwung zog Millionen Menschen an, die aus dem armen Süden in die Großstädte im Norden auswanderten und von der dortigen Bevölkerung, auch den Arbeitern, nicht gerade freundlich aufgenommen wurden. Sie galten als dumm, unzivilisiert, unpolitisch, als Deppen, die sich alles gefallen lassen, die die Löhne drücken. Es war damals durchaus üblich, daß Hausbesitzer Schilder raushängten: »Zimmer frei. Nicht für Süditaliener!«

Die ungekannte Steigerung des Massenkonsums basierte auf harter Arbeit, niedrigen Löhnen und einem eisernen Fabrikkommando. Bei FIAT waren die aktiven kommunistischen Kader aus den Werken verbannt oder in Strafabteilungen mattgesetzt worden. Die Gewerkschaften hatten die FIAT-Fabriken bereits aufgegeben und ihre Arbeit auf kleinere Betriebe konzentriert. Auf politischer Ebene beteiligte sich die Partei der Arbeiterklasse am »nationalen Wiederaufbau« und garantierte den sozialen Frieden im Austausch gegen Arbeitsplätze.

Ende der 50er Jahre war die politische Situation für die italienische Linke von folgenden Fakten geprägt. Die sowjetische »Mutterpartei« hatte 1953 in Berlin und 1956 in Budapest aufständische ArbeiterInnen zusammenschießen lassen; damit war ihre Glaubwürdigkeit gerade auch in Westeuropa schwer erschüttert. Die Sozialistische Partei (PSI), in der viele Antistalinisten Zuflucht gesucht hatten, war auf dem Weg zur Sozialdemokratie, was dann in der Regierungsbeteiligung 1963 und der Spaltung der Partei endete. 1959 nahmen die ArbeiterInnen der Wollindustrie in der Gegend um Biella erstmals wieder selbstorganisierte Streiks auf. In einigen Metall- und Chemiefabriken der Po-Ebene durchbrachen Arbeiterkämpfe die langjährige Stagnation.

Das neue gemischte Wirtschaftssystem, das nach dem Zweiten Weltkrieg in Italien mit Marshallplan-Geldern aufgebaut wurde, bezeichnete man als »Neokapitalismus«. Während die institutionelle Linke darin die Chance für einen friedlichen Weg zum Sozialismus über die Ausweitung und Kontrolle des staatlichen Sektors (»antimonopolistisches Bündnis«) erblickte, sahen Linkskommunisten das Ende der revolutionären Potenzen der Arbeiterklasse gekommen, weil diese nun ins System integriert sei.

Neokapitalismus hieß geplanter Kapitalismus. Die Behauptung, alles planen zu können und damit Gesellschaft gestalten, Verhaltensweisen steuern zu können, unter anderem durch die Versorgung mit Konsumgütern, war die vorherrschende Ideologie. Entsprechend war die Soziologie in den 50er Jahren die dominante Sozialwissenschaft. (In den 70er Jahren, als die Veränderung des einzelnen Menschen thematisiert wurde, war es die Psychologie, und heute ist es die Volkswirtschaft, da die Ökonomie als der alles beherrschende Sachzwang gesehen wird.)

Der Mainstream der US-Industriesoziologie verkündete das Verschwinden der Arbeiterklasse, die Integration des »Wohlstandsarbeiters«, seine »Verbürgerlichung«, und die »Tertiarisierung« der Produktion. Daneben gab es die »kritische« oder linke Soziologie, die die Arbeitsbedingungen in den Fabriken und in miserablen Jobs untersuchte und eine »Humanisierung« der Arbeitsorganisation forderte. »Partizipation« und die Entdeckung des »ganzen Menschen« waren die Schlagworte der aufgeklärten Fraktion des Kapitals. Der als »sozial« geltende Unternehmer Olivetti holte Psychologen und Soziologen in die Fabrik, die die human relations verbessern sollten. Die einflußreiche »Partei der Soziologen« machte Politik, schreibt Alquati. [5]

Hauptuntersuchungsobjekt der Industriesoziologen waren die »neuen Arbeiter«, die »neue Arbeiterklasse«: die gut ausgebildeten, in der hochtechnisierten oder automatisierten Produktion tätigen Technikerarbeiter, die sich deutlich vom Bild der traditionellen Arbeiterklasse unterschieden und die nach den damaligen Voraussagen bald eine zentrale Rolle im Produktionsprozeß spielen sollten. Man vermutete, daß sich damit auch die Formen betrieblicher Auseinandersetzungen verändern würden. Dazu erschienen eine Unmenge Studien in den usa und in Frankreich, die Anfang der 60er Jahre auf italienisch übersetzt wurden und, u.a. herausgegeben von Montaldi und Panzieri bei den linken Verlagen Feltrinelli und Einaudi.

Forciert wurde die Beschäftigung mit der Soziologie in Italien von der (nichtmarxistischen) sozialistischen Linken, während der PCI Togliattis wie auch die traditionellen linkskommunistischen Gruppen jeder Art von Soziologie feindlich gegenüberstanden. Dazu paßte, daß der PCI seit Jahren keine Rolle mehr in der Betriebspolitik spielte und die Verhältnisse in den Fabriken kaum thematisierte. Die Soziologen waren die einzigen, die in die Fabriken gingen und sich mit den Veränderungen in der Arbeitsorganisation und den neuen Verhaltensweisen der ArbeiterInnen befaßten - eine Situation, die vergleichbar ist mit der heutigen. Während sich die Reste der Linken in Ideologien flüchten und die Thesen von Kern/Schumann über das Ende der Massenproduktion oder die Chancen der Gruppenarbeit nachbeten, erfahren die multifunktionalen Facharbeiter eine Vervielfachung von Ausbeutung und Arbeitshetze. Die ArbeiterInnen sind auch heute alleine.

Die wirkliche Arbeiterklasse hatte nicht viel mit der »ideellen Gesamtklasse« zu tun, als deren Repräsentanten sich die Institutionen der Arbeiterbewegung sahen. So griffen einige junge Dissidenten begierig nach den Instrumenten der Feldforschung, der Fabrikuntersuchung, die die Soziologie erprobt hatte, um die neue Arbeiterrealität zu analysieren. »Es handelte sich um unterschiedliche Momente einer einleitenden Erkundung des Terrains, aus dem sowohl wir als auch die Arbeiterbewegung 'draußen' waren, und das nicht leicht zu betreten war; unnötig zu sagen, daß es auch der italienischen Linken unbekannt war; und solange man außerhalb stand, hatte die (französische, englische und amerikanische) Industriesoziologie einige Hypothesen anzubieten.« [6] Untersuchung zu machen war eine Verweigerung gegenüber der orthodox-marxistischen Gewohnheit, aus der Analyse der kapitalistischen Entwicklung die Entwicklung der Arbeiterklasse abzuleiten.

Was ist die Klasse?

Vorläufer der Arbeiteruntersuchung in Frankreich...

Die antistalinistische Linke in Frankreich hat eine lange Tradition der Untersuchung. Bereits zu Zeiten der Volksfront führte sie eine Diskussion über die epochalen Veränderungen in der Zusammensetzung der Arbeiterklasse durch die Einführung von halbautomatischen Werkzeugmaschinen. Auf die Bedienung einer einzigen Maschine spezialisierte Arbeiter ersetzten damals die umfassend ausgebildeten Facharbeiter. Der trotzkistische Militante und Industriesoziologe Pierre Naville untersuchte den Antagonismus in diesen neuen Produktionsverhältnissen, statt die Entwicklung der Arbeiterklasse aus der technischen Entwicklung »abzuleiten«. Er tat dies beispielsweise anhand der Arbeitszeit, die durch die Einführung der Maschinerie keineswegs sank, sondern steil anstieg. Die Verkürzung der Arbeitszeit ist allein das Ergebnis des Kampfs der »Arbeiterkoalitionen«. Diese Diskussionen wurden in seiner Zeitschrift Cahiers rouges [Rote Hefte] publiziert.

Die in der Tradition der Rätekommunisten stehende Gruppe Socialisme ou Barbarie [Sozialismus oder Barbarei], der Lefort, Castoriadis und Mothé angehörten, nahm Anfang der 50er Jahre vieles vorweg, was später in Italien als »Arbeiterautonomie« thematisiert wurde. Ausgehend von Marxens Thesen (»die größte Produktivkraft ist die revolutionäre Klasse selbst«) begriff Lefort [7] das Proletariat nicht als physische Masse, wie es der orthodoxe Marxismus tut, sondern als sich formierendes Subjekt der Geschichte. Für die Emanzipation der ArbeiterInnen arbeiten heißt, in der »proletarischen Erfahrung« die Keime subjektiver Selbstkonstitution als Oppositionskraft gegen die Ausbeutung zu fassen. Und zwar nicht, indem man den ArbeiterInnen Predigten hält oder bei der Frage, wie der jetzige Zustand überwunden werden kann, doch wieder auf die Partei – in welcher Form auch immer – als Deus ex machina zurückgreift. Lefort regte eine Untersuchung an, um die heutigen Formen gesellschaftlicher Zusammenarbeit zu begreifen, die auf eine Überwindung der kapitalistischen Produktionsweise anspielen. Sein Hauptinteresse galt der Besonderheit der »proletarischen Erfahrung«, aus der heraus sich die Klasse konstituiert.

