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14.10.2017

aus: Wildcat 85, Herbst 2009

Die aktuelle Krise wird in den Metropolen als »Krise der Industrie« dargestellt, und (Gesundheits-)Dienstleistungen als »Motor der Zukunft« propagiert. Während die Privatisierung bei Bahn und Energieversorgung bereits zurückgeschraubt wird, kommt sie bei den Krankenhäusern erst voll an. Es gibt eine extreme Aufspaltung zwischen Großkliniken und kleineren, privatisierten Kliniken – und einen gemeinsamen Kern: den enormen Druck auf die Arbeitsbedingungen, zu wenig Personal, interne Auslagerungen und im Durchschnitt keine Lohnerhöhungen. In den privatisierten Kliniken (wie in Dachau) schlagen diese Entwicklungen schneller durch als in den Großkliniken. In der Wildcat 80 haben die zwei KollegInnen zum erstenmal aus den Amperkliniken berichtet. Nun die Fortsetzung.

WHAT´S THE STORY MORNING GLORY

Warnstreik an den Amper Kliniken Dachau

Das Jahr 2008 war vor allem dadurch geprägt, dass wir uns als Gruppe von der FAU gelöst und unsere unabhängigen Strukturen weiter verfeinert haben. Der Stammtisch der Klinik-Beschäftigten hat sich personell und organisatorisch gefestigt. 2009 kamen dann vermehrt Kontakte zum Service-Personal [KollegInnen in der Küche und bei den Reinigungsunternehmen] zustande. Deren Arbeitsbedingungen übertreffen an Druck von oben, Belastung und Unterbezahlung die der Pfl ege bei weitem. Mittels Betriebszeitung und kleinen Flugis wurde auch für alle KollegInnen wahrnehmbar ins Geschehen eingegriffen. Obwohl auch Service KollegInnen immer wieder an den Treffen teilnahmen, konnten unsere gemeinsamen Überlegungen bisher nicht in Aktivität umgesetzt werden.

Im Juli ist auch die ver.di wieder auf die Bildfläche getreten. Grund dafür waren die anstehenden Verhandlungen um einen Haustarifvertrag zwischen ihr und der RHÖN AG für die Kliniken Dachau/Markt Indersdorf, sowie Pasing/Perlach. Ver.di hatte den Tarifvertrag im Januar gekündigt, konnte aber mangels Mitgliedschaft (v.a. in Dachau) nicht verhandeln. Auf einer Betriebsvollversammlung rieten sie uns, jede/r müsse individuell mit der Gegenseite verhandeln, oder eben zur ver.di gehen. Prompt hatten sie 140 Mitglieder und gingen mit einer 12 Prozent Lohnforderung in die Verhandlungen. Kein Wort zu den Arbeitsbedingungen. Nach drei ergebnislosen Verhandlungsrunden wurde zum ersten Mal in der Geschichte des Dachauer Klinikums zum Warnstreik aufgerufen. Und gleich begann die Mauschelei: Ein Mitglied des Betriebsrats informierte den Personalchef. Da der Warnstreik auf einen Montag fi el und die Aufrufe von ver.di am Freitag verteilt wurden, blieb der Gegenseite das ganze Wochenende, um die KollegInnen einzuschüchtern.

Unsere unabhängige Betriebsgruppe fand den reinen

Lohnkampf nicht richtig. Mitglieder der Tarifkommission kamen zu unserem Treffen: man wolle doch das Gleiche, ob wir uns nicht an der Aktion beteiligen und einen Redebeitrag auf der Streikkundgebung halten wollten. Trotz aller bestehender Differenzen und Problemen in der Vergangenheit beschlossen wir, uns zu beteiligen. Wir wollten dort mobilisieren, wo niemand ›organisiert‹ ist (sprich: bei ver.di) – auf den Stationen. Hier verteilten wir ein »Streikrecht für Unorganisierte«, und es kam sofort zu Einschüchterungen. Ärztliche und pflegerische Leitung drohten mit »persönlichen Konsequenzen« bei Streikbeteiligung. Das hatte leider Wirkung, nur zwei Stockwerke wurden bestreikt. Und auch dort wurde gearbeitet als wäre nix: zwar mit weniger Personal, aber das wurde mit Mehrarbeit kompensiert, und nicht etwa eine »Notversorgung« umgesetzt.

Am Warnstreik von 6 bis 16.30 Uhr und an einer Versammlung beteiligten sich 130 KollegInnen. Von den 140 ver.di Mitgliedern beteiligte sich nicht mal die Hälfte, die Mobilisierung unserer Unabhängigen Betriebsgruppe schätzen wir auf ein Drittel der Streikenden. Unser Redebeitrag zur allgemeinen Arbeitssituation, zur Spaltung der KollegInnen durch die Beschäftigung in ausgelagerten GmbHs, wurde besser aufgenommen als der von ver.di. Übrigens stand die gesamte Geschäftsführung ab 5.30 Uhr am Haupteingang, um Hausverbote an Streikende auszusprechen und immer wieder an diesen »vorbei zu patrouillieren«.

Was bleibt?

Inhaltlich war die ver.di-Show vollkommen null. Eine Kundgebung und Getriller. Die Klinikleitung hat KollegInnen der Ambulanz und der Intensivstation, die während des Streiks Dienst geschoben haben, eine Sonderzahlung für »außerordentlichen Leistungen für den Betrieb« in Höhe von 100 Euro angekündigt. Die ver.di lässt augenblicklich jeden Kontakt, wie zu erwarten, missen.

Beim nächsten Mal wissen wir, wie das geht! Beim nächsten Mal machen wir das besser! Wir weden inhaltlich eingreifen und v.a. zwei Dinge anpacken: Gegen die Einschüchterungen vorgehen und einen »Notdienstplan« vorbereiten. Nächstes Mal wird’s unausstehlich!!

Zwei Militante aus dem Betrieb

weitere Infos: ungesund leben

 
 
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