Die Formulierung aus dem Kommunistischen Manifest »Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen« habe nichts von ihrem explosiven Charakter verloren, schreibt er. Der Pseudo-Marxismus habe die Theorie des Klassenkampfs in ökonomische Wissenschaft verwandelt und das Proletariat auf einen Ausführenden seiner ökonomischen Funktion reduziert. Doch das Proletariat hat in der Geschichte nicht nur reagiert, sondern wirklich agiert, eingegriffen, und zwar nicht nach einem von der objektiven Situation vorgegebenen Schema, sondern auf der Basis seiner umfassenden Erfahrung. Die Arbeiterbewegung ohne ständigen Rückbezug auf die ökonomische Struktur der Gesellschaft zu interpretieren sei absurd – sie aber darauf zu reduzieren bedeute, drei Viertel des konkreten Klassenverhaltens nicht zur Kenntnis zu nehmen.

Bourgeoisie wie Arbeiterklasse werden jede für sich durch gemeinsame Interessen geeint. Doch das gemeinsame Interesse der Arbeiter sei anderer Art: es bestehe darin, nicht mehr Arbeiter zu sein. D.h. nicht ihre ökonomische Funktion auszuüben, sondern sie radikal zu negieren. Die Existenzbedingungen der Arbeiter selbst erfordern einen ständigen Kampf für Veränderung, d.h. eine ständige Loslösung von ihrem unmittelbaren Schicksal. Der Fortschritt in diesem Kampf, die Erarbeitung eines ideologischen Inhalts, der diese Loslösung erlaube, bilden die Erfahrung, durch die hindurch die Klasse sich konstituiere.

Lefort versucht Marxens Fragestellungen in der »Deutschen Ideologie« auf heute anzuwesen: Wie eignen sich die Menschen unter den Bedingungen der Industriearbeit ihre Arbeit an? Wie stellen sie praktisch ihre Beziehung zum Rest der Gesellschaft her? Wie fügen sie eine gemeinsame Erfahrung zusammen, die aus ihnen eine historische Kraft macht? Er setzt sich von Lenins Auffassung ab, nach der das Proletariat eine Einheit bilde, deren geschichtliche Aufgabe ein für alle Mal feststehe und wo nur noch die »Kräfteverhältnisse« interessierten, die es herstelle. Lefort sieht das Handeln des Proletariats in seiner Zwieschlächtigkeit: einmal in der Form des Widerstands, der die Unternehmer ständig zwingt, die Ausbeutungsmethoden zu verbessern; zum anderen in seiner Anpassung an den Fortschritt, in seiner aktiven Kollaboration mit diesem: die Arbeiter selbst finden Antworten auf tausend Probleme, die die Produktion im Detail stellt. Das Ergebnis sieht aus wie eine systematische Antwort und bekommt den Namen »Erfindung«. Dabei nimmt die Rationalisierung nur die zerstreuten und anonymen Innovationen, die im konkreten Produktionsprozeß entstehen, auf, interpretiert und integriert sie.

Das Proletariat sei bisher auf drei Arten untersucht worden: ökonomisch, ideologisch und historisch. Lefort selbst schlug einen vierten Ansatz vor: er wollte aus seinem Innern heraus seine Haltung zur Arbeit und zur Gesellschaft rekonstruieren, und seine Erfindungskraft und die Stärke seiner sozialen Organisation im täglichen Leben darstellen. Nach einem solchen Ansatz sei bisher nicht vorgegangen worden - weder von Marx noch von der sogenannten »Arbeiter« soziologie in den usa, in der Lefort das Werk der Unternehmerschaft sah. Die »aufgeklärten« Kapitalisten hätten entdeckt, daß die materielle Rationalisierung ihre Grenzen hat, daß die Menschen-Objekte auf bestimmte Weise reagieren, daß man auf sie eingehen muß, wenn man sie effektiver ausbeuten will. Diese Soziologie könne aber schon aufgrund ihrer Klassenperspektive die proletarische Persönlichkeit nicht erreichen, weil sie sich ihr von außen annähert und die Arbeiter nur als Produzenten sehen könne, als einfache Ausführende, unwiderruflich an das kapitalistische Ausbeutungssystem gebunden.

Die Untersuchung über das soziale Leben des Proletariats sollte kein Studium der Klasse von außen sein, sondern die präzisen Fragen beantworten, die sich den Arbeiteravantgarden explizit und der Mehrheit der Klasse implizit heute stellen. Lefort sammelte Selbstzeugnisse von Arbeitern, Lebensläufe, individuelle Erfahrungen über das Verhältnis zu ihrer Arbeit, das Verhältnis zu anderen Arbeitern, das soziale Leben außerhalb der Fabrik und die Bindung an eine proletarische Tradition und Geschichte.

Er schreibt, die Meinungen könnten wechseln, transportierten oft Mystifikationen, aber »alle Arbeiter haben die Erfahrung der Ausbeutung, die Erfahrung der Entfremdung gemeinsam – und alle Arbeiter wissen das. Jeder Bürger merkt es sofort, wenn er ein Arbeiterviertel betritt.« Diese Arbeiterverhaltensweisen aufzuspüren ist das Untersuchungsziel. Gibt es eine »Klassenmentalität«?

Mit diesen Fragestellungen will Lefort keineswegs auf einen »Arbeiterismus«, der die Notwendigkeit der theoretischen Kritik leugnet und von dem er sich immer distanziert hat: »Unser Interesse mit diesen Fragen ist, von einem revolutionären Standpunkt aus zu zeigen, wie ein Arbeiter mit seiner Klasse eins wird und ob seine Zugehörigkeit zur eigenen Gruppe verschieden ist von der eines Kleinbürgers oder eines Bürgers zu seiner Gruppe. Bindet das Proletariat sein Schicksal auf allen Ebenen seiner Existenz mehr oder weniger bewußt an das Schicksal seiner Klasse? Können wir die klassischen Aussagen konkret überprüfen, die oft zu abstrakt sind: Klassenbewußtsein, Klassenverhalten und die Vorstellung, die Marx vom Proletariat hatte, daß es im Unterschied zur Bourgeoisie nicht nur Mitglied seiner Klasse, sondern Individuum einer Gemeinschaft ist und sich darüber bewußt ist, daß es sich nur kollektiv befreien kann?«

... und in Italien: Danilo Montaldi

Der aus dem PCI ausgeschlossene Kommunist Danilo Montaldi, der eine kleine Gruppe in Cremona um sich organisiert hatte und für verschiedene linkskommunistische Zeitschriften schrieb, lernte über den Kontakt zu Socialisme ou Barbarie die Theorie und Praxis der Arbeiteruntersuchung kennen. Er übersetzte mehrere Arbeiterbiographien auf italienisch und beteiligte sich selbst an ähnlichen Projekten. 1960 veröffentlichte er eine Untersuchung über das Leben der Immigranten aus dem Süden in Mailand mit dem Titel »Mailand, Korea«.

Es ist keine konsistente »Methode« bei Montaldi zu erkennen: er arbeitete »interdisziplinär«, benutzte literarische Elemente, etwa wenn er Leute ihre Geschichte in ihrer eigenen Ausdrucksweise aufschreiben ließ. Und er bediente sich Methoden der Soziologie, mit der er sich ausführlich auseinandersetzte. Montaldis Werk ist eine ständige Suche nach der Subjektivität als Erkenntnisinstrument über die Geschichte und das Leben der Klasse. In der Untersuchung über die Immigranten aus dem Süden, über das Leben der Subproletarier während des Faschismus, die politischen Basismilitanten - immer suchte er nach dem Kommunismus als »strukturellem Bedürfnis«, nach der Subjektivität der Klasse, der »Klasse für sich«. All dies war sein Versuch der Rekonstruktion der »Klassenpartei«, die sich zusammensetzt aus »Genossen, die unterschiedliche Parteibücher haben können«.

Montaldi untersuchte die Wirklichkeit um sich herum. Seine Arbeit war ausdrücklich gegen die Mysterien vom »guten Wilden« gerichtet, die Ende der 50er Jahre die Gedanken an die Gegenwart verdrängen sollten. Seine Kritik an dieser Art Beschäftigung erinnert in verblüffender Weise an die zusammenhanglose Art und Weise, in der in den letzten 20 Jahren hier oral history praktiziert wurde, nachdem die Perspektive Klassenkampf aufgegeben worden war. »Während sich in Italien die Industrie immer mehr konzentriert, während die bäuerliche Welt von einer Krise in die andere geht [...] nimmt dieses große Wehklagen für die Lebensformen der Vergangenheit oder für die verbliebenen zurückgebliebenen Lebensformen zu. Die Begeisterung, Untersuchung und Analyse des Nicht-Aktuellen, des Marginalen. In dieser beharrlichen Jagd liegt etwas Rückschrittliches, ein falsches Bewußtsein von der Gesellschaft, in der wir leben, ein Zurückweichen. Während in Italien die Diktatur der Monopole in den letzten Jahren immer offener wird, stürzt sich das kulturelle Interesse auf die im Niedergang begriffenen Momente des sozialen Lebens. Nicht schlecht, wenn es darum geht, die Gesamtheit der Alltagsbedingungen vom Süden bis in den Norden ans Licht zu bringen. Aber fast immer wird in der Analyse, in der Interpretation der 'zurückgebliebenen' Lebensweisen versucht, die Fäden abzuschneiden, die diese Erscheinungen mit dem gegenwärtigen System verbinden, das sie doch bestimmt. Diese Haltung leistet einem gewissen kulturellen Reformismus Vorschub, der selbst Ausdruck der Krise ist, der den Wunsch ausdrückt, selbst Teil davon zu werden. [...] Aber sehen wir, welche Auswirkungen das auf kultureller Ebene hat. [...] die Chronik der heutigen Sitten und Gebräuche der Abkömmlinge der Ligurier, die sich vor 400 Jahren in Sardinien ansiedelten, ist 'interessanter' als die Situation in der Produktionsanlage bei FIAT; der Dialekt der Gevatterinnen ist sicherlich schöner als das nicht zufällige Schweigen der Arbeiter in den Basisorganismen. Uns interessiert nicht die folkloristische Seite, in die diese Formen oft verfallen, sondern wir wollen beobachten, wie sich zwischen uns eine Figur des ahistorischen Menschen herausgebildet hat, dessen Feinde sich Schicksal und Natur nennen.« [8]

Die Quaderni Rossi

Der italienische Operaismus [Arbeiterismus] entstand in Diskussionszirkeln rund um die 1961 zum ersten Mal erschienene Turiner Zeitschrift Quaderni Rossi (was auch Rote Hefte heißt und womit sie ihren Bezug auf die Cahiers rouges herausstellten). Um die Quaderni Rossi sammelten sich vor allem junge GenossInnen aus PSI und PCI, die teilweise ihre Partei verlassen hatten, teilweise drin geblieben waren, Gewerkschaftsaktivisten und StudentInnen, die sich nach anderen Möglichkeiten praktischer politischer Arbeit und theoretischer Debatte umsahen. Wobei für die Mehrheit von ihnen »Operaismus« ein Schimpfwort war, von dem sie sich ebenso scharf distanzierten wie vom Vorwurf des »Anarchosyndikalismus«. Sie sahen sich als Vertreter einer mehrheitlichen Strömung der Arbeiterklasse, nicht als »Extremisten«. »Operaismus« als politische Kultur war erst anerkannt, als tatsächlich die Arbeiterkämpfe 1969 ff. die politische Situation in Italien für mehrere Jahre vollständig umkrempelten.

Die Zeitschrift Quaderni Rossi war ein Kristallisationspunkt von verschiedenen politischen »Scenes«, Interessen und politischen Ansätzen, die sich als innere wie äußere Opposition der institutionalisierten Arbeiterbewegung begriffen. Sie setzten sich kritisch mit den Theorien auseinander, die weltweit diskutiert wurden, nahmen antistalinistische Erfahrungen auf und lasen Marx noch einmal neu. Ihren eindeutigen Schwerpunkt setzten sie auf die Untersuchung des Klassenantagonismus in der Produktion. Als ideenreicher »Begründer« des Projekts gilt Raniero Panzieri, ein Intellektueller aus Rom, der in den 50er Jahren als Funktionär des PSI Landarbeiterkämpfe in Sizilien mitorganisiert hatte. Nebenbei übersetzte er den zweiten Band des Kapitals neu ins Italienische. Hauptziel seiner Arbeit war zunächst, die Sozialistische Partei wieder auf einen »revolutionären« Kurs zu bringen, d.h. ihre Sozialdemokratisierung mit dem Ziel der Regierungsbeteiligung zu bekämpfen und sich statt auf das Parlament wieder stärker auf die (Land- und Fabrik-) Arbeiterbasis zu stützen. Als Instrument diente ihm dabei die Parteizeitschrift Mondo operaio [Arbeiterwelt], deren Chefredakteur er war. Eine breite Diskussion löste er mit seinen zusammen mit Libertini geschriebenen »Thesen zur Arbeiterkontrolle« aus, die eine harte Kritik an staatssozialistischen Konzepten waren. Als er mit diesem Kurs innerhalb der Partei scheiterte, ging er nach Turin, »um die Arbeiterklasse in der Fabrik wiederzufinden«. 1961 verließ er nach jahrelangen Auseinandersetzungen das ZK des PSI.

Die Zeiten waren vorbei, in denen sich alles innerhalb der Organisationen abspielte. Zur Frage: »Soll man in den historischen Parteien der Arbeiterbewegung aktiv sein oder in autonomen politischen Interventionsgruppen«, vertrat Panzieri Anfang 1960 in einer Diskussion mit dem Sozialistenführer Lelio Basso den Standpunkt, daß man in einer Situation, in der nicht nur eine Strömung der Partei, sondern die Partei [der PSI] als solche in der Krise sei, »keinen neuen Wein in alte Schläuche füllen«, sondern »auf der Ebene der Basis selbst« nach einer politische Linie suchen müsse; sich nicht darauf beschränken, ein Erbe zu bewahren, das sich nunmehr erschöpft, sondern ausgehen »von einer Überprüfung, die die Bewegung glücklicherweise heute erlaubt«. [9] Nach einer Diskussion im Büro des PSI in Mestre, an der sehr viele Arbeiter teilnahmen, schrieb er an Montaldi: »Es wäre wirklich schade, wenn man zuläßt, daß so lebendige Kräfte in den gegenwärtigen Engpässen und Mystifikationen des PSI (dasselbe gilt für den PCI) aufgerieben würden. Ich bin immer mehr davon überzeugt, daß man von den Parteistrukturen und -hierarchien völlig unabhängige Bezugspunkte schaffen muß, auf die diese Klassenkräfte voller Vertrauen schauen können, die sich bewußt werden über die Lügen der offiziellen Politik der Parteien, aber die nicht auf eine Verbindung verzichten wollen, in die sie nicht das Vertrauen in die 'Instanzen', sondern ihr Bewußtsein und ihre Klassensolidarität übersetzen, und damit eine konkrete Kraft gegen den Unternehmer, einen revolutionären Willen. Wir müssen uns also das praktische Problem stellen, wie wir eine Verbindung herstellen können zwischen einigen Gruppen mit einer revolutionären Orientierung innerhalb und außerhalb der Parteien, und zwar in organisatorisch offenen Formen, wobei man jeglichen Anschein einer kleinen Sekte vermeiden muß, denn das ist der gröbste Irrtum, dem all die kleinen Gruppen der Arbeiterlinken verfallen sind.« [10]

Panzieri sah in der Zeitschrift Quaderni Rossi ein politisches Instrument, um in Richtung einer einheitlichen, d.h. nicht nach Parteien getrennten, und revolutionären Bewegung der Arbeiterklasse zu wirken. Hoffnungen auf einen Wiederaufschwung der Arbeiterbewegung schöpfte die Gruppe aus der Streikwelle 1959 in der Metall- und Textilindustrie und vor allem aus den Aktionen im Jahre 1960 gegen den Parteitag des msi [Faschistische Partei] in Genua, der Hauptstadt des kommunistischen Widerstands. An den militanten Demonstrationen beteiligten sich zum ersten Mal seit Jahren sehr viele junge ArbeiterInnen. Das Auftauchen dieser »neuen Kräfte«, einer Generation, die nicht mehr von der Resistenza geprägt war, übertrugen die Quaderni rossi auf eine mögliche Umkehrung der Situation bei FIAT als »Mittelpunkt« der kapitalistischen Entwicklung in Italien. [11]

»Wir haben uns am Metallarbeiterstreik in der Weihnachtsnacht 1959 beteiligt, eine kleine Gruppe von Genossen in Mailand hat angefangen, die Situation bei Marelli, Pirelli usw. zu untersuchen. Insgesamt haben wir zwischen 1958 und 1961 wie bei einem Puzzle mit der Analyse, der Beschäftigung mit den Fabriken angefangen, um den Kontakt mit denen wiederherzustellen, die dort drin arbeiteten ... Von extremer Bedeutung wurde dann der Juli 1960 für uns, die Revolte der Arbeiter in Genua gegen die Faschisten. In dieser Bewegung, die in ganz Italien gegen die Regierung Tambroni losbrach, wurde eine Potentialität auf Massenebene deutlich, die wie ein Peitschenhieb und eine Anstachelung für die Genossen wirkte, die Untersuchung und die Organisierung voranzutreiben. 1960 ist meiner Ansicht nach außerordentlich wichtig: für einige Genossen, für mich selbst, war es das erste Mal, daß wir uns mit präzisen Funktionen innerhalb einer Massenbewegung befanden, und wir spürten zum ersten Mal ihre außergewöhnliche Kraft und ihre Fähigkeit, die Machtverhältnisse durch die Militanz der Arbeiter- und Proletarierverhaltensweisen umzukrempeln.« [12]

Das Mittel der Annäherung an die »wirkliche Arbeiterklasse« war die Untersuchung. Es gab damals in Italien mehrere kleine Gruppen, die solche »Untersuchungen« durchführten und über die politischen Konsequenzen diskutierten. In der Regel war »Untersuchung« damals ein Herangehen »von außen«, allerdings gemeinsam mit ArbeiterInnen, die an Gruppensitzungen teilnahmen und mit denen sie gemeinsam Flugblätter und Arbeiterzeitungen verfaßten. Von den wenigsten dieser Untersuchungen ist schriftliches Material überliefert. Einige der bekannteren über die Bedingungen bei FIAT oder Olivetti waren mehr oder weniger Einzelleistungen. Einzelleistungen, die es jedoch erlaubten, bestimmte Hypothesen aufzustellen, die Grundlage waren für die politische Arbeit.

Aus Gesprächen mit jungen Gewerkschaftsaktivisten bei FIAT entstand ein neues Bild über die Arbeiterklasse, deren Bedürfnisse Alquati zusammenfaßte in einer neuen »Figur«: den jungen Technikerarbeitern, die auf den Werkschulen eine Art Facharbeiterausbildung genossen hatten, die mit der Arbeit bei FIAT unzufrieden waren, die selbstbewußt glaubten, die Produktion leiten zu können - und in Wirklichkeit »stupide Arbeiten« verrichten mußten. In diesem Auseinanderklaffen zwischen geweckten Ansprüchen, »dem Bewußtsein, die Produktion leiten zu können«, Qualifikation und tatsächlicher Arbeitsrealität – in der Zerstörung der Mythen des Neokapitalismus - sah Alquati einen sprengenden Widerspruch.

Die Praxis der Untersuchung

»Biographischer Ansatz«, »Intensivinterviews«, ... alles inzwischen von Feministinnen und linken Soziologen seit Jahren praktizierte Untersuchungsmethoden. Der Unterschied ist, daß die »Arbeiteruntersuchung« von einer kollektiven Dimension ausging: der Selbstkonstitution der Klasse, dem Aufspüren des Kommunismus in den Bewegungen der Arbeiterklasse selbst. »Porto Marghera [Standort petrochemischer Industrie auf dem Festland gegenüber von Venedig] war das Laboratorium, in dem wir mit wissenschaftlichen Methoden die Dinge überprüften. Man konnte keinen politischen Diskurs führen ohne das, was wir 'Arbeiteruntersuchung' nannten. Wir mußten uns zwangsläufig erst noch einmal klarmachen, was der Arbeiterstandpunkt im Konkreten war, weil sie ja die gesellschaftlichen Figuren sind, die strategisch relevant sind, im Prozeß hin zum 'Neuen'.« [13]

Um die grundsätzliche Frage, ob das Instrumentarium der Soziologie kritisch angewendet werden könne, gab es heftige politische Auseinandersetzungen in den Gruppen. Dies ging von der Tendenz, den Marxismus auf eine bloße Soziologie zu reduzieren, über die kritische Anwendung soziologischer Instrumente bis zum Versuch der völligen Aufhebung des Unterschieds zwischen Untersuchern und den Objekten der Untersuchung, den ArbeiterInnen, mit dem Ziel »Arbeiterselbstuntersuchung«. Die beiden letztgenannten Positionen nannten ihre Praxis Conricerca, wörtlich: »Mituntersuchung«. Liliana Lanzardo erklärte im November '94 in Turin, daß die Unterschiede von heute aus viel klarer zu sehen seien zwischen denen, die eine akademische Untersuchung machen wollten, und wem es um ein politisches Projekt ging; damals habe es nicht einmal eine Terminologie gegeben. Einige ihrer damaligen MitstreiterInnen seien heute angesehene Industriesoziologen im schlechtesten Sinn. [14]

Alquati entmystifizierte schon 1975 die Heldengesänge auf die damalige Praxis etwas. »Arbeiterselbstuntersuchung« hatte als Parole provozieren sollen, denn die institutionalisierte Arbeiterbewegung sei damals ebenso »arbeiterfeindlich« gewesen wie ihre linke, operaistische Komponente, schrieb er. »Wenn wir im Frühjahr 1960 'Klassenuntersuchung' sagten, so war das für uns gleichbedeutend mit 'Revolution' oder 'revolutionärem Prozeß'«. In Wirklichkeit sei keine »Arbeiteruntersuchung« bzw. Arbeiterselbstuntersuchung gemacht worden, sondern eine soziologische Untersuchung über die Arbeiterklasse. Die einzelnen Arbeiter waren dabei Quelle von Informationen und Erkenntnissen, die die Gruppe dann außerhalb der Fabrik weiter bearbeitete, um die zweite Phase vorzubereiten. Diesen Übergang zur zweiten Phase, der eine Beziehung zum kollektiven Arbeiter voraussetzt und das Hauptgewicht auf die subjektive Bewegung legt, hätten sie nie geschafft. Denn »der kollektive Arbeiter« könne nicht gleichgesetzt werden mit mehreren Arbeitern, sondern meine schon die politische Organisation der Arbeiter. Diese habe es noch nicht gegeben, sondern nur ihre Vorform, die Autonomie. Ein Teil der Gruppe habe deshalb »provisorisch« erst mal soziologische Untersuchungen gemacht, der andere Teil sah die entstehende politische Organisierung der Arbeiterklasse als Mittel, um die soziologische Untersuchung zu realisieren. [15]

Die ersten Untersuchungen haben die SoziologiestudentInnen der Gruppe gemacht. Der Rest der Gruppe hatte eher Angst vor den Schwierigkeiten, hielt sich für nicht gerüstet genug. Untersuchungsarbeit hieß, Material über die Umstrukturierung der Industrie durchzuarbeiten, eine Analyse der Tätigkeiten am Arbeitsplatz zu machen, die Maschinerie zu untersuchen, das Fabriksystem mit seinen Widersprüchen und möglichen Explosionen. Es wurden nur wenige, aber sehr vertiefte Interviews gemacht – »alles war neu und interessant«, beschrieb Liliana Lanzardo ihren damaligen Enthusiasmus. All das sei eben keine Conricerca gewesen, denn das Verfahren war nur den Interviewern bekannt, es gab keine Parität zwischen Untersuchern und Untersuchten. Dies war eher möglich in den kleinen Betrieben, wo auch gemeinsam mit den ArbeiterInnen Arbeiterzeitungen erstellt wurden. Die Kontaktaufnahme lief meist über die Metallarbeitergewerkschaften FIM und FIOM, die in Turin dem Projekt anfangs sehr offen gegenüberstanden. [16]

Auch industriesoziologische Analysen stoßen überall auf Konflikte. Aber in der Regel begutachten bürgerliche Soziologen diese Konflikte dann als Probleme, die es zu lösen gilt, um das reibungslose Funktionieren der Fabrik zu gewährleisten. Und »kritische« Soziologen decken Konflikte auf, um zu beweisen, daß die Fabrik eben nicht perfekt funktioniert. Im Gegensatz dazu nahmen die GenossInnen, geschult an Marx, die Widersprüchlichkeit des Arbeitsprozesses als Ausgangspunkt der Untersuchung. So konnten sie verstehen, wie Konflikte auch funktional für die Verwertung sein können und welches die Funktionen der Hierarchie sind, die verhindern sollen, daß aus diesen Konflikten ein gemeinsamer Kampf wird.

»Der sozialistische Gebrauch der Soziologie erfordert ein Umdenken, erfordert, diese Instrumente zu studieren im Licht der Grundhypothesen, die man aufstellt und die sich dann in einer einzigen zusammenfassen lassen: die Konflikte können sich in Antagonismen verwandeln und deshalb nicht mehr funktional für das System sein. Wobei in Betracht zu ziehen ist, daß die Konflikte funktional für das System sind, weil es ein System ist, das sich über Konflikte weiterentwickelt.« Am besten läßt sich allerdings das Verhältnis zwischen Konflikt und Antagonismus untersuchen in einer Kampfsituation - was Panzieri »heiße Untersuchung« nennt, »denn es gibt Werte, die der Arbeiter in normalen Zeiten besitzt und nicht mehr besitzt in Zeiten des Klassenkonflikts und umgekehrt.« Untersucht werden soll das Verhältnis zwischen Arbeitersolidarität und Ablehnung des kapitalistischen Systems: »... inwieweit sind sich die Arbeiter bewußt, gegenüber der ungleichen kapitalistischen Gesellschaft eine Gesellschaft der Gleichen zu fordern, und inwieweit sind sie sich bewußt, daß dies zu einem allgemeinen gesellschaftlichen Wert werden kann.« [17] In diesem Text wird aber auch deutlich, daß Panzieri an einigen wesentlichen Punkten nicht über den Schatten seines Parteikaderdaseins springen konnte. Er spricht von der Möglichkeit, das Bewußtsein der Arbeiter festzustellen und »anzuheben«.

Der Antagonismus in der Produktion

Im Vorwort zur italienischen Ausgabe des Tagebuchs des Renaultarbeiters Daniel Mothé arbeitet Panzieri den Antagonismus im Produktionsverhältnis heraus. »...das Buch [...] geht weit über die üblichen Zeugnisse über die Bedingungen der Arbeiter hinaus, Zeugnisse, die meist nur Mitleid mit der Situation der Fabrikarbeiter ausdrücken (und nicht mehr). Im Tagebuch von Mothé treten durch die aufmerksamen Überlegungen über den Alltag in einer Abteilung die Probleme der Arbeiterklasse in einer modernen Großfabrik nach und nach in ihrer Komplexität und besonderen Wirklichkeit hervor. Das Buch behandelt zu Beginn die rationelle Arbeitsorganisation. Es besteht ein Widerspruch zwischen dem Versuch einer rationellen Arbeitsorganisation einerseits, die den Arbeiter immer mehr isoliert, und andererseits den Bedingungen selbst, in denen die Arbeit entwickelt werden muß, die dazu führen, daß die Vorschriften ständig durchbrochen werden, damit die Produktion laufen kann und Sinn hat. Der Arbeiter muß gegen dieses 'Rationalisierungs'unternehmen kämpfen, das zu seiner Umsetzung jede menschlich qualifizierte Erfahrung ausschließen muß: noch vor dem legitimen Bedürfnis, sich mit dem Kollegen neben ihm zu verbünden - in dem der Wert einer unerschütterlichen Solidarität erscheint - und der Erfahrung der Arbeit selbst, die den Arbeiter dahin bringt, seine eigenen Probleme als kollektive zu empfinden.« [18]

Der Olivetti-Text von Alquati ist ein gutes Beispiel dafür, wie die italienischen Operaisten diese Vorarbeiten von Mothé und anderen fruchtbar machten. An einem seiner Diskussionsstränge mit den Arbeitern wollen wir zeigen, wie er die Einsicht von Mothé auf die Untersuchung anwendet, daß »die Vorschriften ständig durchbrochen werden [müssen], damit die Produktion laufen kann«. [19]

Die Arbeiter, die erstmal die ganzen offiziellen Mythen über die Organisation der Arbeit bei Olivetti, einem damals sehr »modernen« Betrieb, hergebetet haben, kommen letzten Endes zu folgendem Urteil: »Hier ist alles bis ins kleinste organisiert und festgelegt, und trotzdem gibt es noch zu viele wichtige Dinge, die bei der Arbeit nicht funktionieren. Wenn man sieht, wie minutiös man sich hier um die Organisation kümmert, die dann doch nicht so funktionieren kann, dann könnte man fast auf den Gedanken kommen, daß bei Olivetti die organisierte Desorganisation studiert wird.« [20]

Alquati zieht dann zunächst die negative Seite dieser »Arbeiterkritik« heraus und formuliert als Hypothese, daß der einzelne Arbeiter unfähig sei, in den alltäglichen kleinen Widersprüchen den grundlegenden kollektiven Widerspruch zu sehen - und zwar gerade deshalb, weil »in diesen Mikrowidersprüchen« die »ganzen grundlegenden Widersprüche des Systems zusammentreffen, sich entfalten und erhalten.« [21] Der grundlegende Widerspruch ist, daß im Kapitalismus Arbeitsprozeß und Verwertungsprozeß in einem Prozeß zusammenfallen, in dessen Zentrum die Arbeiter stehen. Der Kapitalist interessiert sich für den Profit, der auf dem in der Ware enthaltenen Mehrwert beruht, also dem Verwertungsprozeß. Verkäuflich sind aber nur Waren, die auch einen Gebrauchswert haben, die durch den Arbeitsprozeß zu nützlichen Dingen geworden sind. Im Produktionsprozeß als der widersprüchlichen Einheit von Arbeits- und Verwertungsprozeß wird der Arbeiter auf der einen Seite darauf getrimmt, auf Einhaltung der Qualität zu achten (damit die Ware verkäuflich bleibt), auf der anderen Seite soll er so schnell und so viel wie möglich produzieren, um den Mehrwert zu steigern. »Der in seiner Gebrauchswertsphäre eingeschlossene Arbeiter« kann diesen Widerspruch nicht entwickeln, weil seine Kritik individuell bleibt und daran ansetzt, daß man das Produkt rationeller, mit weniger Handgriffen, besserer Qualität usw. herstellen könne. Durch die kapitalistische Organisation der Arbeit ist sogar sichergestellt, daß der einzelne Arbeiter durch seine »Kritik« die Ausbeutung perfektioniert. Er muß sich ständig Poren schaffen, um seine Arbeit überhaupt erträglich zu gestalten; Poren, die ihm der Stopper Stück für Stück wieder wegnimmt und die ihm schließlich als »Erfindung« entgegentreten. In der Fabrik »treibt der Arbeiter, um zu überleben, den Mechanismus voran, der ihn zerdrückt, wobei er die Freiheit besitzt, dies im Verein mit anderen zu tun.« [22] Das schließt ein, daß die Arbeiter in ihrer Kooperation untereinander ständig die offiziellen Regeln übertreten und die Arbeit untereinander ständig neu aufteilen. [Diese von Alquati als »Funktionenhäufung« analysierten Prozesse bieten zum Beispiel einen guten Ansatz, um die modernen Konzepte von Gruppenarbeit zu analysieren!]

In seinen Diskussionen mit den Olivetti-Arbeitern entwickelte Alquati auch Argumente, um tiefer vorzudringen und den kollektiven Kern des Ganzen freizulegen. Der Unternehmer muß die ArbeiterInnen nicht nur deshalb in ihrem »Gebrauchswertmythos« bestätigen, um die Ware überhaupt verkaufen zu können. Es ist gleichzeitig sein wichtigstes Mittel, um die Produktion von Mehrwert politisch durchzusetzen. [Auch hier springen die Parallelen zur heutigen Propaganda für die »totale Qualität« ins Auge!] Ohne diesen »Gebrauchswertmythos« würde der Unternehmer nämlich die »Kollaboration« der Arbeiter verlieren. »In der Enttäuschung seiner größten Erwartung in bezug auf die Technik und in dem allgemeinen Problem der quantitativen Entwicklung des Konsums vermag der Arbeiter nicht einmal mehr nachzuprüfen, ob der Gebrauchswert in einem entscheidenden dialektischen Verhältnis zu anderen Zielsetzungen steht, die er nicht kennt, weil sie ihm verborgen bleiben, und die seine Auffassung von der Arbeit immer wieder enttäuschen.« [23] Alquati fährt fort: »Wenn man dann die 'Montagearbeiter' selbst und auch die 'Kontrolleure' fragt, warum die Dinge so organisiert sind und wozu sie wirklich dienen, dann antworten die meisten, daß sie das nie verstanden haben. Eins jedoch ist allen klar: daß nämlich die Kontrolleure tatsächlich keineswegs die Funktion von Priestern der Qualität haben, [...] daß die Funktion der Qualitätskontrolle zum großen Teil noch immer bei den Montagearbeitern liegt.« [24]

Daraus entwickelte dann Alquati Fragen, die er den Arbeitern stellte und mit denen einige anfingen, ihre eigene »kleine Untersuchung« zu machen: Wer macht also in Wirklichkeit die Qualitätskontrolle? Wozu dienen die »Defekte«, die ein Kontrolleur reklamiert? Wissen es die Techniker? Haben sie das vielleicht geplant? Und was machen die Meister? »Dieser ganze Komplex führt schließlich zu einer gründlichen Diskussion über die Ausbeutung, die Rationalisierung und die Bürokratie – und über den Klassenkampf. Doch auch die Arbeiter selbst verfallen hier oft in den entscheidenden Fehler, die eine Tätigkeit der anderen gegenüberzustellen, und gerade dadurch setzen sie den politischen Mechanismus in Gang, den die Geschäftsleitung mit diesen Mystifikationen ins Leben gerufen hat.« [25] In einem weiteren Untersuchungsabschnitt kritisiert Alquati diese Entgegensetzung. Wenn die Arbeiter zum Beispiel sagen, »die Kontrolleure sind unnötig, wir machen die Qualitätskontrolle in Wirklichkeit selbst«, stellt er die Frage: »Und wozu dienen die Kontrolleure dann wirklich?« Er arbeitet heraus, daß sie nicht für die Qualität, also die Gebrauchswertseite zuständig sind, sondern für die Erfüllung des Plans, die Verwertung sorgen sollen. Wie der Plan erfüllt wird, wie sie es schaffen, in der vorgegebenen Zeit Gebrauchswerte zu produzieren, wissen aber nur die Arbeiter.

Schon aus diesen wenigen Stellen wird deutlich, wie sich in den Untersuchungen Alquatis und der Quaderni Rossi die Perspektive entscheidend umdreht. Die ArbeiterInnen sind nicht mehr die Unbewußten, denen die Sozialisten erklären müssen, daß der Kapitalismus etwas sehr Widersprüchliches ist. Sondern es geht darum, gemeinsam mit den ArbeiterInnen herauszukriegen, wo in den alltäglichen Konflikten die Potentiale für einen gemeinsamen Kampf liegen.

Auch wenn die Hypothesen dieser Untersuchungen im Detail oft falsch waren, so bestätigte sich in den Streikbewegungen 1961/62 doch die grundlegende These, daß die ArbeiterInnen nicht integriert und Mittelstand geworden waren, sondern daß sie nach wie vor zum Subjekt im Klassenkampf werden können. Fehler wurden oft da gemacht, wo man ein neues, zentrales Subjekt herauszufinden versuchte, oder wo das alte intellektuelle (und leninistische) Laster durchschlug, man könne die Klassenkämpfe im voraus verstehen (»antizipieren«) – wie überhaupt der Streit um die zentrale Figur eines des schlechtesten Erbstücke des Operaismus ist, der oft die wirkliche Untersuchung verhindert. Unerwartet nahm in diesen Kämpfen eine Arbeiterfigur eine wichtige Stellung ein, die in den Fabrikuntersuchungen bislang nicht besonders beachtet worden war: die aus dem ländlichen Süden eingewanderten jungen, ungelernten Arbeiter, von denen man später nur noch als »dem Massenarbeiter« sprach. Aber aufgrund der breiten Vorarbeiten und der Zusammenarbeit mit neu entstehenden Arbeitergruppen konnten die GenossInnen ihre theoretischen Arbeiten sehr schnell auf den Stand der Klassenkämpfe bringen.

Mit der neuen Welle von Streiks entwickelte sich bei den ArbeiterInnen ein großes Interesse an Informationen und Diskussionen. Damit verschob sich der Schwerpunkt der politischen Arbeit. Conricerca hieß nun vor allem, dabei mitzuhelfen, daß sich die Informationen über die Kämpfe ausbreiten. Die Gruppen von Militanten, die »von außen« Kontakt am Werktor aufnahmen, sahen nun ihre Aufgabe darin, für die »horizontale Zirkulation der Kämpfe« zu sorgen. Also die Informationen über einen kleinen Streik in der einen Fabrik mit einem Flugblatt oder einer kleinen Zeitung den ArbeiterInnen in anderen Fabriken derselben Region mitzuteilen oder den Streik in einer Abteilung den ArbeiterInnen der ganzen Fabrik bekanntzumachen. Es gab auch immer wieder Versuche, die ArbeiterInnen selbst in die Redaktion dieser Zeitungen miteinzubeziehen. Ein ehemaliger Militanter von Potere Operaio biellese [Arbeitermacht Region Biella] beschreibt die Rolle dieser »Externen« so: »Wir waren die Briefträger der ArbeiterInnen.« Und Bianchini von Potere Operaio veneto-emiliano [Arbeitermacht Venetien-Emilia]: »Wir wollten helfen, diese Kämpfe zu verbreiten, die die alten Strukturen zerbrachen. ... Wir gingen an die Fabriktore, aber nicht um Predigten zu halten, wir wollten nicht die Partei sein, die den Ton angibt. Wir fragten die Arbeiter, was sie wollen.« [26]

Begünstigt durch die politische Situation war diese Herangehensweise in jenen Jahren sehr fruchtbar. Sie brachte Militante aus unterschiedlichen politischen Organisationen zusammen; die Gruppen waren folglich politisch nicht homogen, doch der gemeinsame Bezug auf eine Arbeiterklasse in Bewegung machte die Zusammenarbeit möglich.

Eingreifen und Organisieren

Die Gründung der Quaderni Rossi war nur ein teilweiser Bruch mit den Institutionen der »Arbeiterbewegung« gewesen. Das Referat über die »neuen Kräfte bei FIAT« hatte Alquati beispielsweise auf einem Kongreß des PSI gehalten. Die Auseinandersetzung um die »Klassengewerkschaft« und unterschiedliche Auffassungen über die Aufgaben der Partei prägten die innere Diskussion von Anfang an und führten bald zu Fraktionierungen.

Zu Anfang gab es in Turin noch eine offizielle Zusammenarbeit mit den Ortsverbänden der Metallarbeitergewerkschaften, die politisch vor dem Nichts standen und auf neue Ideen hofften. In der ersten Nummer der Quaderni Rossi hatten einige Gewerkschafter ihre Artikel mit vollem Namen unterzeichnet, wie z.B. Vittorio Foa, der schon kurze Zeit darauf nichts mehr von den »Extremisten« wissen wollte. Die Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft geriet in eine Krise, als ein Teil der Redaktionsgruppe den »wilden« Streik von Instandhaltungsarbeitern bei Fiat im Sommer 1961 unterstützte. Der Bruch wurde von Gewerkschaftsseite »endgültig« nach den Ereignissen auf der Piazza Statuto in Turin im Juni 1962.

Im Mai 1962 hatte Panzieri die Aufgaben der Gruppe in einem Brief an das Redaktionsmitglied Asor Rosa folgendermaßen formuliert: »Ich glaube deshalb, daß wir den Tarifstreik der Metallarbeiter ins Zentrum unserer Arbeit stellen müssen [...] Ich bin mehr denn je von den Möglichkeiten überzeugt, die sich für eine revolutionäre Linie eröffnen. Aber wir müssen uns jeden Restes von 'Minderheits'komplex entledigen und die Fermente, die Suche nach einer neuen Strategie, in die Krise der Organisationen hineintragen. Um so mehr als wir keine Sekte sein wollen, die im Besitz der Wahrheit ist, sondern Militante, die einen Beitrag zur notwendigen neuen Organisierung der Arbeiterklasse leisten, ein Problem, das sich zur Zeit Tausende von Militanten stellen, auch innerhalb der Organisationen. Mit diesem Kriterium müssen wir, so denke ich, unsere Interventionsinstrumente revidieren, modifizieren und vollständig verändern, wenn es notwendig ist. [...] Wir sehen, wie eine neue Arbeiterbewegung ans Licht drängt, aber die Erarbeitung einer Strategie für sie ist kein spontaner Prozeß. Daß wir sie sehen, bestimmt unsere Aufgaben heute, die wirklich neu sind. Die Züge der materiellen Figur des kollektiven Arbeiters sind nicht einfach verborgen im Schoß des Kapitals, er kann nur auf seine Art und kollektiv seiner selbst bewußt werden. Sie sind antizipiert in den Kämpfen, und in ihnen wächst die einheitliche und revolutionäre Potentialität [...]. Es gilt, eine Reihe von Vermittlungen zu finden. Denn indem das Kapital den Arbeiterkampf verfälscht und als 'unmittelbare' Replik auf die kapitalistische Entwicklung darstellt, suggeriert es eine falsche Strategie. Nicht aus der kapitalistischen Planung entstehen die 'neuen' Möglichkeiten der Revolution, sondern aus der Antizipation-Umkehrung der entscheidenden Elemente der kapitalistischen Planung durch die ArbeiterInnen.« [27]

Vom Ausmaß der proletarischen Wut, wie sie sich im Juni '62 in der dreitägigen Straßenschlacht zeigte, war die Gruppe aber doch überrascht. Vor Beginn des Generalstreiks der Metallarbeiter hatten die Quaderni Rossi vergeblich eine gemeinsame Veranstaltung mit dem PSI vorgeschlagen. Dann richteten sie einen eigenen Aufruf an die Arbeiter von FIAT, der mit dem Satz beginnt: »Arbeiter von Fiat, hinter Eurem Rücken und ohne Euch zu fragen, haben die gewerkschaftlichen Organisationen im Dienst der Unternehmerschaft einen Separat-Tarifvertrag abgeschlossen, um den Arbeiterkampf und die Arbeitermacht bei FIAT zu liquidieren...« (siehe den vollständigen Text im Kasten) Daß in dem Text anscheinend unterschiedslos die Gewerkschaften angegriffen werden, also zwischen der gelben Fiat-Gewerkschaft und den »linken« Gewerkschaften kein Unterschied gemacht wird, brachte die Gewerkschafter der Gruppe in große Bedrängnis. Als Panzieri persönlich von der PCI-Presse als extremistischer Provokateur angegriffen wurde, machte er einen Rückzieher und verurteilte die Straßenschlacht als »schädlich für die Aktion der Arbeiterklasse«. Dies entsprach nicht der Gruppenmeinung.

Ein Teil der Gruppe um Negri interpretierte die Ereignisse auf der Piazza Statuto als Bruch der Arbeiterklasse mit den Institutionen der Arbeiterbewegung (Gewerkschaft und Parteien), als Ausdruck der Autonomie der Arbeiterklasse, die nun ohne Repräsentanten dastünde. Der Leitartikel der Nr. 1 ihrer Fabrikzeitschrift Gatto selvaggio [Wildkatze] hieß: »In der Sabotage geht der Kampf weiter und organisiert sich die Einheit«. Panzieri ging mit dieser Position hart ins Gericht. Er kritisierte an der Zeitschrift Wildkatze die positive Einschätzung von Piazza Statuto und die »rohe Ideologie der Sabotage«, und sprach von »Philosophie der Arbeiterklasse« in den Schriften von Tronti. Panzieris Position schwankte in den Jahren vor seinem Tod 1964 hin und her. Trotz aller Polemiken wollte er es nicht zu einer frontalen Auseinandersetzung mit den historischen Organisationen der Arbeiterklasse kommen lassen. Stattdessen sah er die neue Aufgabe der Quaderni Rossi in einer auf längere Sicht angelegten revolutionären Kaderbildung und wandte sich entschieden gegen alle voreiligen Parteigründungsprojekte.

Eine politische Partei der Klasse?

Innerhalb der Quaderni Rossi hatte es drei Strömungen gegeben, die im Enthusiasmus der ersten beiden Hefte zusammenarbeiten konnten. Schon die dritte Ausgabe erschien mit zwei verschiedenen Editorials. Als durch die Entwicklung der Kämpfe eine Entscheidung über das »Wie« des politischen Eingreifens gefällt werden mußte, trennten sie sich. Dabei tat sich die Gruppe der »Politiker« (spätere Theoretiker der »Autonomie des Politischen«, Eroberung der Staatsmacht durch den PCI) mit den »Wilden« (Vertreter der Fabrikzeitschrift Gatto selvaggio) und dem Flügel um Negri zusammen, um das Projekt Classe operaia [Arbeiterklasse] zu machen, eine Zeitschrift, die sich nicht mehr nur an Intellektuelle, Partei- und Gewerkschaftskader, sondern an die Arbeitermilitanten selbst richtete. [28] Der Leitartikel der Nr. 1 »Lenin in England« von Mario Tronti [29] setzte das Thema der politischen Organisation der Arbeiterklasse auf die Tagesordnung. Im Unterschied zur Orthodoxie ist dies bei Tronti die Ebene der Taktik: »Das Kapital ist in diesem Moment besser organisiert als die Arbeiterklasse: Die Entscheidungen, die diese dem Kapital aufzwingt, riskieren, das Kapital zu stärken. [...] Die Arbeiterklasse hat den Händen ihrer traditionellen Organisationen alle taktischen Probleme überlassen, um sich eine autonome strategische Vision vorzubehalten, frei von Hindernissen und ohne Kompromisse. [...] Die Geschichte der vergangenen Erfahrungen dient uns, um uns davon zu befreien. Wir müssen alles einem neuen Typus von wissenschaftlicher Voraussage anvertrauen. Wir wissen, daß sich der gesamte Entwicklungsprozeß im neuen Niveau der Arbeiterkämpfe verkörpert. Der Ausgangspunkt liegt also in der Entdeckung von bestimmten Kampfformen der Arbeiter, die einen bestimmten Typ der kapitalistischen Entwicklung beweisen, der in Richtung Revolution geht. [...] Aber diese auf der Basis der Fabrik entfaltete praktische Arbeit erfordert [...] eine dauernde Beurteilung und Vermittlung durch eine politische Ebene, die sie verallgemeinert. [...] In der aktuellen Phase des Klassenkampfes [ist es] erforderlich, von der Entdeckung einer politischen Organisation auszugehen, nicht von einer vorgeschobenen Avantgarde, sondern von der kompakten sozialen Masse, zu der die Arbeiterklasse in der Periode ihrer geschichtlichen Reife geworden ist. Gerade wegen dieser Charakteristiken ist sie die einzige revolutionäre Kraft, die drohend und schrecklich die herrschende Ordnung kontrolliert. [...] Mit dem permanenten Kampf in der Fabrik, in immer neuen Formen, die nur die intellektuelle Phantasie der produktiven Arbeit entdecken kann, ersetzen die Arbeiter die bürokratische Leere einer allgemein politischen Organisation. Der revolutionäre Prozeß kann nicht beginnen, ohne daß eine politisch unmittelbar proletarische Organisation allgemein wird. Die Arbeiter wissen dies, und deshalb findet ihr sie heute nicht bereit, in den Kirchen der Partei die demokratische Litanei der Revolution zu singen. Die Realität der Arbeiterklasse ist endgültig an den Namen Marx gebunden. Die Notwendigkeit ihrer politischen Organisation ist genauso endgültig an den Namen Lenin gebunden.« [30]

Nach einem Jahr war zumindest für die römische Fraktion klar, daß diese Partei nur die »Klassenpartei« PCI sein konnte, erneuert durch die »Vergewerkschaftlichung« und die »Fabrikkommunisten«. Damit floß Trontis revolutionäre Umkehrung der Ebenen Strategie und Taktik in ein sehr traditionelles Organisationskonzept ein.

Nachdem diese Fraktion nach der Nr. 3 die Redaktion der Quaderni Rossi verlassen hatte, machte Panzieri zusammen mit den »Soziologen« und anderen Turinern weiter - mit großen Illusionen, das alte Untersuchungsprojekt fortsetzen zu können, und immer in Furcht, als Sekte marginalisiert zu werden. Die politische Auseinandersetzung lief dabei vor allem mit der Gewerkschaft und dem PSIup, dem Flügel des PSI, der sich 1964 aufgrund der Regierungsbeteiligung von der Partei abspaltete und dem einige Redaktionsmitglieder beitraten.

Beide Gruppen, die aus den Quaderni Rossi hervorgegangen waren, lösten sich innerhalb von zwei Jahren auf - bevor 1968/69 die Studenten- und die Arbeiterbewegung mit neuen Kämpfen die Situation in Italien komplett veränderten. Aber als Strömung haben sie die politische Diskussion nachhaltig erneuert. Viele ihrer Ansätze und Gedanken wurden später aufgegriffen oder kamen in den Jahren danach erst zur Geltung. Vieles ist auch verloren gegangen und könnte heute wieder von großem Nutzen sein.

 


Dieses Flugblatt wurde am Vorabend des Generalstreiks für den nationalen Tarifvertrag der Metallarbeiter 1962 von den GenossInnen der Quaderni Rossi vor den Toren von Fiat verteilt.

 

Arbeiter von Fiat,

hinter Eurem Rücken und ohne Euch zu fragen haben die gewerkschaftlichen Organisationen im Dienst der Unternehmerschaft einen Separat-Tarifvertrag abgeschlossen, um den Arbeiterkampf und die Arbeitermacht bei Fiat zu liquidieren. Jetzt seid Ihr dran, zu entscheiden und zu erklären, was Ihr wollt und was Ihr nicht wollt. Wir müssen klären, was das Unternehmermanöver ist und was die Arbeiterantwort sein muß.

Die Positionen der Confindustria und der Staatsbetriebe sind klar: die italienische Unternehmerschaft ist bereit zu minimalen Konzessionen und fordert im Gegenzug, daß es in den nächsten drei, vier Jahren keinen wirklichen Arbeiterkampf gibt.

Der Arbeiterkampf der letzten Tage hat diesen Unternehmerwillen offen gelegt. Er hat deutlich gemacht, daß die Entwicklung des Arbeiterkampfs in den nächsten Jahren auf dem Spiel steht.

In Italien ist eine sehr intensive wirtschaftliche Entwicklung in Gang, die der Unternehmerschaft immense Profite einbringen soll, mit der Folge, daß die Akkumulation gewaltig anwächst. Valletta hat vor ein paar Tagen klar gemacht, daß der Kapitalismus die Stabilisierung dieser Wirtschaftsentwicklung unter seiner Herrschaft innerhalb und außerhalb der Fabrik erzwingen will. Im heutigen Kampf steht die Arbeiterbewegung am Scheideweg: entweder konsolidiert sich die kapitalistische Macht, ihre Willkür und ihr Despotismus - oder die Arbeiterklasse findet wieder zu sich selbst und organisiert sich gegen das Kapital. Damit setzt sie die Bedingungen für die Entscheidungen und die Entwicklung des Kapitalismus bis zu seiner vollständigen Niederlage.

Arbeiter von Fiat,

der entscheidende Punkt dieses Kampfs ist heute Fiat, weil der Metallsektor das Zentrum der kapitalistischen Expansion ist und Fiat das Zentrum dieses Sektors ist.

Genau deshalb stehen die Arbeiter von Fiat vor der Entscheidung, entweder zurückzugehen in eine Situation der Isolierung und Vereinzelung, wo der Unternehmerdespotismus wieder freie Hand hat wie früher - oder noch schlimmer, was bedeutet: Kürzung der Zeiten, willkürliche Qualifikationen, Entlassungen, Versetzungen, zusammengefaßt all die unerträgliche Willkür des Unternehmers Fiat gegenüber den ArbeiterInnen; oder zur bewußten Avantgarde einer starken und geeinten Arbeiterklasse zu werden.

Arbeiter von Fiat,

der Plan der italienischen Unternehmerschaft sieht heute so aus: sie wollen den großen Kampf der italienischen Metallarbeiter spalten, indem sie die Tarifverhandlungen für die Staatsbetriebe von denen der Privatbetriebe abtrennen und bei Fiat einen Haustarifvertrag erzwingen. Wenn sie das durchsetzen können, bevor die Arbeiterklasse von Fiat ihre Entscheidung getroffen hat, wird dieser große Kampf gespalten, der für den Klassenkampf insgesamt wichtig ist. Und der italienische Kapitalismus, den der Arbeiterkampf in größte Schwierigkeiten gebracht hat, kann das Projekt seiner Herrschaftsplanung wieder leichter durchziehen.

Arbeiter von Fiat,

heute habt Ihr es in der Hand, diesen Unternehmerplan scheitern zu lassen. Ihr seid nicht mehr untereinander isoliert und nicht mehr isoliert vom Rest der italienischen Arbeiterklasse. Eure Parole muß sein: kein Schritt zurück auf dem Weg zur Einheit im Kampf aller italienischen Metallarbeiter.

Ihr habt schon die erste und entscheidende Bedingung erfüllt, um das Kapital zu schlagen.

Gegenüber der Macht Eurer Einheit ist das Kapital schwächer als Ihr. In Eurer Hand liegt nicht nur der Schlüssel für den heutigen Kampf, sondern auch der Schlüssel für die Zukunft des Kampfs des italienischen Proletariats.

Arbeiter von Fiat,

niemand außer Euch selbst kann die Unternehmermanöver zurückschlagen, die sich vervielfachen, um euch zu isolieren und ohnmächtig zu machen gegenüber der Macht des Kapitals.

Jedem Unternehmermanöver und jeder Entscheidung, vor der Ihr steht, müßt Ihr Euch kollektiv konfrontieren.

Euer Protest ist in den letzten Wochen schon Organisation geworden. Er war zumindest der Anfang einer Arbeiterorganisation. Ihr habt Euch spontan zusammengefunden, um zu diskutieren, um Entscheidungen zu fällen - Gruppe für Gruppe, Abteilung für Abteilung.

Ihr seid direkt zum Betriebsrat gegangen, um zu diskutieren. Ihr habt Streikposten an den richtigen Punkten aufgestellt, um mit den unsicheren Kollegen zu diskutieren und sie zu überzeugen.

Das sind die ersten Formen einer wirklichen Arbeiterorganisation bei Fiat. Wenn Ihr diese Organisierung weiterführt, wird Euch in Zukunft kein Kampf unvorbereitet treffen. Kein Unternehmermanöver wird Eure Macht besiegen können.

Arbeiter von Fiat,

die Geschäftsleitung hat Angst, daß diese Organisierung sich soweit festigt, daß sie ernsthaft die Unternehmermacht in der Fabrik angreifen kann. Deshalb hat sie mit ihren Sklaven, die ihr zur Hand gehen, den jetzigen Separat-Tarifvertrag abgeschlossen, der keine der wesentlichen Fragen der Arbeiterbedingungen in der Fabrik berührt. Damit ist jetzt alles klar: die Entscheidung liegt bei Euch. Ihr müßt Eurer Schicksal in die Hand nehmen. Dieser Streik ist eine große Gelegenheit, um einen Schritt voran zu kommen in der Organisierung der Klasse.

Ihr werdet aus diesem Kampf herausgehen mit der Verwirklichung einer Organisation in jeder Gruppe, in jeder Abteilung, in jedem Fiat-Werk. Mit einer Arbeiterdisziplin, die in der Lage ist, sich in jedem Augenblick der Ausbeutung, der Willkür und dem Despotismus des Unternehmers und seiner Lakaien entgegenzustellen.


 

Bücher zum Operaismus


Fußnoten:

[1] So bezeichnete sich Bologna im Titel eines Aufsatzes in der Zeitschrift 1999.

[2] Zitat aus: Sergio Bologna, Zur Analyse der Modernisierungsprozesse. Einführung in die Lektüre von Antonio Gramscis »Americanismo e Fordismo«, Referate der Gramsci-Tagung vom 29./30. April 1989, Hamburger Institut für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts, Arbeitspapier Nr. 5, Hamburg 1989. Zur »Arbeitermedizin« siehe den Artikel von S. Bologna in Wildcat 56. Im folgenden zitiere ich des öfteren aus Texten, die bereits auf deutsch vorliegen. Ich tue dies, damit die Zitate auffindbar sind, wenn jemand den ganzen Text nachlesen will. Leider sind die Übersetzungen oft holprig und schwer verständlich. Man könnte fast die These aufstellen, daß der Operaismus in Deutschland wegen dieser Übersetzungen so schlecht angekommen ist...

[3] Guido Bianchini, Interview November 1994, Padua.

[4] Vgl. Dario Lanzardo, La Rivolta di Piazza Statuto. Torino, Luglio 1962, Milano 1979.

[5] Romano Alquati, Camminando per realizzare un sogno comune, Turin 1994 (Velleità Alternative), S. 161.

[6] Romano Alquati, Sulla Fiat, Vorwort, Mailand 1974. Übersetzt in Thekla 6.

[7] Claude Lefort, L'expérience prolétarienne, in: Socialisme ou Barbarie, Nr. 2, 1952. Hier und im folgenden zitiert nach der italienischen Übersetzung in: Collegamenti 2-4, Mai 1978.

[8] Danilo Montaldi, La mistica del »selvaggio« (1959), in: Bisogna sognare. Scritti 1952-1975, Mailand 1994, S. 364.

[9] Raniero Panzieri, Spontaneità e organizzazione. Gli anni dei »Quaderni Rossi« 1959-1964. Ausgewählte Schriften, hrsg. v. Stefano Merli, Pisa 1994, S.XL.

[10] Raniero Panzieri, Lettere, Venedig 1987, S.256 f.

[11] Vgl. Alquati: Die neuen Kräfte bei FIAT, in: Alquati (1974).

[12] Toni Negri, Dall'operaio massa all'operaio sociale, 1979, S.48 f.

[13] Guido Bianchini, Interview mit Gabriele Massaro, März 1991.

[14] Redebeitrag Turin, November 1994.

[15] Romano Alquati, Sulla Fiat, Vorwort. Mailand 1975, S.13.

[16] Ebenda.

[17] Raniero Panzieri, Uso socialista dell'inchiesta operaia, in: Raniero Panzieri, Spontaneità e organizzazione, Pisa 1994.

[18] Raniero Panzieri, Il diario di un operaio di Daniel Mothé, in: Panzieri (1994), S.17.

[19] Dieser Abschnitt ist die Zusammenfassung eines Papiers aus dem Arbeitskreis Militante Untersuchung, das wir bereits in TheKla 8 veröffentlicht hatten. »Organische Zusammensetzung des Kapitals und Arbeitskraft bei Olivetti« (1961) wurde erst 1974 ins Deutsche übersetzt. Der Text fiel uns Anfang der 80er Jahre in die Hände und wurde für die Karlsruher Gruppe zu einem der wichtigsten Schulungstexte.

[20] Alquati, Olivetti, S. 109.

[21] Ebenda.

[22] Ebenda, S. 181.

[23] Ebenda, S. 174f.

[24] Ebenda, S. 175.

[25] Ebenda, S. 175f.

[26] Guido Bianchini, Interview, November 1994.

[27] Raniero Panzieri, Brief an Asor Rosa, 10. Mai 1962, in: Lettere (1987), S. 330f.

[28] In Thekla 6, das leider seit Jahren vergriffen ist, hatten wir einige Artikel aus Classe Operaia von Romano Alquati auf deutsch herausgegeben.

[29] Übersetzt in: Balestrini/Moroni, Die goldene Horde, Berlin/Göttingen 1994.

[30] Balestrini/Moroni (1994), S. 93-100.


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